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Warum die Welt auf’s Hofer Land blickt: Die Skater-Community um Martin Ehrenberger in Schwarzenbach an der Saale

Abgefahren! Als ich auf das Grundstück von Martin Ehrenberger einbiege, sehe ich vor meinem inneren Auge fröhliche, feiernde Menschen. Nicht, weil hier gerade tatsächlich eine Party stattfindet, wir haben schließlich April 2021. Nein, das Privatgelände, das zum regelrechten Skater-Spielplatz umgebaut wurde, erweckt sofort eine große Lust auf Geselligkeit in mir. Hier gemeinsam abzuhängen, Sport zu treiben, zu entspannen – das stelle ich mir unglaublich cool vor. Eine Minirampe auf der einen Seite, ein Pool auf der anderen. Dazwischen ein Wohnhaus mit großer Holzterasse. Der Gründer der Blackriver GmbH hat am Stadtrand von Schwarzenbach an der Saale einen Ort aufbebaut, der einen ganzen Lebensstil verkörpert. Sofort will ich meine Kinder holen, damit Martin ihnen das Skaten beibringt.

Martin ist 46 Jahre alt und lebt inzwischen seit 11 Jahren hier. Als ich ankomme, sitzt der Familienvater an seinem neuen Computer, um ein Kung Fu-Video seines zehnjährigen Sohnes zusammenzuschneiden. Was ein ganz normaler Mann im mittleren Alter am frühen Abend eben so tut. Doch Ehrenberger ist alles andere als durchschnittlich. Im Gegenteil: Er ist ein echtes Unikat, ein Pionier auf seinem Gebiet. Seine Firma, die Blackriver GmbH, ist in ihrer Sache Weltmarktführer. Denn Martin war der Erste, der Fingerboarder mit qualitativ hochwertigem Equipment ausgestattet hat. Und er ist der Einzige, der ganze Skateparks für Miniaturskateboards baut. Außerdem hat er unsere Region um unzählige Freizeitanlagen für Skater erweitert. Dadurch sorgt er dafür, dass das Hofer Land in der Szene internationale Bekanntheit genießt. Ich möchte alles darüber wissen.

Entstehung der Skater-Community im Hofer Land

„1984, da war ich neun, hat mir meine Oma das erste Skateboard im Kaufhof gekauft“, beantwortet er mir meine Frage, wann er mit dem Skaten loslegte. Seitdem übt der Heranwachsende die damals noch außergewöhnliche Sportart. Das Fieber packt ihn endgültig, als er im Jahr 1988 mit seinen Eltern Urlaub macht. “ In Florida habe ich dann den ersten Skateboartrick auf der Straße gesehen. Da ist einer vor mir den Gehsteig hochgeollert“, lacht er. Sein erster Ollie in live lässt den Jugendlichen damals beeindruckt zurück. „Es hat mich einfach angefeuert“, erinnert er sich lächelnd.

Skateboarding ist zu dieser Zeit zwar schon in Deutschland angekommen, die Entwicklung zur Massensportart läuft allerdings gerade erst an. Wer damals im Hofer Land skaten will, muss noch eine große Portion Eigeninitivative mitbringen. Und weil es zu Beginn der Neunzigerjahre auch noch an Skateparks in der Heimat mangelt, beginnen die ersten Skater, sich regelmäßig am Kugelbrunnen in der Hofer Altstadt zu versammeln. Eine kleine Community entsteht. Bedauerlicherweise hat die Gruppe in der Hofer Fußgängerzone jedoch nicht nur Fans. Schnell ist klar, dass man eigene Orte braucht, um seine Sportbegeisterung auszuleben.

Der erste eigene Skatepark in Schwarzenbach an der Saale

1993 entsteht schließlich die erste Skatehalle in Hof und Martin, der damals gerade seine Schreinerlehre beendet, ist natürlich daran beteiligt. Erste Contests werden in der Halle durchgeführt. Erste Deutsche Meister wachsen im Hofer Land heran. Der größte Wunsch des Jugendlichen erfüllt sich damit allerdings noch nicht. Bereits seit er 15 Jahre alt ist, wünscht er sich, einen eigenen Skatepark in seiner Heimat zu bauen. Als er 25 ist erfüllt er sich diesen Wunsch. In Schwarzenbach an der Saale.

„Um 2000 herum habe ich es endlich geschafft, genügend Überzeugunsarbeit zu leisten und so das Geld für einen Park in Schwarzenbach bei der Stadt zu erbetteln“, freut sich Martin. Der Deal: Die Stadt finanziert die Mittel, Ehrenberger und sein Team leisten die Manpower. Es ist der erste Park der Region, den die kleine Community in Eigeninitiative baut. Es soll aber längst nicht der letzte sein.

Entdeckung einer Marktlücke

In den gleichen Zeitraum fällt auch die Gründung seiner Blackriver GmbH. Als Martin 1998 nach einer USA Reise mit seinem ersten Fingerboard aus Plastik nach Hause kommt, stellt er fest, dass es auf der ganzen Welt noch keinen einzigen Anbieter für professionelles Fingerboard Equipment gibt. „Zu der Zeit wollte ich mich ohnehin selbständig machen“, erklärt er mir. „Bei meinen Recherchen habe ich dann herausgefunden, dass es noch keine Anbieter für High Quality Material in diesem Bereich gibt.“ Also beginnt er selbst mit der Herstellung von Fingerboard Equipment. Baut kleine Rampen und verkauft sie im Internet. Die Geburt des heutigen Weltmarktführers auf diesem Gebiet: Blackriver.

Mittlerweile führt er das Unternehmen gemeinsam mit seiner Geschäftspartnerin, Denise Hermann, seit 22 Jahren erfolgreich. Blackriver besteht aus 25 Mitarbeitern und vier Fertigungen. Die Produkte werden ausschließlich regional produziert. Der Vertrieb läuft nur über den Onlineshop und den Großhandel für Skateshops auf der ganzen Welt.
Wieviele Fingerboards Ehrenberger durchschnittlich im Monat verkauft? „Keine Ahnung“, lacht er, „Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal auf’s Geschäftskonto geschaut hab.“ Dem Pionier geht es um die Kunst, hier investiert er all sein Herzblut. Dass das Geschäft da läuft ist für ihn anscheinend nur eine erfreuliche Folge.

Skateboarding als geförderte Kunst

Den Unterschied zwischen Skateboarding und Fingerboarding erklärt Martin mir so: „Fingerboarding ist zu vergleichen mit dem Spielen eines Musikinstruments. Skaten ist wie Ausdruckssport, wie Tanz.“ Das Bauen von Skateparks beschreibt er grinsend als seine „vom TÜV abgenommene Kunst.“ Für die holt er sich international Inspiration, mit jedem neuen Bauprojekt wächst seine Erfahrung. Selb, Konradsreuth, Helmbrechts, Naila, Neudrossenfeld, Marktredwitz – allein in unserer Region kann man seine Kunst inzwischen an allen Ecken bewundern. „Ich wollte unsere Region einfach weiter stärken.“ Und das tut er inzwischen in höchster Qualität.

Tatkräftige Unterstützung erhalten die aktiven Skater deshalb inzwischen auch von der Landkreisentwicklung, denn auch hier hat man das Potential solcher Angebote erkannt. Um die Heimat voranzubringen ziehen Gemeinden und aktive Skater an einem Strang, wie man zuletzt beim 125.000 Euro-Projekt, „Skate-Plaza“, in Naila beobachten konnte. Sportbegeisterte Experten, wie Christoph Hornfeck aus Bobengrün, oder Martin werden bei der Planung und Durchführung solcher Bauprojekte nicht zuletzt durch Fördermittel unterstützt.

Reisen und Skaten: Was das Hobby mit Tourismus zu tun hat

Dass die Skate-Community dabei auch für den Tourismus interessant ist, wird mir erst bewusst, als Martin es mir erzählt. „Inzwischen gibt es zahlreiche skatende Eltern, die mit ihren Kindern, die es gerade lernen, von Stadt zu Stadt reisen, nur um verschiedene Skateparks zu besuchen. Skaten hat viel mit Tourismus zu tun.“ Mir war bis hierhin nicht klar, dass das Hofer Land für solcherart Reisende ein echter Magnet ist. Aber es macht total Sinn: Hochwertige Parks, wundervolle Natur – all das macht unsere Heimat zum perfekten Ausflugsziel für Profisportler wie auch Amateure. „Mein Nachbar ist aus diesen Gründen sogar von Kalifornien hierher gezogen“, berichtet Ehrenberger.

Wo die Welt beim Skateboarding auf Kalifornien schaut, blickt die Welt beim Fingerboarding auf Schwarzenbach.

Doch nicht nur das Skateboarding sondern auch das Fingerboarding zieht Menschen aller Länder ins Hofer Land. Und auch hier steckt Blackriver dahinter: „Ich habe mir damals angesehen, wie die Skate-Community gewachsen ist und das Ganze auf’s Fingerboarden übertragen. Wenn an einem Ort Skateparks entstehen, bilden sich darum Szenen. Es werden Contests veranstaltet, Skater strömen von überall her.“ Aus diesem Grund baut Martin hochwertigste Fingerboard-Parks und ruft irgendwann unter anderem auch den Fast Fingers Contest ins Leben: Die Weltmeisterschaft der Fingerboarder.

„Der Fast Fingers Contest findet normalerweise jährlich in Schwarzenbach statt. Beim letzten Mal haben daran über 22 Nationen teilgenommen. USA, Australien, Argentinien…die Leute reisen von überall an, auch wegen der ganzen Skateanlagen hier. Einige Familien planen das jedes Jahr fest ein und klappern dann auch unsere ganzen Freibäder ab. Die feiern das total! Bei uns sind die ja quasi umsonst. Bei vielen von denen liegen halt Millionen von Menschen in so einem Freibad auf einem Fleck.“ Und so kommt es, dass das Hofer Land in der Skater-Community weltweite Bekanntheit genießt. „Wo die Welt beim Skateboarding auf Kalifornien schaut, blickt die Welt beim Fingerboarding auf Schwarzenbach.“

Zum Schluss reden mein Gesprächspartner und ich noch über Zukunftswünsche. „Vom kleinen Mädel bis zum Familienvater – mein Antrieb ist es einfach, so viele Menschen wie möglich zum Skaten zu animieren“, erzählt er mir. Große Hoffnung setze er deshalb auch in das nächste Bauprojekt, in dessen Planung er involviert war: Eine riesige Skateanlage an der Stelle des früheren Hofer Eisteichs. „Dort soll ein Pool entstehen, eine Streetskateanlage, ein Fahrradpark, ein Kinderpumptrack und ein normaler Pumptrack. Das heißt, da werden alle Sportarten abgedeckt, so dass jeder Sportler auf seine Kosten kommt. Diese Trennung der Sportarten in Hof beugt Unfällen vor und ist deshalb vorbildlich und einzigartig“, schwärmt der Experte. Das i-Tüpfelchen wäre für ihn dann noch eine Betreuung des Parks. „Kurse, vielleicht in Form von offener Jugendarbeit.“ Ihm fielen noch zig weitere Möglichkeiten ein, den Park zu nutzen.

Ideen hätte der Blackriver-Gründer also viele. Und so, wie ich ihn nach unserem Gespräch einschätze, wird er unsere Region durch diese auch noch um zahlreiche, attraktive Plätze und fröhliche Menschen bereichern. Ich wünsche ihm viel Erfolg dabei!

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Jennifer Müller

Jennifer Müller

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