Geregelte Arbeitszeiten, ein festes Einkommen, Urlaub: All diese Annehmlichkeiten kamen für Christof und Stefan Eul nicht in Frage. „Wir hatten damals zwei Möglichkeiten. Entweder sich unterordnen in einer Firma und in ein Angestelltenverhältnis gehen, das wäre sicherlich gegangen, wir hatten ja beide einen guten Abschluss. Oder eben selber was machen. Wir wollten direkt lenken, Entscheidungen treffen, gestalten. Das ist etwas anderes, als Anweisungen von oben auszuführen“, sagt Christof Eul heute, 21 Jahre nach Gründung der eigenen Firma.
Wir schreiben das Jahr 1995, Schauenstein im Landkreis Hof. Christof, 53 Jahre alt, und Stefan Eul (58) arbeiten beide im Betrieb der Eltern, einer Stickerei, wie es sie seinerzeit noch häufiger gibt im Frankenwald. Christof hat einen Diplomabschluss in Wirtschaftsingenieurwesen, Stefan ist Textil- und Wirtschaftsingenieur. Das Familienunternehmen, die Gebrüder Falke GmbH, beschäftigt damals etwa 60 feste und rund 40 Heimarbeiter. „Das war keine kleine Klitsche“, sagt Stefan. „Wir haben hauptsächlich für die Modeindustrie gearbeitet.“
Die Rahmenbedingungen in der Branche, letztendlich in der gesamten Textilindustrie, werden wegen des steigenden Kostendrucks durch Billiganbieter Ende der 90er Jahre existenzbedrohlich. „Wir haben dann selbst noch Tochtergesellschaften und Kooperationen, etwa in Tschechien, gegründet. Aber das war alles nix mehr.“ Drei Jahre später, 1998, als der Vater in Rente geht, entschließen sich beide, den Laden dicht zu machen. „Da war kein Geld mehr zu verdienen.“ Sie wickeln die Firma ab, verkaufen das Gebäude, das Inventar und die Maschinen.
„Wir machen jetzt was Neues. Die Stickerei is´ nix mehr.“
Stefan Eul im Jahr 1998
Mit jeweils guten Studienabschlüssen wäre es kein Problem gewesen, einen neuen Job zu finden. Aber Christof und Stefan Eul waren Unternehmersprösslinge, sind in der Firma der Eltern aufgewachsen, waren hungrig. „Für uns war klar, dass wir selbständig bleiben wollen.“ Nach einer innovativen Geschäftsidee suchten sie nicht. „Erfinder oder Neuerer kommen selten zu Geld“, sagt Christof. Stattdessen setzen sie auf ein bewährtes Konzept.
Von der Stickerei zur Werbemittelfirma
„Wir hatten damals in der Stickerei einen Kunden aus Köln, der in der Werbemittelbranche aktiv war. Für den haben wir T-Shirts, Caps, Poloshirts und so weiter gestickt. Den haben wir einfach mal angerufen und gesagt, dass wir jetzt was Neues machen“, erinnert sich Christof. „Sein Geschäftsmodell gefiel uns und wir wollten mit ihm kooperieren. Denn sein Vertriebsgebiet beschränkte sich vor allem auf Norddeutschland. Der Süden, speziell Bayern, war für ihn ein weißer Fleck auf der Karte. Das war unsere Chance.“
Es kommt zur Kooperation. Am 3. Mai 1999 gründen Christof und Stefan Eul ihre eigene Firma. Sie mieten Teile der der ehemaligen Stickerei vom neuen Besitzer zurück und starten mit zwei Schreibtischen, einem PC, Faxgerät und einer Schreibmaschine. Zunächst zu zweit und unter der Marke absatzplus. Der Partner aus Köln bringt die beiden ins Geschäft, zeigt ihnen wie es geht und bekommt dafür einen Anteil ihres Umsatzes. Die Regionen werden aufgeteilt in Nord und Süd. „Er den Norden, wir den Süden“, erinnern sie sich.
Online ist der Turbo
Das Geschäftsmodell war simpel. Christof und Stefan Eul beziehen Werbemittel von verschiedenen Herstellern, lassen diese mit Logos oder anderer grafischer Elemente ihrer Kunden veredeln und kümmern sich um einen reibungslosen Ablauf des Auftrages bis hin zum After-Sales. Sie sind die Schnittstelle zwischen Hersteller und des werbenden Unternehmens oder Agenturen, die im Auftrag der Unternehmen handeln. Ein reines Streckengeschäft.
„Werbemittelgeschäft läuft seit jeher mit Katalogunterstützung“, sagt Stefan. „Die haben wir an Kaltadressen rausgeschickt, später natürlich auch an Bestandskunden.“ Daraus ergaben sich Anfragen und die ersten Aufträge. „Wir haben gleich zu Beginn auch auf Onlinekanäle gesetzt und den ersten Shop für Werbeartikel mit Kalkulation realisiert.“ Ein Novum damals und der Turbo für die Geschäftsentwicklung. „Das ist bis heute ein Meilenstein. Der Umsatz ging damals durch die Decke. Wir waren die ersten und das war unser Alleinstellungsmerkmal.“ Für einige Zeit stand der Shop von Christof und Stefan Eul bei Google auf Platz eins bei den Suchergebnissen für das Stichwort „Werbeartikel“. „Diese Strategie wurde von der Konkurrenz aber schnell kopiert. Heute ist das Standard.“
Dennoch, die ersten Jahre seien knüppelhart gewesen, sagt Stefan. „Wir mussten anfangs ja alles selbst machen und neu lernen. Wenn wir auf der Messe waren, dann mussten wir in Schauenstein zusperren. Wir konnten keine Anrufe und keine Pakete entgegennehmen. Es war ja kein Personal da. Ich erinnere mich auch noch gut an den Regenschirm-Auftrag. Ein Kunde wollte Regenschirme bedruckt haben, kompliziertes Logo, Farbverläufe und so. Das war das erste Mal und wir hatten keine Ahnung, wie das kalkuliert wird. Wir haben uns dann Hilfe geholt und sind nach und nach hineingewachsen in die Sache. Es war gut, dass wir Brüder sind, sonst hätten wir das vielleicht gar nicht durchgezogen.“
Nicht alle Familienunternehmen liefen so konfliktfrei, sagen sie. Aber bei ihnen klappe es, sie ergänzten sich gut. Christof sei der, der nach draußen gehe, der den Kontakt zum Kunden suche, Stefan der Bodenständige, der die Abläufe in der Firma im Blick habe.
Aus absatzplus wird prodono
Das Geschäft wächst, und mit ihm das Team. Erst stellen die Gründer eine Buchhalterin ein, dann einen Verkäufer. 17 Kollegen werden es bis 2017 sein. Die Entwicklung ist solide und erfolgreich. 2017 folgt dann aber ein Umbruch. Die Wege von Stefan und Christof Eul und ihrem Partner aus Köln trennen sich. Der Kooperationsvertrag lief aus und sollte beiderseits nicht verlängert werden. „Es gab persönliche Differenzen hinsichtlich der Weiterentwicklung unseres Geschäfts“, sagt Stefan. Der Partner behält Namen und Logo und die Euls starten neu: neuer Name, neues Design, neuer Shop. Seit Anfang 2018 firmieren sie unter der Marke prodono (auf Deutsch: als Geschenk).
Der Umstieg gelingt. „Wir können jetzt den gesamten Markt bedienen und sind nicht mehr eingeschränkt“, sagt Stefan. „Das ist der Vorteil. Wir bedienen mittlerweile rund 3.000 Kunden pro Jahr, hauptsächlich mittlere Unternehmen, Behörden und Vereine, haben einen Jahresumsatz von etwa 2,5 Millionen Euro und beschäftigen 15 Mitarbeiter. Unsere Kunden können aus über 80.000 verschiedenen Artikeln wählen.“
„Im Geschäftsleben kommt es darauf an, immer am Ball zu bleiben, strategisch zu denken und eigene Visionen zu entwickeln. Man darf nicht nur das Produkt sehen, sondern muss auch die Zahlen und vor allem seine Kunden im Blick behalten. Bodenständigkeit ist wichtig, langsam wachsen ist besser als Luftschlösser zu bauen. Es geht nicht immer nur in eine Richtung. Man muss auch Durststrecken aushalten können.“
Christof und Stefan Eul, prodono
Heute laufe sehr viel über Onlinekanäle und die sozialen Medien. „Wir haben mittlerweile einen festen IT-Experten im Haus, um technisch auf dem neuesten Stand zu sein.“ Es gibt ständig neue Produkttrends, das Geschäft sei sehr schnelllebig. „Wireless Charging wird in diesem Jahr ein Trend sein“, sagt Stefan. Es gebe aber auch Beständigkeit. Der Regenschirm und der Kugelschreiber als Werbemittel seien immer noch Bestseller. Haptik, das Anfassen sei und bleibe wichtig, auch in Zeiten digitaler Werbung. Der Kunde sei aber heute viel sensibler, was Verpackungsmüll, Langlebigkeit und die Sinnhaftigkeit von Werbemitteln angehe. „Nachhaltigkeit ist ein großes Thema. Der Kunde möchte etwas Besonders, etwas Individuelles. Das ist unsere tägliche Herausforderung“, sagt Christof. „Wir haben deshalb ein sehr enges und persönliches Verhältnis zu unseren Kunden. So können wir deren Wünsche auch zwischen den Zeilen lesen.“
Selbständig sein – aller Anfang ist hart, Strategie und Durchhaltevermögen sind wichtig
Christof und Stefan Eul haben Ihre Entscheidung nicht bereut, den harten Weg in die Selbständigkeit gegangen zu sein. Sie sind erfolgreich, haben ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht und geben ihre Erfahrungen heute an Gründer weiter. „Man arbeitet als Existenzgründer anfangs meist mit sehr beschränkten Mitteln und gerät dadurch leicht in eine Tretmühle. Davon sollte man sich möglichst schnell lösen“, sagt Christof. „Im Geschäftsleben kommt es nicht nur darauf an, hart zu arbeiten, sondern strategisch zu denken und eigene Visionen zu entwickeln.“ Mit Gesellschaftern in einer GmbH wäre er heute zurückhaltender. „Wer eine Idee hat, soll es alleine machen und sich Leute suchen, die helfen. Man muss für seine Sache brennen, keine Frage. Aber man darf nicht nur das Produkt sehen, sondern muss sich auch die Zahlen anschauen und bodenständig bleiben. Langsam wachsen ist besser als Luftschlösser zu bauen. Es geht nicht immer nur in eine Richtung. Man muss auch Durststrecken aushalten können.“
Ein Kommentar
Ich bin immer wieder ganz begeistert und natürlich auch berührt wie liebevoll die Firmengeschichten recherchiert und geschrieben werden! Vielen Dank dafür…wir haben so kreative und zupackende Menschen hier…man muss es einfach in die Welt „schreien“ ?