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Hof, Helau! Fasnacht im Hofer Land

„Franken Helau!“ Fasching in Bayerns Norden. Vergangenes Wochenende ertönte wieder der altbekannte Ruf aus den Lautsprecher unzähliger Fernsehgeräte in ganz Deutschland, als von Veitshöchheim aus die Fränkische Fasnacht übertragen wird. Von den Kostümen, dem Schabernack und dem geselligen Treiben einmal abgesehen, ist diese Zeit jedoch auch mit einem vielfältigen Brauchtum verbunden, mit dem sich Landeshistoriker Adrian Roßner genauer beschäftigt hat. 

Faschingszeit: Zelebrieren des Neubeginns

Früher lag die Bedeutung des Faschings nicht unbedingt im ausschweifenden Feiern, sondern eher auf dem Zelebrieren des Neubeginns. Nach dem Ende der Raunächte am 6. Januar, dem „Öbersten“, und dem teils zermürbenden Winter näherte sich der Frühling und mit ihm auch die neu-erwachte Kraft der Natur. „Es geht nauswärts“, fasste man diese Zeit im typisch-pragmatischen Stil des Hofer Landes zusammen, während man sich auf die arbeitsreichste Zeit des Jahres vorbereitete. Das geschah einerseits durch die Neu-Verhandlung der Verträge mit Mägden und Knechten. Andererseits nutzte man dazu aber auch ein recht vielfältiges Brauchtum, in dessen Zentrum die Garantie einer guten, reichhaltigen Ernte stand. Durch die Symbolik des „jungen Jahres“ rückte man Jugend und Kraft in den Fokus, wohingegen man sich vom „Alten“ zu befreien suchte. Perfekt dargestellt wird das beispielsweise im „Altweiberbrauchtum“, in dessen Zuge „alte Weiber“ in einer nach ihnen benannten Mühle zu „jungen Frauen“ werden. 

Bräuche zur Fastnacht: Stall auskehren und Hühner füttern

Die Fastnacht begann daher auch – wie die Raunächte – mit dem Auskehren des Hauses und der Ställe, um damit die Anhaftungen des „bösen Alten“ zu vertreiben. In manchen Ortschaften hat sich indes die Deutung erhalten, dass man so Ratten, Flöhe und anderes unliebsames Geziefer zu den Nachbarn scheuchen konnte, sofern man den aufgekehrten Dreck auf deren Misthaufen kippte. Hatte man den Hof auf diese Weise für die Einkehr des Frühlings vorbereitet, ging es daran, sich um die Tiere zu kümmern. Wenn man den Kühen ein paar Haare aus dem Schwanz schnitt, würden sie bessere und mehr Milch geben. Die Schweine wiederum lieferten, sofern man ihnen Abfälle des letztes Schlachtfests unter das Futter mischte, ein besonders feines Fleisch.

„Na Henna na Orsch zunäha!“

Auch mit Blick auf die gefiederten Hofbewohner galt es einiges zu beachten! Fütterte man die Hühner im Kreis, würden ihnen weder Fuchs noch Habicht etwas anhaben können. Allerdings galt es auch, an Fasching nicht zu stricken oder zu flicken, weil sonst zu befürchten stand, dass man den Hennen „na Orsch zunäha“ würde und sie keine Eier mehr legen könnten. 

 

Die Rolle der Natur bei der Fasnacht

An diesen Beispielen zeigt sich gut, welche Rolle die Fasnacht als symbolischer Auftakt des Arbeitsjahres spielte. Die Menschen versuchten durch das Brauchtum, das Ausgeliefertsein beispielsweise gegenüber der Natur durch die recht einfach gehaltenen Regeln zu überlagern. Sicher konnte niemand wissen, ob das Abschneiden der Schwanzhaare bei den Kühen tatsächlich irgendeine Auswirkung auf die Milchqualität hatte, doch konnte man sich wenigstens einreden, dass man, so man sich an den Brauch hielt, sicher nicht unter Milchknappheit würde leiden müssen. 

„Nackerd aufn Miisdhaufm schdeing und drei Fädla schbinna“

Zu diesem Komplex gehören auch die Bräuche, die den Flachs betreffen: Ab dem 14. Jahrhundert hatte sich die Handweberei als wichtigstes Nebengewerbe neben der Landwirtschaft etabliert, was dazu führte, dass auch die recht robuste Pflanze mithilfe von Bräuchen zum besonders starken Wachstum angeregt werden sollte. Je höher daher die Dorfältesten beim Faschingstanz hüpften, desto bessere würde auch die Ausbeute an Flachs ausfallen. Dabei allerdings galt es auch, sich vor Übermut zu schützen! Denn wenn man sich beim Tanzen auf den Hintern setzte, würde die Ernte durch Hagelschlag vernichtet werden. Mit dem Weben hängt auch der obskurste Brauch aus dem Hofer Raum zusammen. So heißt es, dass „Die Baierra nackerd aufn Miisdhaufm schdeing und drei Fädla schbinna“ muss, damit sie rechtzeitig mit der Arbeit fertig und genügend Material für den Handweber bereitstellen konnte. Ob sich die Menschen tatsächlich daran hielten, wird allerdings ungeklärt bleiben müssen. 

Faschingskrapfen und Fleisch – das Essen zur Fasnacht

Zu guter Letzt spielte natürlich auch das Essen eine wichtige Rolle. Da nach der Fasnacht die Fastenzeit beginnt, schlug man sich noch einmal kräftig den Wams voll, wobei man Sauerkraut möglichst vermied, da es einem die Arbeit sauer machte. Eher sollte man Fleisch und Fisch essen, um zu Kräften zu kommen, und abschließend auch dem Süßen frönen! Die Faschingskrapfen, die sich heute weithin großer Beliebtheit erfreuen, werden schon seit dem 15. Jahrhundert gebacken. Mit den ersten, die man aus dem Fett holte, schmierte man die Deichseln und Achsen des Arbeitsgeräts, damit es besonders einfach zu bedienen war, während man die Nachfolgenden an die Schulkinder gab. Diese mussten übrigens am Fasching auch ihrem Lehrer etwas Gutes tun und ihn für seine Arbeit entlohnen: Daher brachten sie Lebensmittel, Brennholz und Werkzeug mit in die Schule, das sie ihm schenken konnten. 

Die wichtige Bedeutung des Brauchtums

Heute erscheinen uns diese Bräuche oftmals fremd und in manchen Fällen allzu skurril, doch noch vor 120 Jahren, in einer Zeit ohne Motoren und Maschinen auf den Feldern, in der man die Abhängigkeit von den Unwägbarkeiten des Lebens noch deutlicher spürte, sollten sie den Menschen Sicherheit vermitteln. Eines indes hat sich glücklicherweise erhalten: Die Fasnacht, die man im Hofer Land mittlerweile wieder an vielen Ort durch Prunksitzungen und Büttenreden feiert, ist die eine Zeit des Jahres, in der man allen Ernst und alle Sorgen hinter sich lassen kann, um sich einfach des Lebens zu freuen! 

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Weiterlesen zum Thema: Fasching im Herzen – das ganze Jahr! Interview mit Beate und Julia Stock vom 1. Hofer KG Narhalla e.V. – StadtLandHof

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Adrian Roßner