Für die einen ist es das Essen, für andere die Landschaft, für andere wiederum sind es Traditionen, Familie, die Art zu leben. Was verkörpert diese Region, abgesehen von Traditionen, gutem Essen und Natur? Warum kehren so viele Ausgewanderte zurück, warum waren manche nie weg? Und was macht diesen Flecken Erde so besonders? Wir haben Antworten gefunden. In einer 12-teiligen Serie erzählen uns spannende Persönlichkeiten aus stadtlandhof, was sie mit ihrer (neuen) Heimat verbinden. #meinstadtlandhof – Teil 1 mit Heimatforscher Adrian Roßner.
stadtlandhof: Herr Roßner, wo sind Sie geboren, wo wohnen Sie?
Adrian Roßner: Geboren wurde ich 1991 in Münchberg, sage aber voller Stolz, dass ich Zeller bin, also im schönen Markt Zell am Fuße des Waldsteins lebe.
–
stadtlandhof: Was muss man über Zell wissen, was sollte man dort auf jeden Fall gemacht oder gesehen haben?
Adrian Roßner: Die Region ist generell sehr stark ländlich geprägt und hat dadurch einen ganz besonderen, authentischen Charakter. Auch Zell ist auf den ersten Blick ein kleines Dorf inmitten einer wunderschönen Landschaft. Doch es gibt dennoch unglaublich spannende Geschichten darüber zu erzählen. Generell ist es meiner Meinung nach ein großer Fehler, in der Vergangenheit stets nur die Schicksale der angeblich Großen in den Fokus zu rücken und darüber die Geschichten und Anekdoten der Kleinen zu vergessen. Abseits vom Trubel der großen Städte und Metropolen kann man sich rund um Zell – wie eigentlich überall in der Region – auf spannende Spuresuche begeben und dabei so manches Geheimnis der Vergangenheit lüften; angefangen von der europaweit einzigartigen Bärenfalle am Waldstein, über die stolzen Ruinen der mittelalterlichen Burganlagen, bis hin zum Magnetismus des Haidbergs, der schon den berühmten Alexander von Humboldt fasziniert hat.
–
stadtlandhof: Mit welchen Schlagworten würden Sie die Region stadtlandhof beschreiben?
Adrian Roßner: Erstens: Vielfalt. Wenn man nach Gemeinsamkeiten der Region sucht, fällt einem eigentlich nur die Vielfalt ein, was auf den ersten Blick ein wenig verwundern mag. Dennoch ist klar, dass die regionale Identität aufgrund der Kleinteiligkeit eher einem Mosaik gleicht, als einem Gemälde. Sie setzt sich aus zig verschiedenen, lokalen Besonderheiten zusammen, die aus der Ferne betrachtet ein wunderschönes Bild ergeben, sich jedoch ins Unendliche auffächern, sobald man sich näher damit beschäftigt. Das erlaubt spannende Entdeckungen.
Zweitens: Natur. Im Hofer Land wird deutlich, wie stark die Natur den Menschen beeinflusst. Hier lebt man tatsächlich bis heute oft nicht von, sondern mit ihr. Schon bei der ersten Besiedlung der Landschaft spielten Klima, Geologie und Vegetation eine wichtige Rolle und das hat sich bis heute nicht geändert: Dichte Wälder wechseln sich mit lichten Wiesen ab, die Landschaft wandelt sich von den Höhenzügen des Fichtelgebirges bis hin zu den Schluchten des Frankenwaldes und erscheint unglaublich weit.
Und drittens: Industrie. Das mag mit Blick auf den vorangegangenen Punkt ein wenig verwundern, doch haben sich die Bewohner der Region – eben aufgrund der Abhängigkeit von der Natur – schon immer als Problemlöser ausgezeichnet. Als das Klima umschlug und die Landwirtschaft in eine Krise geriet, blühte die Textilproduktion auf, die anfangs als Handwerk, später in der Großindustrie betrieben worden ist. Bis heute stehen in vielen Orten die beeindruckenden Villen der Unternehmer neben den stolzen Fabrikanlagen, die aus der Region ein Schmuckstück der Gründerzeit machen. Neben der Landwirtschaft und dem Handwerk prägt daher insbesondere die „alte Industrie“ ihre Identität.
Heimat sollte man nicht schützen. Wenn man sie schützt, sperrt man sie ein Stück weit weg und dann lebt sie nicht mehr. Heimat muss man pflegen.
Adrian Roßner
stadtlandhof: Jede Region hat ihre Eigenheiten. In welcher Hinsicht ist stadtlandhof einzigartig?
Adrian Roßner: Die Menschen der Region sind Querdenker und haben – auch aufgrund verschiedener Krisen, die sie überstehen mussten – gelernt, aus Problemen reiche Erfahrungen zu ziehen. Ich habe es einst in einem Vortrag mit den Worten „Zwischen Tradition und Moderne“ zusammengefasst, wobei am Ende klar geworden ist, dass sich die Region derzeit in einem erneuten Prozess der Umstrukturierung befindet und wir sie, aus der Tradition heraus, in die Moderne entwickeln müssen.
–
stadtlandhof: Was vermissen Sie am meisten, wenn Sie länger nicht zu Hause sind?
Adrian Roßner: Das besondere Gefühl „derhaam“ zu sein: Sobald ich von der Autobahn oder dem Zug aus die ersten Gipfel und die dichten Wälder sehe, fühle ich mich geborgen. Gerade in der heutigen Zeit, die immer schneller zu vergehen scheint und in der das Individuelle leider mehr und mehr verwischt, ist es in meinen Augen unglaublich wichtig, in der Heimat einen sicheren Hafen und einen Anker zu finden, von dem man weiß, dass er auf einen wartet, sobald man ihn braucht. Ich genieße es einfach, im Anschluss an einen arbeitsreichen Tag innerhalb weniger Minuten mitten in der Natur zu stehen und Kraft zu tanken.
stadtlandhof: Was zeigen Sie Freunden, die bei Ihnen zu Besuch sind?
Adrian Roßner: Ich organisiere sehr gerne Zeitreisen, bei denen wir durch die Region wandern und schlendern dabei durch die Epochen: Angefangen im Mittelalter auf dem Waldstein, über Landwirtschaft und Handwerk, die Grundlagen der späteren Entwicklung in den Dörfern, bis hin zu den Industriezentren wie Münchberg und Hof. Wenn man eben jene Zusammenhänge, die bis heute durch vielfältige Zeugen der Vergangenheit deutlich werden, einmal erkannt hat, findet man sich am Puls und am Herz der Landschaft wieder und lernt die Region umso mehr schätzen.
–
stadtlandhof: Welche Veranstaltung in stadtlandhof sollte man mindestens einmal besucht haben, und warum?
Adrian Roßner: Da gibt es viele. Wie schon erwähnt, die Region lebt von der Vielfalt. Daher zähle ich hier die großen Feste wie den Schlappentag in Hof ebenso dazu, wie kleinere Maifeiern, Dorffeste, Handwerkermärkte und Wiesenfeste. Der Vorteil ist ja gerade, dass für jedes Interesse und alle Vorlieben etwas geboten wird. Von den Fahrgeschäften beim Volksfest in Hof bis hin zu traditionell hergestellten Reisigbesen in Hallerstein. Insofern sind wir weder eine komplette Event-Region, die allein für Adrenalin- und Feierlustige etwas bietet, noch eine Landschaft, die nur die Freunde der Ruhe anspricht, sondern haben „aweng wos fier alla“.
–
stadtlandhof: Bitte vervollständigen Sie den Satz: stadtlandhof ist lebenswert, weil…
Adrian Roßner: …wie der Name schon sagt, die Region alles ist: Stadt und Land in einer für mich tollen Mischung mit kurzen Wegen und vielen Möglichkeiten.
–
stadtlandhof: Wir leben in einer Genussregion. Welches Gericht repräsentiert die Region aus Ihrer Sicht am besten und welches Gericht ist Ihr Lieblingsgericht?
Adrian Roßner: Ich bin ein großer Freund der fränkischen Küche, die unermesslich viele tolle regionale Spezialitäten kennt: Von „Kiechla“ über „Glies“ bis hin zu „Lebkungbrieh“. Insofern habe ich kein absolutes Leibgericht, sondern es kommt auch hier auf die tolle Auswahl an, die man geboten bekommt. Die macht es zugleich auch wieder einzigartig.
–
stadtlandhof: Was möchten Sie sonst noch loswerden?
Adrian Roßner: Baßd scho!