Alexander Herrmann ist Sternekoch und Hotelier, Unternehmer, Entertainer, Buchautor. Deutschland kennt ihn als Fernseh- und Radiokoch unter anderem aus The Taste, Kitchen Impossible oder Stadt, Land, Lecker. In Wirsberg im Landkreis Kulmbach betreibt der 47-Jährige das Posthotel Alexander Herrmann mit dem einzigen Sternerestaurant in Oberfranken. Es wurde vor wenigen Wochen mit dem zweiten Michelin-Stern ausgezeichnet und zählt damit zu den besten Restaurants in Deutschland. Im Gespräch mit stadtlandhof verrät er, warum Regionalität in der Spitzengastronomie grundlegend ist, was Oberfranken für ihn ausmacht und warum er lieber auf dem Land lebt als in der Stadt.
Nur etwa fünf Prozent der Deutschen verkehren regelmäßig in Sternerestaurants. Spitzengastronomie ist eine Nische mit einer nur sehr kleinen Zielgruppe – in den Metropolen und erst recht auf dem Land. In Oberfranken, wo die Lebenshaltungskosten vergleichsweise günstig sind und die Bevölkerungsdichte geringer ist als in den Ballungszentren, ist es eine Herausforderung, ein Sternerestaurant samt Vier-Sterne-Hotel und Bistro auszulasten. „Auf dem Land musst Du in der Spitzengastronomie schon das Besondere bieten, damit die Leute hierherkommen“, sagt Herrmann. „Nach Wirsberg verläuft sich niemand zufällig, der Großteil unserer Gäste kommt bewusst zu uns.“
Sie tun es aus gutem Grund. Manche wollen den Starkoch persönlich treffen, die meisten kommen der Kochkunst wegen. Und die ist ausgezeichnet. Vor wenigen Wochen sind Alexander Herrmann und sein Team um Chefkoch Tobias Bätz mit dem zweiten Michelin-Stern prämiert worden. Mit dieser Auszeichnung steigt das Restaurant in einen ausgewählten Kreis auf. In Deutschland gibt es derzeit 261 Restaurants mit einem Stern, nur 38 tragen zwei Sterne und zehn dürfen sich 3-Sterne-Restaurant nennen. In Oberfranken gibt es nur ein einziges Sternerestaurant, eben das von Alexander Herrmann.
„Der zweite Stern ist eine Auszeichnung, die uns sehr stolz macht“, sagt Herrmann. Sie bedeute aber auch eine neue Herausforderung. Denn mit der Anzahl der Sterne stiegen auch die Erwartungen der Gäste, und die seien speziell in der gehobenen Gastronomie zurecht sehr hoch. Da hilft auch die Popularität, die Alexander Herrmann durch seine zahlreichen TV-Auftritte genießt, nicht. Im Gegenteil, „wer Sprüche klopft, der muss auch Leistung bringen“, sagt er ganz nüchtern. „Am Ende des Tages zählt, ob unsere Gäste zufrieden nach Hause gehen und ob wir deren Erwartungen erfüllen konnten. Und das entscheidet sich hauptsächlich in der Küche.“ Sternegastronomie, das sei die Zehntelsekunde des Geschmacks, sagt er, „darauf kommt es an, daran werden wir gemessen.“
Sternegastronomie ist die Zehntelsekunde des Geschmacks.
Alexander Herrmann
Mit Küchenchef Tobias Bätz hat Herrmann einen erfahrenen und kreativen Mann an seiner Seite, der seine Philosophie teilt. „Tobias und ich ergänzen uns ideal. Er hat großen Anteil am zweiten Stern.“
Von Ente kross bis Signatur Dish, von traditionell bis experimentell
Kulinarisch gesehen gibt es in Wirsberg zwei Konzepte, das Bistro und das Sternerestaurant – beides unter einem Dach. Das Bistro ist der Einstieg in die Gourmetküche, das Restaurant die Vollendung. Traditionelle fränkische Küche, modern interpretiert, von der krossen Ente über Heimatküche in Tapas-Form bis hin zu Spezialitäten vom fränkischen Schiefertrüffel – dafür steht das AH-Bistro.
Im Sternerestaurant ist das Niveau deutlich höher, in jeder Hinsicht. Die Zutaten werden exotischer, die Zubereitungsarten raffinierter, das Drumherum aufwendiger. Die Gäste erwarten zwei wechselnde Menüs. Das Menü Kontrast spielt mit Gegensätzen, die sich anziehen, mit Aromen und Konsistenzen, die sich vermeintlich widersprechenden, aber gerade deshalb eine spannende Komposition ergeben. Völlig ohne Fleisch und Fisch kommt das Menü OFF aus. Im Mittelpunkt stehen Gemüse und Kräuter. Das Signatur Dish ist ein Auszug aus beiden Menüs, eine Fusion der kulinarischen Philosophie und Kochfertigkeiten der Küche. Die aktuellen Menüs sind auf der Internetseite des Posthotels verfügbar.
Regionalität bedeutet Frische und Geschmack
Auch wenn sich Bistro und Sternelokal in ihrem Anspruch unterscheiden, bei der Frische und Qualität der Rohstoffe gibt es keine Unterschiede. Das ist die Grundprämisse der beiden Küchenchefs. „Wir beschaffen wenn immer möglich unsere Produkte aus der Region“, sagt Herrmann. Denn Regionalität bedeute Frische und Geschmack. „Wer einmal eine frische Erdbeere auf einem Feld zum Selbstpflücken probiert hat, der weiß, wovon ich spreche. Dieses Aroma und die Intensität des Geschmacks, das ist nach kürzester Transport- oder Lagerzeit reduziert.“ 20 bis 30 Prozent des Aromas eines Lebensmittels gingen durch Abkühlen, Lagerung und Transport, sagt Herrmann. „Auf diesem Level brauchen wir beste Qualität. Das ist die Grundvoraussetzung.“
Immer schön locker bleiben – ein Markenzeichen
Alexander Herrmann ist einer der beliebtesten Fernsehköche in Deutschland. Die Leute mögen ihn wegen seiner flotten Sprüche, seiner lockeren und authentischen Art. Diesen Stempel hat er auch seinen Restaurants aufgedrückt. Das Posthotel ist edel, modern-elegant, aber unprätentiös und ohne gekünsteltes Tamtam und ohne Pomp – gehoben entspannt. Schlips und Smoking sind, außer während der Festspielzeit, eher die Ausnahme. Rote Teppiche, Kellner mit weißen Handschuhen oder Bildergalerien mit Berühmtheiten oder andere Pokale des Erfolgs sucht man vergeblich. In Wirsberg steht die Kochkunst im Vordergrund.
Berührungsängste sind unbegründet. Das Publikum ist erfrischend gemischt. In Herrmanns Posthotel verkehren anspruchsvolle Wanderer und Familien so selbstverständlich wie Gourmets, Geschäftsreisende, Feldspielgäste oder prominente Stars. Die Atmosphäre ist entspannt und zwanglos.
Auch privat lieber entspannt
Neben dem Posthotel mit Sternerestaurant und Bistro betreibt Alexander Herrmann das Imperial und das Fränk´ness in Nürnberg, den Alexander-Herrmann-Palazzo, die Show „Schnell mal was Gutes“, er schreibt Kochbücher, wird als Speaker gebucht und ist in zahlreichen Radio- und TV-Formaten präsent.
So aktiv Herrmann beruflich ist, so entspannt und zurückgezogen mag er es privat. „Ich bin für die vielen Termine laufend unterwegs und pendle ständig zwischen den Metropolen. Zuhause finde ich die nötige Ruhe, um auch mal abzuschalten und sich dem ganzen Trubel zu entziehen. Ich liebe die Stadt, die Dichte an Möglichkeiten auf engem Raum. Die Städte haben etwas Berauschendes, etwas, das mich für meine Arbeit auch immer wieder inspiriert. Die Stadt verzehrt aber auch und macht viele bedeutende Dinge unbedeutend, weil das Angebot so groß ist. Das kann erdrückend sein. Deshalb lebe ich lieber auf dem Land.“
Oberfranken, das bedeutet Freiheit für mich.
Alexander Herrmann
„Ich erinnere mich an eine Situation während der Dreharbeiten zu The Taste in München. Am Sonntag wird nicht gedreht, also bin ich am Samstagabend nach Hause gefahren. Am nächsten Tag sind wir bei strahlendem Sonnenschein mit den Hunden raus. Entspannung pur. In den zwei Stunden haben wir vielleicht drei oder vier Menschen getroffen. In der Großstadt und in Ballungszentren sind solche Ruhemomente selten geworden. Sie müssen alles mit Tausenden teilen. Gehen Sie am Wochenende bei schönem Wetter mal in den Englischen Garten. In dieser Hinsicht sind wir in Oberfranken privilegiert.“