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Gelebtes Ehrenamt: Angelika Munzert unterstützt Pflegebedürftige im Alltag

Ehrenamtliches Engagement hat viele Facetten. Eine davon ist, hilfebedürftige Menschen zu unterstützen. Stadt Land Hof hat mit Angelika Munzert über ihre Tätigkeit als ehrenamtliche Einzelhelferin gesprochen. Sie erzählt uns, wie sie dazu gekommen ist, welche Aufgaben sie übernimmt und warum sie das Angebot gerade für Hilfsbedürftige auf dem Land eine tolle Sache findet.

Angelika Munzert hat ein gutes Gespür für Menschen. Sie nimmt Stimmungen auf, geht behutsam auf ihr Gegenüber ein, wirkt gelassen und kann zupacken. Diese Eigenschaften kann sie gut brauchen in ihrer Funktion als sogenannte ehrenamtlich tätige Einzelperson. Der Begriff klingt sperrig, die Tätigkeit ist es aber nicht. Im Gegenteil: Sie stellt die altbewährte Nachbarschaftshilfe auf neue Füße. Die Möglichkeit, als ehrenamtlich tätige Einzelperson tätig zu sein oder deren Hilfe in Anspruch zu nehmen, gibt es seit 2021 – auch in Stadt und Landkreis Hof. Seitdem ist die 55-jährige Dörnthalerin ehrenamtlich aktiv und unterstützt pflegebedürftige Menschen im Alltag.

„Die Möglichkeit, Nachbarschaftshilfe zu leisten und dieses Engagement trotzdem vergütet zu bekommen, ist eine gute Sache.” Einzelhelferin Angelika Munzert

Angelika Munzert // © Dirk John

Von Haus aus ist Angelika Munzert gelernte Konditorei-Fachverkäuferin. Die gebürtige Fürtherin lebt seit 2012 in Dörnthal (Ortsteil von Selbitz). Bevor sie sich ganz auf ihre jetzige Tätigkeit als ehrenamtlich tätige Einzelperson konzentrierte, arbeitete sie als Verkäuferin in einem Naturkostladen auf 450-Euro-Minijob-Basis. Dort reduzierte sie im Laufe der Zeit die Stunden und setzte das so frei gewordene Minijob-Budget bei ihrer mittlerweile 84-jährigen Nachbarin als Haushaltshilfe ein, zunächst für 2-3 Stunden pro Woche. „Das war vor sieben oder acht Jahren“, erinnert sie sich.

 

 

 

Minijob und Ehrenamt als Einzelhelfer gehen parallel

Irgendwann hörte sie im Naturkostladen ganz auf, und das Minijob-Budget kam vollständig als Haushaltshilfe bei der Nachbarin zum Einsatz. Das ist auch heute noch so, aber Angelika Munzert hat durch die Möglichkeit der ehrenamtlich tätigen Einzelperson eine weitere Zuverdienstmöglichkeit bekommen. „Die Tochter meiner Nachbarin hatte davon in der Zeitung gelesen und mir davon erzählt.“ Jetzt kann sie weitere Stunden bei ihrer hilfsbedürftigen Nachbarin absolvieren, für die sie eine Aufwandsentschädigung von 8,50 Euro pro Stunde bekommt. Die maximale Summe aus ihrem Engagement als ehrenamtlich tätige Einzelperson sind monatlich 125 Euro – die 125 Euro Entlastungsbetrag, auf die Pflegebedürftige ab einem Pflegegrad 1 einen Anspruch haben, sofern sie zu Hause betreut und gepflegt werden. Vor dem 1. Januar 2021 konnte dieser Entlastungsbetrag von den Pflegebedürftigen nur für anerkannte Angebote von Trägern (Pflegedienste etc.) abgerechnet werden.

„Die Möglichkeit, Nachbarschaftshilfe zu leisten und dieses Engagement trotzdem vergütet zu bekommen, ist eine gute Sache”, findet Angelika Munzert. Gerade auf dem Land, wo die Nachbarschaftshilfe noch ausgeprägter ist als in der Stadt und man stärker aufeinander angewiesen ist, weil nicht alles in kurzer Entfernung und bequem zu erreichen ist. Obwohl sie manchmal schon ein bisschen damit hadert, dass die Aufwandsentschädigung, die ja eben keinen Stundenlohn darstellt, unterhalb des gesetzlichen Mindestlohns liegt. Das aber ist für diese Tätigkeit gesetzlich so vorgeschrieben.

Mehrere Engagements und unterschiedliche Aufgaben als ehrenamtlich tätige Einzelperson möglich

Angelika Munzert kümmert sich nicht nur um ihre über 80-jährige direkte Nachbarin. Zu ihr wie auch zu deren Tochter pflegt sie schon länger ein freundschaftliches Verhältnis. Sie sprechen sich ab, damit die alte Dame durchgängig Unterstützung hat. Das ist eine große Beruhigung für die Tochter, die in Nürnberg lebt. Für ihre Nachbarin nimmt sie Haushaltsaufgaben wahr, leistet ihr Gesellschaft, bäckt und kocht mit ihr, geht mit ihr zum Einkaufen. „Ich habe aber auch kein Problem damit, ihr mal die Beine zu massieren”, sagt sie. Besonders schön findet sie aber, beim Betrachten von alten Fotos von der Lebenserfahrung und den Lebensereignissen erzählt zu bekommen. „Ich habe mich schon als Jugendliche gerne mit älteren Menschen unterhalten und ihnen zugehört. Das fand ich oft spannender als den Kontakt zu Gleichaltrigen. Dass alte Menschen unseren Respekt verdienen, das haben mir meine Mutter und Großmutter schon in die Wiege gelegt“, sagt sie. Und wenn die Nachbarin oder auch sie selbst mal ein bisschen brummig ist, ist das für beide okay.

“Dass alte Menschen unseren Respekt verdienen, das haben mir meine Mutter und Großmutter schon in die Wiege gelegt.“ Angelika Munzert

Weil Angelika Munzert gemäß den Bestimmungen bis maximal drei Pflegebedürftige im Monat begleiten kann und für sich entschied, das zu versuchen, hatte sie im Februar 2021 eine Facebook-Anzeige geschaltet. Daraufhin meldete sich eine stark gehbehinderte Frau von Mitte 50 aus Hof. Um diese kümmert sich Munzert seit März 2021 für 3-4 Stunden in der Woche. Sie begleitet sie zu Arztbesuchen, geht für sie einkaufen, ist aber auch für sie da, wenn sie einfach mal reden will oder Zuspruch braucht. „Wir führen zum Teil sehr intensive Gespräche, und ich kann ihr manche Sorge nehmen“, erzählt sie.

Anfang 2022 ist noch ein leukämiekranker Mann im Alter von Mitte 40 dazugekommen, der auch in Hof wohnt und für den sie ebenfalls 3-4 Stunden die Woche da ist. „Zusammen werden wir noch klären, welche Aufgaben ich konkret bei ihm übernehme. Es wird sich aber eher um Haushaltsaufgaben handeln.“

Als ehrenamtlich tätige Einzelperson muss man die Balance zwischen Dienstleistung und Vereinnahmung finden

Angelika Munzert nimmt ihre Aufgaben sehr gewissenhaft und sehr gern wahr. „Ich fühle mich meinen Schützlingen nicht verpflichtet, sondern verbunden.“ Das ist für sie ein Unterschied, weil es für sie die Grenze zwischen Dienstleistung und möglicher Vereinnahmung zieht. „Wenn ich krank bin, oder aus irgendeinem anderen Grund mal nicht kann, habe ich kein schlechtes Gewissen.“ Sie hat die Erfahrung gemacht, dass das kranke Menschen oft besser verstehen als gesunde.

„Ich fühle mich meinen Schützlingen nicht verpflichtet, sondern verbunden.“ Angelika Munzert

Voraussetzungen für Engagement als ehrenamtlich tätige Einzelperson sind einfach zu erfüllen

Die formalen Anforderungen an eine ehrenamtlich tätige Einzelperson regelt die so genannte “Verordnung zur Ausführung der Sozialgesetze”. „Die sind nicht schwer zu erfüllen“, sagt Angelika Munzert. Bei allen Fragen, die auftauchten, und Schritten, die notwendig waren, konnte sie die Beratung der Fachstelle für Demenz und Pflege Oberfranken in Anspruch nehmen. Die hat ihren Sitz in Bamberg. Im Landratsamt Hof ist eine Außenstelle eingerichtet. „Dort hat mich Ute Hopperdietzel ganz hervorragend begleitet.“ Da ging es unter anderem um die notwendigen Formalitäten wie Beantragung der sogenannten IK-Nummer (Institutionskennzeichen) und Registrierung als ehrenamtlich tätige Einzelperson. Das ist wichtig, weil sie als ehrenamtlich tätige Einzelperson auch selbstständig mit den Pflegekassen abrechnet. „Vor dem ganzen formalen Kram braucht man keine Scheu zu haben. Das ist kein großer Akt“, sagt Angelika Munzert. Auch jetzt im laufenden Betrieb klappt soweit alles gut.

“Der formale Kram ist kein großer Akt. Auch die Sorge vor der Schulung war unbegründet.”
Angelika Munzert – nach Beantragung, Registrierung und Schulung offiziell ehrenamtliche Einzelhelferin

Das Einzige, wovor sie im Vorfeld ein wenig Respekt hatte, war die sogenannte Basisschulung. „Da ich ja nun gelernte Verkäuferin bin und keine offiziell nachweisbaren Grundkenntnisse in Hauswirtschaft oder Pflege habe, musste ich diese kostenfreie Schulung bei der Fachstelle für Demenz und Pflege absolvieren.“ Coronabedingt fand sie online statt. Vor den Inhalten hatte Munzert keine Angst, wohl aber vor der Herausforderung, einen ganzen Schulungstag mit acht Unterrichtseinheiten à 45 Minuten vor dem Computer zu verbringen. „Die Sorgen aber waren gänzlich unbegründet. Das hat sogar richtig Spaß gemacht. Und ich konnte mich mit Gleichgesinnten austauschen.“

Ehrenamtlich tätige Einzelperson ist eine bereichernde Aufgabe, wenn sie zu einem passt

Für Angelika Munzert die Aufgabe als ehrenamtlich tätigen Einzelhelferin sehr bereichernd. Zwei Ratschläge hat sie für alle, die sich dafür interessieren: „Jeder sollte wirklich in sich hineinhören und sich ehrlich fragen, ob er für diese Art Aufgaben geschaffen ist. Denn es geht um den Umgang mit hilfsbedürftigen Menschen.“ Und schon bei Vorgesprächen sollten die potenziellen Helferinnen und Helfer immer auf die innere Stimme und das Bauchgefühl hören. Wenn sie „ja“ sagen, dann kann eine vertrauensvolle Beziehung zu dem Betreuten wachsen. Bei Angelika Munzert haben sie dreimal „ja“ gesagt.

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Ehrenamtlich tätige Einzelperson

Haben Sie Interesse an einer Tätigkeit als ehrenamtlich tätige Einzelperson?

Ute Hopperdietzel von der Fachstelle für Demenz und Pflege Oberfranken (Außenstelle) berät Sie gerne.

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Sabine Schaller-John