Samstags, kurz vor 17.00 Uhr, Helmbrechts. „Plopppp!“ Das Popcorn springt aus dem Topf in der Maschine. Die 12-jährige Sophie öffnet die Glastür und füllt es in eine Papiertüte. „Einen Euro bitte“, sagt sie zu ihrem Gegenüber, dem 6 Jahre alten Alex, der erwartungsvoll vor ihr steht. Schließlich macht Sophie das Licht aus, die Musik beginnt und 30 Kinder und Eltern im fast voll besetzten Kinosaal genießen den Film.
Wenige Stunden später, kurz vor 20.00 Uhr, am gleichen Ort. „Deee! De, de, de!“ Ein letztes Mal streicht sie über die Saiten ihrer Gitarre um die Stimmung ihres Instruments zu kontrollieren. In fünf Minuten geht das Konzert los, der Kinoraum ist rappelvoll, das Publikum sitzt bis einen Meter vor ihr auf Stühlen, der Treppe und am Boden. „Eine besondere Atmosphäre“, denkt die Künstlerin, atmet nochmal durch und lässt die ersten Töne erklingen.
So ähnlich darf man sich das vorstellen, wenn man im „Filmwerk“ in Helmbrechts zu Gast ist. Das Kino ist nicht nur das einzige seiner Art im Landkreis Hof, über dem Eingang steht auch zurecht „das etwas andere Kino“. So bietet es mehr als Filmvorführungen und hat sich in den zehn Jahren seines Bestehens zu einem soziokulturellen Kleinod und Freiraum entwickelt, der Künstler aus ganz Europa zu Gast hat und zum Mitmachen einlädt. Und es hat auch eine ganz besondere Geschichte.
Im September 2008 war es soweit: Die erste Kinovorstellung im neu geschaffenen „Filmwerk“ ging über die Bühne. Im Publikum saßen damals neben Sponsoren und Interessierten vor allem die Erfinder, Erbauer und Erschaffer des Kinos: 20 Kinder und Jugendliche im Alter von 8 bis 14 Jahren. Sie waren es, die das Kino in den Wochen zuvor im Rahmen eines Beteiligungsprojektes geplant hatten. Und sie waren es, die unter Anleitung der Mitarbeiter des Bauhofes und des Jugendtreffs PUR schraubten, strichen, hämmerten, putzten.
Und auch heute noch sind es Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die das Kino bewirtschaften, das Programm planen, die Filme vorführen und Konzerte veranstalten. Dabei arbeiten sie alle ehrenamtlich und engagieren sich in ihrer Freizeit für dieses kulturelle Freizeitangebot für alle Altersgruppen. Die Trägerschaft hat der Verein „Die Gunga e.V.“ als Träger des Jugendtreffs PUR inne, dessen Mitarbeiter die Ehrenamtlichen begleiten und unterstützen. Das Kino ist dabei nicht kommerziell orientiert, der Eintritt läuft auf Spendenbasis, man gibt was man kann und will. Die Einnahmen daraus und aus dem Verkauf von Snacks und Getränken fließen direkt wieder in die Jugendarbeit des Jugendtreffs und das Kino selbst.
Die Stadt Helmbrechts hat den Wert dieser Einrichtung von Beginn an erkannt. So stellt Bürgermeister Stefan Pöhlmann die Räumlichkeiten gerne seit zehn Jahren mietfrei zur Verfügung. „Dieses Projekt trägt zum kulturellen Leben in unserer Stadt bei, gleichzeitig fördert es aber auch die Jugend- und Erwachsenenbildung“, begründet er dieses Engagement.
Erst kürzlich feierte das „Filmwerk“ sein 10-jähriges Bestehen standesgemäß mit einem Open-Air-Kino, einem kleinen Konzert und einem Nachtflohmarkt. Claudia, eine der Freiwilligen der ersten Stunde:
„Im letzten Jahr waren wir so erfolgreich wie selten zuvor. Der Besuch bei den Vorstellungen und Konzerten war sehr gut. Wir machen auf jeden Fall weiter“.
Und so gibt es auch in den nächsten Jahren von Oktober bis Mai jeden Samstag um 17.00 Uhr Kinderkino und um 20.00 Uhr Vorstellungen für Jugendliche und Erwachsene. Darüber hinaus darf man sich schon heute auf tolle Konzertabende im Rahmen der Reihe „Akustischer Herbst 2018“ freuen.
Helmbrechts hat ein Herz für Ideen und engagierte Menschen. Beste Voraussetzungen für eine lebendige Stadt Helmbrechts. Das „Filmwerk“ ist ein exponiertes Beispiel dafür, was bürgerschaftliches Engagement mit Unterstützung aus Verwaltung und Wirtschaft leisten kann. Leerstehende Flächen werden neu belebt, das kulturelle Leben der Region nachhaltig bereichert. Und am Ende lernen Kinder, Jugendliche und Erwachsene auch noch etwas dabei.