Dirk Reinel, Florian Wogenstein und Johannes Drescher sind die Gründer von smartlytic. Ihr Startup im Hofer Land gründen sie 2017. Die drei ehemaligen Studenten der Hochschule Hof beziehen damals als eines der ersten Startups ein Büro im Digitalen Gründerzentrum Einstein 1, um von den niedrigen Preisen und dem unschlagbaren Gründerökosystem am Campus zu profitieren. Jetzt steht der Dienstleister für Softwareentwicklung und Datenanalyse kurz vor dem Einzug in seine eigenen Büroräume. Nach den vorgeschriebenen 5 Jahren müssen sie Platz für neue Startups machen. StadtLandHof-Bloggerin Jennifer Müller hat einen der Geschäftsführer, Dirk Reinel, zu seinem Resümee befragt: Wovon konnten smartlytic profitieren? Was würden die Softwareentwickler heute anders machen? Und vor allem, welche Tipps geben sie neuen Gründern im Hofer Land mit?
Wenn Dirk Reinel von dem gerade anstehenden Umzug nach Jägersruh spricht, tut er das mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Weinend, weil smartlytic fünf Jahre lang die Gemeinschaft des Gründerökosystems am Campus der Hochschule genießen konnte. Weil gute Beziehungen geknüpft wurden und gegenseitiger Austausch den Arbeitsalltag bereichert haben. Lachend, weil der neue Schritt in die Zukunft bedeutet, dass smartlytic die Gründungsphase erfolgreich bestanden hat und nun von den drei Gründern zu einem stattlichen Team von sieben Mitarbeitenden herangewachsen ist.
Gründen im Hofer Land: Vom Studium zum Startup
Smartlytic ist ein Dienstleister für Softwarelösungen und Datenanalyse. Auf die Beine gestellt wurde das Startup 2017 von drei Studenten an der Hochschule Hof: Florian Wogenstein (34), Johannes Drescher (35) und Dirk Reinel (38). Die drei Geschäftsführer kennen sich schon seit 2006. Sie alle studieren damals Informatik an der Hochschule Hof. Florian promoviert an der Universität Rostock, Dirk an der Uni Bamberg. „Wir kennen uns seit dem ersten Semester und haben oft gesagt: Lass‘ uns doch mal gründen! Zu Beginn eigentlich aus Spaß“, erinnert sich Dirk. Durch ihre gemeinsame wissenschaftliche Arbeit am iisys (Institut für Informationssysteme) wird aus dem anfänglichen Joke jedoch Ernst.
Geplant ist zunächst, die wissenschaftlichen Erkenntnisse aus der Forschungsgruppe am iisys in die Wirtschaft zu tragen. Opinion Mining nennt sich die Methode, an der Dirk, Johannes und Florian damals arbeiten. „Dabei geht es darum, in kurzer Zeit große Textmengen zu analysieren, so dass sich eine dominierende Meinung herauskristallisiert“, erklärt Dirk. „Anwenden könnte man so etwas beispielsweise bei Bereichen wie Amazon Rezensionen. Um ein realistisches Bild der Bewertungen zu erhalten, müsste man eigentlich alle Bewertungen lesen. Beim Opinion Mining kann man das innerhalb kürzester Zeit analysieren und zusammenfassen. Dafür gibt es unendlich viele Anwendungsbereiche, zum Beispiel in der Marktforschung. Damit wollten wir eigentlich starten.“
Gründerinnen im Hofer Land kennenlernen?
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Gründen mit Softwareentwicklung und Datenanalyse
Das spannende Thema weckt bedauerlicherweise nur vereinzelt Interesse. Doch die jungen Männer reagieren flexibel und konzentrieren sich schließlich auf ihre heutigen zwei Säulen: Softwareentwicklung und Datenanalyse. „Wir machen das nur im B2B-Bereich, also nur mit Unternehmen“, erläutert der Gründer. „Da bieten wir die ganze Kette, also Konzeption, Spezifikation, Entwicklung und dann hintenraus natürlich auch die Wartung und Support beim Betrieb. Bei der Datenanalyse ist es das Gleiche. Wir sagen nicht: Hier, wir haben eine KI, da schmeißen wir Daten rein und hinten kommt irgendwas raus, sondern wir tauschen uns mit den Kunden aus, entwickeln Fragestellungen und wählen dann passende Methoden. Ein Beispiel dafür könnte etwa die Prognose von Lagerausgängen sein. Wer also Projekte in diesen Bereichen plant oder Ideen hat, kann sehr gerne ein persönliches Gespräch mit uns vereinbaren.“
Ein Gründernetzwerk im Gesundheitsbereich:
Die Entwicklung des Kopfschmerzregisters
Doch auch mit der Hochschule Hof arbeitet die smartlytic GmbH weiterhin zusammen. An einem spannenden, für die Allgemeinheit sehr nützlichen Projekt: Dem deutschlandweiten Kopfschmerzregister der DMKG (Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft). 10-15 % der deutschen Bevölkerung leiden regelmäßig an Kopfschmerzerkrankungen wie Migräne. Das Projekt unter Leitung von PD Dr. Ruth Ruscheweyh von der Ludwig-Maximilians-Universität München, hat deshalb zum Ziel, Lücken in der medizinischen Versorgung von Kopfschmerzen zu identifizieren, um somit die Behandlung langfristig zu verbessern.
Durch das Projekt wird Betroffenen unter anderem ein System zur digitalen Dokumentation ihrer Kopfschmerzen bereitgestellt. Während der Betreiber, die DMKG den fachlichen, ärztlichen Teil übernimmt, kümmern sich smartlytic in Zusammenarbeit mit der Forschungsgruppe „Analytische Informationssysteme“ unter der Leitung von Prof. Dr. Jörg Scheidt um die technische Umsetzung. „Das Kopfschmerzregister ist eine Kopfschmerzdatenbank für ganz Deutschland. Wir haben eine App entwickelt, mit der Betroffene ein Kopfschmerztagebuch führen können. Behandelnde Ärzte können sich damit verknüpfen, so dass sie beispielsweise bei Visiten direkt auf die Daten schauen können. So muss man vorher keinen Anamnesebogen ausfüllen. Alles fließt in die Datenbank und das spart einfach Zeit.“
Dazu kommt, dass man durch die vielen Daten, die dadurch entstehen, Kopfschmerz zuverlässig erforschen kann. „Zu dem Thema gibt es auch schon Studien, allerdings meist mit wenigen Teilnehmern. Wir haben viele tausende Patienten, so dass wir Muster viel besser erkennen können. Jetzt bauen wir noch einen Zusatz für Clusterkopfschmerzen, also eine sehr seltene Form des Kopfschmerzes, die mit extrem starken Schmerzen verbunden ist. Bis jetzt haben wir nur Migräne und Spannungskopfschmerzen.“
Vorteile des Gründerökosystems am Digitalen Gründerzentrums Einstein 1
Den Mentor des Unternehmens, Prof. Dr. Jörg Scheidt, bezeichnet Dirk als „Fels in der Brandung“. Durch ihn habe das Startup ein großes Netzwerk, gerade im Gesundheitsbereich. Mit ihm werden die Gründer definitiv in Kontakt bleiben. Durch die Präsenz am Digitalen Gründerzentrum konnten smartlytic gute Verbindungen zu etablierten Unternehmen aufbauen. Deshalb hoffen sie darauf, auch weiterhin ein Teil des Gründerökosystems am Campus zu bleiben. „Man kennt das ja mit Freunden, dass man sich vornimmt, sich regelmäßig zu sehen und dann klappt es doch nicht. Aber ich habe mir fest vorgenommen, zweimal im Monat hierher zu kommen. Wenn sie uns noch reinlassen“, scherzt Dirk.
Außerhalb des großen Netzwerks werden den Gründern aktuell auch ganz pragmatische Vorteile bewusst, die ihnen das Digitale Gründerzentrum Einstein 1 während der fünf Jahre hier brachte. Durch den Umzug werden diese noch einmal ganz besonders spürbar. „Wir konnten ja beim Einzug schon von einer kompletten Infrastruktur profitieren. Es war alles da. Kaffeemaschine, Drucker, Strom, Internetanschluss – all das müssen wir jetzt erst einmal neu organisieren. Das blieb uns damals erspart.“ Dass man sich für unschlagbar günstige Preise in den Büros am Campus einmieten kann, erleichtert Startups den Einstieg und ermöglicht ihnen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.
Gründen im Hofer Land: „Ich persönlich wollte schon immer hierbleiben.“ (Dirk Reinel, Gründer von smartlytic)
Woran überhaupt kein Zweifel besteht, ist die Tatsache, dass das im Hofer Land gegründete Unternehmen auch weiterhin hierbleiben wird. Dirk fühlt sich mit der Region verwurzelt und schätzt das Persönliche in Stadt und Landkreis Hof. „In die Großstadt zu ziehen kam für mich nie in Frage. Für andere ist das natürlich legitim, aber ich persönlich wollte schon immer hierbleiben. Ich möchte schnell in der Natur sein und ich denke auch, dass man hier viel schneller ein sehr persönliches Netzwerk aufbaut, weil man sich auf Augenhöhe begegnet“, argumentiert der Gründer.
Gründungsberatung, Fördermöglichkeiten & Mut: Tipps für Startups im Hofer Land
Und während smartlytic dem Gründerzentrum entwachsen sind und optimistisch in die Zukunft blicken, stehen in der Region schon die nächsten NeuunternehmerInnen in den Startlöchern. Welche Tipps kann Dirk ihnen zum Thema Gründen im Hofer Land mitgeben? „Vor allem: Traut euch! Das Wichtigste ist, dass ihr den ersten Schritt geht“, ermutigt der Geschäftsführer. „Kommt am besten frühzeitig mit eurer Idee zur Gründungsberatung, lasst eure Idee auf Tauglichkeit prüfen und nehmt die Tipps zu Fördermöglichkeiten mit. Es entstehen zu Beginn viele Fragen, zum Beispiel, als welche Unternehmensform man gründen möchte. Das ganze Wissen steht da schon bereit.“
Das klingt als sei durch die tatkräftige Unterstützung von ExpertInnen aus dem Hofer Land möglich, viel Zeit zu sparen, Fehler von vornherein zu vermeiden. Gibt es trotzdem Fehler, die die Gründer gemacht haben und aus denen andere lernen können? „Gerade zu Beginn geht vor allem mal etwas im steuerlichen, administrativen Bereich schief, weil einfach die Erfahrung fehlt. Da zahlt man schon viel Lehrgeld, aber es kann sein, dass das jeder mal zahlen muss. Wir haben inzwischen häufig Termine mit Steuerberatern oder Juristen. Deshalb auch hier der Tipp: Sucht euch verlässliche Dienstleister neben eurem Netzwerk, die auch mal proaktiv auf euch zukommen. Man kann das alles gar nicht allein auf dem Schirm haben.“
Zum Schluss betont Dirk allerdings noch einmal, wie wichtig beim Gründen ein gutes Team ist. „Das ist das A und O. Dass die Aufgabenverteilung passt, man eine gut gemischte Gruppe ist und man sich gut versteht. Mit den Kollegen verbringt man ja oft mehr Zeit als mit der eigenen Familie“, lacht er.
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