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Gut gebaut: Architektur im Landkreis Hof

Manchmal liegt das Gute dermaßen nah, dass wir es nicht sehen. Deshalb Augen auf: Im Hofer Land gibt es wunderbare Architektur. Unsere Tour durch den Landkreis zeigt Bauwerk gewordene Qualität – weit jenseits von Jägerzaun und Waschbeton.

Ein Parkdeck ist ein Parkdeck ist ein Parkdeck. Du fährst drauf, parkst, fährst wieder raus. Ein Parkdeck kann aber auch mehr sein. Wenn es nicht nur seine Funktion erfüllt und Platz zum Parken bietet, sondern so gut gebaut ist, dass es interessant aussieht. Wenn Dir auf einmal der gesamte Platz, auf dem es steht, modern vorkommt und Du in seinem Innern durch einen Licht- und Schattenwechsel läufst, der Spaß macht. Dann wird ein Parkdeck zum architektonischen Statement. Schwarzenbach am Wald hat dieses Parkdeck, hat dieses Statement. Es ist eines von vielen Beispielen, die zeigen: Im Landkreis Hof gibt es mehr gute aktuelle Architektur als man denkt, und oft dort, wo Du sie nicht vermutest.

Peter Kuchenreuther kann sich für kluge Architektur begeistern. Er arbeitet mit an dem Architekturführer„Aktuelle Architektur in Oberfranken“. Der Architekt und Stadtplaner hat sein Büro in Marktredwitz – nah genug, um den Landkreis Hof gut zu kennen, weit genug entfernt, um ihn unvoreingenommen sehen zu können. Was er sieht, sind „Schätze! Wenn wir den Blick wirklich aufweiten. Die Städte im Landkreis Hof haben einen sehr guten Charakter, große Stadthistorien, aber auch auf den Dörfern finden wir von der Siedlungsstruktur her wunderbare Dinge. Das sind wirklich Orte, an denen es etwas zu entdecken gibt.“ Bad Steben, Naila, Selbitz, Münchberg, Rehau, Oberkotzau: Hier finden wir Bauwerke, die die Anforderungen an Form und Funktion extrem gut gelöst haben.

Die Spielbank in Bad Steben zum Beispiel. Das auffälligste Gebäude des Staatsbades steht mit seinem sinuswelligen Dach nicht nur für die Hügellandschaft des Frankenwaldes, sondern gleichzeitig für das Auf und Ab des Glücksspiels. Im Innern bringen Edelhölzer, Marmor, Leder und Glas die weltläufige Noblesse, die eine Spielbank braucht. Den schönsten Anblick bietet die Spielbank nachts, wenn die grünschimmernde Fassade, Brücke und Casinoplatz beleuchtet sind. Und Du kommst eh nachts, um das Glück bei Black Jack oder Roulette herauszufordern.

Gute Architektur gibt es im Landkreis Hof aber auch ohne Stararchitekt und Millionenbudget. Die Dorfscheune in Trogen zum Beispiel. Früher verputzt und unscheinbar, zeigt sie heute, komplett saniert und ohne Putz, die Schönheit ihrer Bruchsteinmauern aus Granit. Neben den Natursteinen dominiert Holz die gut proportionierte Fassade und vor allem den Innenraum. Aus dem landwirtschaftlichen Nutzgebäude ist ein Event-Ort geworden. Hier werden Polterabende, Grillfeste, Parties gefeiert. Tanzen auf bebendem Holzboden: Auch so kannst Du Architektur erleben.

Die neue Nutzung alter Gebäude ist ein großes Thema für Peter Kuchenreuther. Innenentwicklung vor Außenentwicklung, heißt sein Credo. „Es ist gut, etwas zu tun gegen den Donut-Effekt – das Wachstum an den Ortsrändern und das Leerfallen im Innern.“ Gleichzeitig kommen bei der Modernisierung alter Gemäuer oft erstaunliche bauliche Qualitäten zutage. Im Raum Hof wurde historisch gesehen zwar selten hochherrschaftlich, fast nie prächtig, aber sehr oft grundsolide gebaut. Und die Handwerkskunst ist noch verfügbar – die Dachdecker- und Holzbaubetriebe wissen, wie man mit den beiden wichtigsten regionalen Baustoffen umgeht: Mit Schiefer und mit Holz.

Schiefer prägt zum Beispiel Carlsgrün. Hier läuft gerade die Dorferneuerung, die Kuchenreuther begleitet und berät. „Wenn ich so ein Frankenwald-Dorf sehe, das ist etwas Unverkennbares.“ Manchen mögen dunkle Dächer und Schieferfassaden trist vorkommen; Kuchenreuther aber plädiert: „We have to learn to like it!“ Was eine Gegend unverwechselbar macht, das Originale – „damit müssen wir uns beschäftigen und es lieb gewinnen.“ Was wir brauchen, sei eine Rückbesinnung auf die typischen Bauformen und Materialien der Region. Und das Selbstbewusstsein, dass sie nicht nur hierher gehören, sondern schön sind.

Deshalb liegt in der Stadtmitte Münchbergs Granitpflaster. Deshalb hat die Therme Bad Steben eine Schiefer-Dampfgrotte. Deshalb ist das Schloss in Schauenstein saniert, der Maxplatz in Rehau, die Bogenbrücke in Naila, das Haus Marteau in Lichtenberg. Deshalb machen sich Dörfer von Laubers- bis Unterhartmannsreuth Gedanken, wie ihre Zukunft aussehen kann. Es geht immer um Identität.

Identität stiften können nicht nur alte, sondern auch Neubauten. Die Kunst bestehe darin, die Bautradition der Region anzuerkennen, ohne so bauen zu wollen wie vor hundert Jahren, sagt Peter Kuchenreuther. „Es geht darum, sich die typischen hiesigen Bauformen anzuschauen und die Frage nach Form und Material dann zeitgemäß zu beantworten. Ich würde einen Verwaltungsbau im Hofer Land nicht mit Marmor aus der Toskana belegen.“ Dem privaten Bauherrn rät Kuchenreuther, sich einen guten Architekten zu suchen. Vor dem Bauen genau nachzudenken. Ein Haus zu bauen, das hierher gehört. Das nicht genauso in Berlin, Hamburg oder München stehen könnte.

Das Prinzip haben auch Unternehmen verinnerlicht, die im Hofer Land Herausragendes bauen. Der Polymerspezialist REHAU AG zum Beispiel, der in der früheren Porzellanfabrik Zeh-Scherzer in Rehau hochmoderne Büro-Architektur realisiert hat. Der Geschäftsbereich Automotive sitzt in dem alten Fabrikgebäude in Räumen, die an eine urbane Sushi-Bar erinnern. Beton, Glas und natürlich Kunststoff dominieren. Im Verwaltungssitz des Straßen- und Tiefbauunternehmens Rädlinger in Selbitz dagegen ist es Holz, Holz und nochmals Holz, das die Fassade des Hauses wie auch das Interieur bestimmt. Weißtanne und Lärche wurden in ausgeklügelter Fügung auf höchstem Niveau verbaut. Raumhohe Glaselemente geben den Blick auf einen Innenhof frei. Büro und Ästhetik – in beiden Fällen ist die Verbindung gelungen.

Gute Beispiele sind wichtig, sagt Peter Kuchenreuther. „Nur mit best practice, mit guten Vorbildern, kann ich mich schulen und habe ein Ziel vor Augen. Das ist eine Art Pädagogik. Wir brauchen Leute, die dieselben Ziele haben und sich gemeinsam zur Region bekennen.“

Oft sind es gerade Rückkehrer, denen dieses Bekenntnis wichtig ist. Wer im Landkreis Hof ein Haus kauft oder erbt, ist nicht selten Vorreiter. „Wir kennen viele, die wiedergekommen sind und jetzt bewusst bauliche Qualitäten schaffen. Die genau wahrnehmen, dass sie und ihre Kinder sich in einem ländlichen Umfeld mit größeren Freiheiten, ohne Zwänge bewegen können“, sagt Kuchenreuther. „Wir haben hier die Freiheit, die hohe Lebensqualität. Und mit der Welt verbunden sind wir trotzdem. Ein Bekannter von mir lebt auf einem Bauernhof und erledigt von dort aus seit zwanzig Jahren das Home-Office für seine Zentrale in München, das funktioniert hervorragend.“ Alte Mauern, neu gestaltet, inmitten von grün – so leben und arbeiten zu können, wünschen sich viele. Im Landkreis Hof lässt sich dieses Ideal verwirklichen.

Von Leuchtturm-Bauwerken wie der Spielbank Bad Steben über Fabrik-Sanierungen bis hin zum renovierten Dreiseithof: Gute Architektur prägt den Landkreis Hof – seine Ortsansichten, seinen Charakter, seine Menschen.

Peter Kuchenreuther, Architekt und Stadtplaner, Marktredwitz. Foto: kuchenreuther-architekt-de
Peter Kuchenreuther, Architekt und Stadtplaner, Marktredwitz. Foto: kuchenreuther-architekt-de

„Wenn ich so ein Frankenwald-Dorf sehe, das ist etwas Unverkennbares.“

Manchen mögen dunkle Dächer und Schieferfassaden trist vorkommen; Kuchenreuther aber plädiert:

„We have to learn to like it!“

Die Initiative Baukunst Oberfranken ist eine Kooperation der Regierung von Oberfranken und dem Bund Deutscher Architekten BDA Bayern. Sie sucht und findet herausragende Architektur in Oberfranken und zeigt sie in ihrem Architekturführer „Aktuelle Architektur in Oberfranken“, dem alle hier verwendeten Bilder entnommen sind. Zwei Bände sind bereits erschienen, ein dritter sei im Moment noch „in den Köpfen der Macher“, sagt Peter Kuchenreuther. Der Marktredwitzer Architekt (BDA) und Stadtplaner gehört zur Lenkungsgruppe der Initiative.

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Maria Brömel