Christina Edelmann ist das, was man umgangssprachlich einen Tausendsassa nennt. Sie wurde in eine von der Textilindustrie geprägte Familie geboren. Die Oma hat als Schneiderin gearbeitet, die Tante Schnittdirektrice gelernt, der Vater ist Geschäftsführer in einer Textilveredelung. Das prägt auch Christina bereits in jungen Jahren. Doch bevor sie ihr eigenes Label für Schnittmuster gründet, nahm sie einige Umwege. Wir haben uns mit ihr getroffen und möchten ihre mutige Gründergeschichte in diesem Artikel mit euch teilen.
Der Mut zur Selbstständigkeit
In einem ländlichen Ortsteil von Hof findet man ein kleines, liebevoll eingerichtetes Nähatelier in den Wänden eines alten Bauernhofgebäudes. Dort rattern Nähmaschinen, es klicken Fotoapparate und unzählige bunte Stoffballen liegen gestapelt in Regalen. Es gehört Christina Edelmann. Die 34-jährige hat sich innerhalb von fast 10 Jahren einen großen Namen in der Nähszene erarbeitet. Das, was heute ein erfolgreiches One-Woman-Unternehmen ist, hat klein angefangen. Die zweifache Mutter hat einige Umwege zurückgelegt, bevor sie mutig auf ihre innere Stimme hörte und sich selbstständig machte. Dabei trägt sie das Blut der Textilindustrie schon von Kindesbeinen in sich. Sie absolvierte erst eine Ausbildung zur Kosmetikerin, danach nochmal eine kaufmännische Berufsausbildung. Doch der Wunsch nach kreativer Selbstständigkeit wird immer größer in ihr.
Die Geburtsstunde des Label „rosarosa“
Während der ersten Schwangerschaft mit ihrer Tochter fängt Christina an, kleine Babyhosen zu nähen. Schnell werden daraus ganze Outfits. Sie bekommt von Freunden und Bekannten Zuspruch und vor allem Anfragen für ihre selbst geschneiderte Babykleidung. Christina beginnt – damals noch auf der Online Plattform Dawanda – ihre Stücke in Internet zu verkaufen. So schnell, wie sie ihre Stücke dort verkauft, wird auch die Frage nach den dazu passenden Schnittmustern unter ihren Kunden lauter.
„Die Umstände waren nicht die besten, aber manchmal müssen Dinge einfach gemacht werden, um ein Ergebnis zu bekommen“, Christina Edelmann.
Sie entwirft ihr erstes Schnittmuster für eine Knickerbocker-Hose und wagt damit den Schritt in die komplette Selbstständigkeit. Das Label „rosarosa“ wird geboren. Die Umstände für ein eigenes Unternehmen waren nicht einfach zu dieser Zeit. „Mein Mann befand sich gerade im Lehramtsstudium. Wir wohnten mit unserer Tochter in einer kleinen Zweizimmerwohnung. Die Umstände waren nicht die besten, aber manchmal müssen Dinge einfach gemacht werden, um ein Ergebnis zu bekommen“, erzählt Christina. Und ihr Mut soll belohnt werden. Bald ist ihr Unternehmen zu einer stattlichen Größe gewachsen. Zu Beginn gibt es nur Schnittmuster für Mädchenkleidung. Seit 2016, mit der Geburt ihres Sohnes, entwirft Christina auch für Jungs ihre vielseitigen Schnittmuster.
Variable Schnittmuster begeistern die Do-it-yourself-Gemeinde
Mit knapp 54.000 Follower auf den Social-Media-Kanälen und zahlreichen begeisterten Käufern zählt „rosarosa“ zu einem der größten ihrer Branche. Der Grundgedanke des Labels ist es, wandelbare Schnittmuster zu entwerfen. Christina möchte, dass ihre Kunden die Wahl zwischen verschieden Varianten eines Schnittes haben. So bekommt man beispielsweise bei einem Schnittmuster für einen Hoodie die Möglichkeit, zwischen diversen Unterteilungen, Kapuzen, Kragen und Ausschnittvarianten ganz nach dem eigenen Geschmack zu wählen.
„Es ist mir wichtig, dass meine Schnitte vielseitig und wandelbar sind.“ Christina Edelmann
Und genau das macht ihr Unternehmen so erfolgreich. Sie bringt ihre Schnitte als E-Book heraus. „Es gibt immer ein Grundschnittmuster und dazu verschiedene Details, die sich anpassen lassen, wie Bündchen, Taschen oder Kordeln“, erklärt Christina. „Ich möchte keine Standard-Schnitte entwerfen. Es ist mir wichtig, dass meine Schnitte vielseitig und wandelbar sind. In einem E-Book schlummern so viele Varianten um die eigene Kreativität auszuleben und das Schnittmuster immer wieder neu zu erfinden“, schwärmt sie. So ein Ebook kann dann recht umfangreich sein und hat schon mal bis zu 70 Seiten.
Eine kreative Allrounderin – zuhause im Hofer Land
Als One-Woman-Show leitet sie heute ihr erfolgreiches Unternehmen von zu Hause aus. Das ist jede Menge Arbeit, was Zeit braucht. Jede Woche verbringt Christina 60-80 Stunden in ihrem Atelier.
„Ich kümmere mich gerne selbst um alle Belange meines Unternehmens“, sagt Christina.
Man findet sie dabei hinter der Nähmaschine, am PC beim Schnittmuster Gradieren oder beim Fotografieren fertig genähter Kleidungsstücke. Zu ihrem Onlineshop gehört ein Blog, in dem regelmäßig Neuigkeiten erscheinen. Ebenso kümmert sie sich um das komplette Marketing und den Kundenservice. „Ich habe kein großes Team im Rücken, weil ich mich gern selbst um alle Belange kümmere. Ich arbeite gerne für mich selbst“, sagt Christina. Ihre Familie steht dabei hinter ihr und unterstützt sie. „Mein Mann liest meine E-Books Korrektur und meine Kinder sind mittlerweile meine kritischsten Abnehmer“, erzählt sie.
Für die moderne Hobbynäherin: Qualität auf höchstem Niveau
Wenn Christina ein neues Schnittmuster entworfen hat, gibt es vor der Veröffentlichung jede Menge Arbeit. Als erstes schneidet sie ihren Schnitt zu und näht ihn in den Größen ihrer Kinder. „Ich habe mittlerweile ein sehr gutes Augenmaß für Größen entwickelt“, erzählt sie. Der nächste Schritt ist das Gradieren der Größen. Dabei passt Christina – je nach Größe – das Schnittmuster an. Nach dem Schreiben der Anleitung geht der Schnitt an ihr Stammteam zum Probenähen. „Mein Stammteam besteht ungefähr aus 100 fleißigen Hobbynäherinnen, die den Schnitt in verschiedenen Größen nähen. Von ihnen bekomme ich ein Feedback, wenn etwas angepasst werden muss. Dieser Schritt ist sehr wichtig für mich“, sagt Christina. Erst wenn sie mehrere Modelle in allen Größen gesehen hat und alles an der richtigen Stelle sitzt, geht das Schnittmuster mit passenden Fotos in den Onlineshop.
Erfolgreich Gründen im Hofer Land
Christina Edelmann mag Abwechslung und erfindet sich immer neu. Letztes Jahr veröffentlichte sie zusammen mit dem EMF Verlag ihr erstes Buch mit dem Namen „Alles Jersey – Kleider nähen Girls“.
„Ein eigenes Buch zu veröffentlichen, war sehr spannend für mich.“ Christina Edelmann
Ein voller Erfolg, der mit der zweiten Auflage bereits schon fast wieder ausverkauft ist. „Ein eigenes Buch zu veröffentlichen, war sehr spannend und etwas Neues für mich. Die Arbeit hat viel Spaß gemacht und ich bin wirklich stolz auf das Endprodukt“, erzählt sie. Bald wird wieder ein neuer Schnitt veröffentlicht, diesmal für eine Winterjacke. Christina möchte beruflich nichts anderes mehr machen als ihre selbstständige Kreativität frei ausleben zu können. Sie ist mutig ihren Weg gegangen und ihrer inneren Stimme gefolgt, was belohnt worden ist. Auf die Frage, was sie ihrem 10 Jahre jüngeren ich raten würde, sagt sie „Entspann dich mal. Es wird alles so werden, wie es soll! Ehrliche Arbeit und Fleiß werden sich irgendwann lohnen.“ Für die Zukunft hat sie noch das ein oder andere Projekt im Kopf, dass ihren treuen und nähbegeisterten Anhängern vermutlich das Herz höherschlagen lässt. Eines steht jedenfalls fest: Langeweile wird Christina Edelmann auch in Zukunft nicht haben.