Es klingt paradox: für die Einwohner des Hofer Landes fühlt es sich an, als würde es ständig regnen, dabei ist die Region die trockenste von ganz Bayern. Und beides stimmt: der Starkregen nimmt immer mehr zu, gleichzeitig sind die Böden weniger aufnahmefähig. Genau dieser Herausforderung stellen sich über 50 Akteure aus Wirtschaft, Bildung und Forschung und machen das Hofer Land zum Wasserkompetenzzentrum.
Herausragende Expertise: Das Wasserkompetenzzentrum im Hofer Land
Ein entscheidender Faktor in der Entwicklung zum Wasserkompetenzzentrum ist die Hochschule Hof. Hier liegt der Fokus auf dem Thema Wasser. Gleich vier Professoren widmen sich dem Thema – an anderen Instituten gibt es meistens einen bis zwei Experten
Im iwe haben wir mit Prof. Dr. Andreas Schmid einen fünften ausgewiesenen Wasserexperten, der sich neben der Gewinnung von Wasserstoff aus Abwasser auch mit speziellen Behandlungsverfahren zur Abwasserreinigung befasst.
Mit dem inwa (Institut für nachhaltige Wassersysteme) hat das Hofer Land seit März 2023 ein eigenes Institut mit 15 Wissenschaftler:innen zum Thema Wasserkompetenz. Neben der Forschung an nachhaltigen Wassersystemen legt das Institut viel Wert auf die „Übersetzung“ von Forschungsergebnissen, damit diese von der Industrie, den Planern und Architekten auch praktisch umgesetzt werden können.
Neben dem inwa gibt es noch ein zweites Institut, das sich dem Thema Wasser verschrieben hat – das iwe (Institut für Wasserstoff- und Energietechnik). Unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. Tobias Plessing forschen 16 Wissenschaflter:innen am Technologie- und Wissenstransfer der Energie- und Wasserstoffwende. Sie widmen sich vor allem der Energieeffizienz sowie der regenerativen Energieerzeugung und Verfahren zur Wasserstofferzeugung.
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Wasserkompetenzzentrum Hofer Land: Prof. Günter Müller-Czygan leitet das inwa
Prof. Günter Müller-Czygan leitet das inwa. Inspiriert durch seinen Vater, der beruflich in der Abwasser- und Kanaltechnik tätig war, studierte er Bauingenieurwesen mit Schwerpunkt Siedlungswasserwirtschaft.
„Die andere Seite war mir zu trocken“ – Prof. Günter Müller-Czygan
Müller-Czygan hat sich der Forschung rund um das Thema Wasserkompetenz verschrieben. Er sucht fortwährend nach Methoden, den Umgang mit Wasser effizienter und auch digitaler zu gestalten. Doch schnell musste er feststellen, dass neue wissenschaftliche Ansätze bei Kommunen und in der freien Wirtschaft erst einmal auf viele Vorbehalte stoßen. So entschied er sich, im Jahr 2016 im Alter von 50 Jahren nochmal zu studieren und machte seinen Master in Wirtschaftspsychologie. Er wollte Methoden erlernen, um den Menschen die Ängste zu nehmen, wenn zu viele neue Dinge ihren gewohnten Workflow stören und sie überfordern.
Unser Wasserkompetenzzentrum zum Anfassen: Das Schwammdach der Grundschule Schauenstein
Um diese Hürden zu überwinden, entwickelte er unter anderem die „Sowieso-Methode“: die Idee dahinter ist, Bestehendes mit Neuem zu verknüpfen. Ein Beispiel ist die Sanierung der Grundschule Schauenstein. Da die Sanierung sowieso notwendig war, konnte man diese um ein Schwammdach ergänzen.
Ein Kompetenzzentrum für die Schwammstadt
Was genau ist eigentlich ein Schwammdach bzw. eine Schwammstadt? – Eine Schwammstadt zeichnet sich durch die Fähigkeit aus, Wasser wie ein Schwamm aufzunehmen, zu speichern und zurückzuhalten. Das Ziel ist es, überschüssiges Regenwasser zu absorbieren und so die Folgen von Starkregen zu minimieren.
Dieser Ansatz hat sogar so viel Gewicht, dass die inwa ein eigenes Kompetenzzentrum dafür eingerichtet hat. Dieses soll auf 3 Säulen stehen:
- Beratung und Weiterbildung:
Kommunen und Planer werden unterstützt, neue Forschungsergebnisse in die Praxis umzusetzen. Ein intensiver Wissenstransfer ist hierbei essenziell.
- Anstoß neuer Forschungen:
Die Vernetzung mit anderen Kollegen und Forschungsgruppen schafft die Basis für innovative Ansätze im Umgang mit Wasser.
- Lehre und Studiengänge:
Die enge Verknüpfung von Unternehmen mit Forschern sowie Bachelor- und Master-Absolventen sichert die praxisnahe Ausbildung von Fachkräften.
Außerdem sollen in Deutschland alle verfügbaren Daten gesammelt werden und in einer zentralisierten Datenbank zur Verfügung stehen. Weiterhin werden alle Experten, die in den jeweiligen Fachgebieten gearbeitet haben, gelistet. So soll das Kompetenzzentrum Experten und Kommunen vernetzen, diese bei Förderprogrammen beraten und unterstützen sowie regelmäßige Fortbildungen anbieten.
Mario Browa – Wasserkompetenz aus dem Frankenwald
Das Schwammdach der Grundschule Schauenstein wurde nur durch die enge Zusammenarbeit von Prof. Günter Müller-Czygan und Mario Browa von der Firma Browatech aus Geroldsgrün möglich. Über die Firma Browatech haben wir auch schon einmal berichtet.
Browas Reise begann, als er nach Lösungen suchte, um Wasser in Blumentöpfen von Zierpflanzen effizient zu sammeln. Aus dieser Idee entwickelte er die Tech-Drainage, eine textile Technologie zur Wasseraufnahme. Um seine Innovation bekannt zu machen, reiste er zu Messen, knüpfte Kontakte und baute Beziehungen auf.
Seine Expertise in der textilen Verarbeitung verdankt er seiner 25-jährigen Tätigkeit bei der LIBA Maschinenfabrik in Naila. Der Durchbruch gelang ihm, als sich US-Amerikaner mit ähnlichen Problemen der Wasserspeicherung an ihn wandten. Browa schickte ihnen 12 Quadratmeter seiner Drainage kostenlos zu und wurde daraufhin nach Washington D.C. eingeladen. Ein Forschungslabor für Grünbedachungen bestätige in über 3000 wissenschaftlichen Tests die Effektivität seiner Drainage.
Seit 2016 ist Mario Browa ein aktiver Teil des Kompetenznetzwerks Wasser Energie. Er hält Vorträge, kümmert sich um die Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und engagiert sich in der Forschung zur Optimierung von Wasserkreisläufen, Grünfassaden und Gründächern.
„Man kann nicht auf dem Planeten leben, ohne etwas zurückzugeben“ – Mario Browa
Seine tiefe Leidenschaft für Nachhaltigkeit spiegelt sich in seinem Engagement wider – wie man mit weniger Müll effizienter produzieren und die Gemeinschaft schützen kann. „Man kann nicht auf dem Planeten leben, ohne etwas zurückzugeben“, das ist der Antrieb hinter seinem Schaffen.
Wasserkompetenzzentrum Hofer Land: Das Kompetenznetzwerk Wasser Energie
Diese gesamte Wasserkompetenz kumuliert sich im Kompetenznetzwerk Wasser Energie. Unter der Leitung des Wirtschaftsförderers Walter Friedl vereint es Unternehmen, Dienstleister und Institutionen, hilft bei der Realisierung von Projekten, gibt Informationen und Beratungen zu Förderprogrammen und bietet Veranstaltungen rund um das Thema Wasserkompetenz an.
„Viel besser als in Hof kann es für mich nicht mehr werden“ – Prof. Günter Müller-Czygan
Ein Professor, der die Forschung mit der Praxis verbindet. Ein Tüftler, dessen Expertise nicht nur in der Region, sondern in der ganzen Welt gefragt ist. Was hält die beiden im Hofer Land?
Prof. Müller-Czygan ist erst seit 3 Jahren hier, ursprünglich kommt er aus dem Sauerland. An der Hochschule Hof hat er seinen Traumberuf gefunden. Hier kann er forschen und lehren. Die Arbeit mit den Studierenden, die sich in ihren Bachelor- und Masterstudium auf das Wasser spezialisieren können, ist eine große Bereicherung für ihn. „Viel besser als in Hof kann es für mich nicht mehr werden“.
Browa dagegen kommt aus Langenbach, einem Gemeindeteil von Geroldsgrün; 620 Einwohner leben hier. Er liebt die Kultur, die Landschaft und vor allem das Gefühl von Zuhause. Es zieht ihn immer wieder in die große weite Welt, aber nichts ist schöner als wieder heim zu kommen. Er ist ein Mensch, der der Gemeinschaft etwas zurückgeben will, z.B. über kostenlose Ferienprogramme für Kinder und Jugendliche. Als Pionier müsse er oftmals „durch Widerstände gehen, ohne Angst zu machen“. Dies schafft er am besten, wenn er sich hinsetzt, sich selbst entschleunigt und den Moment genießt. Das kann er nirgends besser als hier.
Wasser hautnah erleben
Wer sich jetzt gerne mehr mit dem Thema Wasser im Hofer Land auseinandersetzen möchte, ist herzlich auf den Wasserlehrpfad eingeladen. Auch er macht die Region zum Wasserkompetenzzentrum. Auf 20 Stationen von Zell über Münchberg und Hof bis nach Blankenstein an der thüringischen Grenze kann man sich auf vielfältige Art dem Wasser widmen.
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