Am 23. Februar diesen Jahres feiert die Hofer Stadtbücherei ihren 100.Geburstag. 100 Jahre, das ist eine lange Zeit. Wie sich die Bücherei in all den Zeiten verändert hat, aber vor allem was sie uns heute alles bietet, erzählen mir Peter Herold und Heike Dürrbeck im Interview für Stadt.Land.Hof.
Aktueller Hinweis: Aufgrund der Pandemie-Situation gelten auch für die Büchereien in der Stadt und Landkreis Hof besondere Regelungen. Die Kontaktdaten, um sich direkt zu informieren, stellen wir am Ende des Blog-Beitrages bereit. Derzeit sind Bibliotheken und Büchereien für Besucher geschlossen. Währenddessen wird zum Beispiel in Hof Click & Collect angeboten, so dass auf das Ausleihen nicht verzichtet werden muss. Das Lesepaten-Projekt findet aktuell online als Video-Konferenz statt.
Die Stadtbücherei Hof sorgt für Kindheitserinnerungen
Meine Grundschulzeit ist schon einige Jahre her. An was ich mich aber noch gut erinnern kann, ist die Freude darauf, mir alle zwei Wochen neue Bücher auszuleihen. Als Schülerin der Moschendorfer Schule hatte ich schon damals die Möglichkeit, mir in der dort ansässigen Zweigstelle der Stadtbücherei Hof, Kinderbücher auszuleihen. Ich bin praktisch mit der “Plattform” Bücherei in die Schule gekommen und aufgewachsen.
Aber wie sieht das heute aus? Welchen Stellenwert hat unsere Bücherei bei den Einwohnern vom Hofer Land? Wird mehr oder weniger gelesen? Vor welchen Herausforderungen steht eine Bücherei in unserer modernen und digitalisierten Welt? Und wie meistert sie diese? Peter Herold, Diplom Bibliothekar und Leiter der Hofer Stadtbücherei, und Heike Dürrbeck, Bibliotheksobersekretärin, haben mir alle meine Fragen ausführlich beantwortet. Mehr noch: Selbst als aktive “Bücher-Leiherin” bin ich überrascht von dem vielfältigen und modernen Angeboten unserer Stadtbücherei.
Eine Institution – vier Standorte
Die Hauptstelle der Stadtbücherei Hof findet man heute am Wittelsbacher Park. Seit dem Jahr 1964 befindet sie sich in diesem Gebäude, welches 2011 komplett saniert wurde. Bis dahin hat die Institution, wie wir sie heute kennen, bereits einiges mitgemacht. Als “Volksbücherei” eröffnete sie ursprünglich 1921 in der Bismarckstraße. Und zog bis heute viermal um. Einige Zweigstellen wurden im Laufe der Zeit geöffnet und wieder geschlossen. Im Jahr 1945 musste sogar die komplette Bücherei für fast ein Jahr schließen. Und heute – 2021 – feiert sie ihr 100-jähriges Bestehen. (Weitere Informationen über die Geschichte der Stadtbücherei Hof findet ihr hier.)
“Unsere Zweigstellen an den Schulen sind bei den Kindern immer noch sehr beliebt. Wir sehen es als unsere Aufgabe, dass das auch so bleibt.” Heike Dürrbeck
Zur Bücherei gehören, neben der Hauptstelle in der Wörthstraße 18, noch drei weitere Zweigstellen. Zu finden sind alle drei an Hofer Schulen: der Moschendorfer Schule, der Hofecker Schule und der Christian-Wolfrum-Schule. Hauptverantwortliche für den reibungslosen Ablauf in den Zweigstellen ist Heike Dürrbeck. Sie arbeitet bereits seit 35 Jahren in der Stadtbücherei und hat auch mir damals als Kind noch das Rückgabedatum ins ausgeliehene Buch gestempelt. In unserem Gespräch verrät sie mir: “Unsere Zweigstellen an den Schulen sind bei den Kindern immer noch sehr beliebt. Wir sehen es als unsere Aufgabe, dass das auch so bleibt. Wir lassen uns sehr viel einfallen, um ,das Buch an die Kinder’ zu bekommen und diese Begeisterung auch aufrecht zu halten.”
Die Bücherei: Ein Begleiter – von Kindesbeinen an
Schon für die Kleinsten von 0-3 Jahren haben sich die Verantwortlichen in der Bücherei etwas einfallen lassen. Mit den “Bücherbabies” wurde im Jahr 2007 eine Krabbelgruppe ins Leben gerufen, die sich an wachsender Beliebtheit erfreut. “Mittlerweile haben wir sogar schon zwei Gruppen mit jeweils 10-12 Mitgliedern. Einmal wöchentlich treffen sich die Eltern mit ihren Kleinkindern zum gemeinsamen Singen, Spielen und natürlich um Bücher Anzuschauen und daraus vorzulesen. Wir wollen damit schon die Kleinsten an das Medium ,Buch’ heranführen und damit vertraut machen”, erzählt mir Peter Herold.
“Einmal wöchentlich treffen sich die Eltern mit ihren Kleinkindern zum gemeinsamen Singen, Spielen und natürlich um Bücher anzuschauen und daraus vorzulesen.” Peter Herold
Mit den “Vorlesepaten” sollen die etwas älteren Kinder von 3-6 Jahren angesprochen werden. Hierbei wird aus verschiedenen Büchern vorgelesen. Oft zu vorher festgelegten Themen. Alle Paten machen dies im Ehrenamt. “Ohne unsere ehrenamtlichen Kräfte könnten wir nicht so viele Veranstaltungen realisieren. Sie sind ein wichtiger und fester Bestandteil unseres Teams und der Bücherei”, erzählt mir Heike Dürrbeck. Darüber hinaus werden für diese Altersgruppe viele Bilderbücher, Audiomedien, Brettspiele und auch Bücher von tiptoi und Ting angeboten. Als neustes Angebot gibt es im Übrigen die beliebten Tonies für die Toniebox zum Ausleihen. Heike Dürrbeck erzählt mir: “Auch wenn wir ein Jahrhunderte altes Medium vertreten, ist es wichtig, mit dem Puls der Zeit zu gehen. Wir freuen uns, dass wir bereits über 170 verschiedene Tonies in unserem Bestand haben.”
“Auch wenn wir ein Jahrhunderte altes Medium vertreten, ist es wichtig, mit dem Puls der Zeit zu gehen.” Heike Dürrbeck
Vielseitige Angebote auch für Schulen und Jugendliche
Auch für Jugendliche hat die Stadtbücherei viel zu bieten. Neben einer monatlichen Handlettering-Gruppe werden auch regelmäßig Vorlesewettbewerbe angeboten. “Für Kinder ab 6 Jahren gibt es beispielsweise das Bücherportal ,Antolin’. Hier wählen Kinder und Jugendliche selbstständig einen Buchtitel aus, zu dem sie im Nachgang Fragen beantworten müssen und für die richtigen Antworten Punkte bekommen”, erzählt mir Peter Herold.
Ebenso gibt es konkrete Angebote für Schulen. Neben dem Zusammenstellen der “Antolin-Kisten” für Schulklassen, stellt die Bücherei auch gewünschte Klassenlektüren zur Verfügung. Ebenfalls im Service-Portfolio: Büchereiführungen und Vorträge über beispielsweise die Entstehung eines Buches oder sogar Büchervorstellungen. Wenn eine Schulklasse möchte, gibt es die Möglichkeit, eine Lesenacht mit Übernachtung in der Bücherei zu veranstalten.
“Beim Book-Tasting geht es darum, dass man sich auch mal ein Buch genauer anschaut, dass man vielleicht im ersten Augenblick nicht in die Hände genommen hätte.” Heike Dürrbeck
Heike Dürrbeck erzählt mir mit viel Freude: “Den Welt-Kindertag als größere Veranstaltung im Wittelsbacher Park begleiten wir in der Bücherei regelmäßig mit einem Vorlesetheater unserer Vorlesepaten. Hier gibt es auch immer einen schönen Bücherflohmarkt des Fördervereins. Oder ganz neu ist unser Book-Tasting.” Dabei werden den Jugendlichen mehrere Bücher wie eine Vor-, Haupt-, und Nachspeise “serviert” in denen sie dann 15-20 Minuten schmökern können. “Beim Book-Tasting geht es darum, dass man sich auch mal ein Buch genauer anschaut, das man vielleicht im ersten Augenblick nicht in die Hände genommen hätte. Manchmal lässt man sich vielleicht doch vom Cover leiten. Das soll bei dieser Veranstaltung umgangen werden”, berichtet Heike Dürrbeck. Dieses Event soll es in Zukunft auch für Erwachsene geben.
Zwischen Ausleihen und Zurückbringen gibt’s noch vieles zu entdecken
Das Angebot für Erwachsene ist mindestens ebenso umfang- wie abwechslungsreich. Angefangen natürlich beim Leihen von unterschiedlichsten Medien (Bücher, Zeitschriften, Brettspiele, DVDs, CDs, Hörspiele). In der Bücherei findet man PC-Arbeitsplätze mit Internetzugang, Leseecken, Kopiermöglichkeiten sowie WLAN. In dem Online-Katalog OPAC kann man bequem nach verfügbaren Titeln suchen. Das geht natürlich auch von Zuhause aus. Hat man das gewünschte Buch gefunden, kann man so auf einen Blick sehen, wo das Buch ist, ob es ausgeliehen ist, wann es zurückkommt oder ob es mehrere Exemplare davon gibt.
Für wissenschaftliche Fachliteratur steht den Lesern auch die “Fernleihe” zur Verfügung. Hierbei besteht Zugriff auf die Bestände der bayrischen Universitätsbibliotheken wie auch vieler anderer wissenschaftlicher Bibliotheken, nicht nur in Bayern. “Bei der Fernleihe geht es im Prinzip um das Grundrecht auf gleichwertige Lebensbedingungen in ganz Bayern. Jeder Mensch soll überall in Bayern den gleichen Zugang zu wissenschaftlicher Literatur und Bildung haben. Unabhängig vom Wohnort oder Lebensumständen wird dies unter anderem durch die ,Fernleihe’ garantiert”, erzählt mir Peter Herold. Wie die Fernleihe genau funktioniert, könnt ihr hier nachlesen.
“Ein besonderes Highlight ist unsere Fahrt mit dem Bücherbus zur Leipziger Buchmesse.” Peter Herold
Bei der franken onleihe stehen den Literaturliebhabern zusätzlich zum Angebot vor Ort überwiegend eMedien zur Verfügung. Das geht dann natürlich ortsunabhängig und rund um die Uhr. Zusätzlich zu all diesen Angeboten finden in der Stadtbücherei noch jede Menge Veranstaltungen statt. “Wir haben jedes Jahr einige Lesungen mit Autoren. Es gibt Büchervorstellungen, Lesekreise und Poetry Slams. Wir sind auch Gastgeber für die Innenhof Konzerte. Ein besonderes Highlight ist unsere Fahrt mit dem Bücherbus zur Leipziger Buchmesse“, erzählt mir Peter Herold stolz.
Der Förderverein Stadtbücherei Hof e.V.
Hinter der Stadtbücherei Hof steht ein starker Partner: der Förderverein. Durch ihn wird die Bücherei mit finanziellen Mitteln, Mitarbeit und neuen Ideen unterstützt. “Neben dem Ankauf von neuen Büchern und Medien konnten durch den Verein in der Vergangenheit auch Einrichtungsgegenstände wie beispielsweise Regale gekauft werden”, erzählt Peter Herold.
“Langfristig träumen wir von einem Lesecafé oder einem Lesebistro mit Platz für Veranstaltungen.” Heike Dürrbeck und Peter Herold
Auch er engagiert sich im Förderverein. Neue Ideen und tatkräftige Unterstützung bei Veranstaltungen treffen dort immer auf offene Arme und Ohren. “Langfristig träumen wir von einem Lesecafé oder einem Lesebistro mit Platz für Veranstaltungen”, gestehen mir Heike Dürrbeck und Peter Herold. Wer Lust hat, den Verein zu unterstützen, findet alle weiteren Informationen hier.
Sollte es vorkommen, dass ein Buch nicht zur Verfügung steht, kann man als Leser auch “Buch- und Medienanschaffungswünsche” abgeben. Diese werden gesammelt und es wird über die Neuanschaffungen entschieden. “Es gibt eine Einkaufszentrale für öffentliche Büchereien. Dort sitzen fast 200 Fachleute, deren Aufgabe es ist, Bücher zu begutachten und rezensieren. So wird uns die Auswahl erleichtert. Einige Bücher kaufen wir aber auch bei regionalen Buchhändlern”, erzählt Heike Dürrbeck.
Zahlen, Daten und Fakten zur Stadtbücherei Hof
In der Hauptstelle gibt es ungefähr 100.000 verschiede Medien, davon 80.000 Bücher. Der Bestand der drei Zweigstellen umfasst zusammen 20.000 Medien. Das ist eine ganze Menge an Literatur, Belletristik, Geschichte und Wissenschaft. In der Franken onleihe sind zusätzlich nochmals circa 46.000 verschiedene eMedien zu finden. Es nutzen ungefähr 6.500 Leser die Angebote der Bücherei. Ein Drittel der Leser im Erwachsenenalter stammen aus dem Hofer Landkreis. Neun Mitarbeiter sorgen das ganze Jahr unter anderem dafür, dass die Bücher wieder an den Platz zurückkommen, wo sie stehen sollen. Natürlich neben vielen anderen Aufgaben, die es in so einer Bücherei gibt.
Wenn man bedenkt, wie viel teilweise ein neues gebundenes Buch kostet, kommt man mit einer Jahresmitgliedschaft wirklich gut weg. Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren ist die Mitgliedschaft übrigens kostenlos. Peter Herold erzählt mir: “Wir merken, dass das Bedürfnis nach Büchern nach wie vor sehr groß ist. Durch Digitalisierungen wie E-Reader oder generell das Internet schwankt das natürlich immer etwas. Aussterben wird das Medium ,Buch’ in der Form aber nicht.”
Für Liebhaber und Interessierte der Hofer Filmtage bietet die Stadtbücherei übrigens noch etwas ganz Besonderes: ein Archiv mit annähernd 700 Festivalfilme zum Ausleihen.
Eine Sache interessiert mich zum Schluss dann aber doch noch. Auf die Frage, wie viel sie selbst lesen, antworten Peter Herold und Heike Dürrbeck schmunzelnd: “2-3 Bücher in der Woche werden es wohl sein. Natürlich in der Freizeit.”