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Eine steile Karriere auch ohne Abitur – André Puchta ist ein Botschafter für`s Hofer Land

Sein Buch “Halbzeitstory” beginnt und endet im Hofer Land. Dazwischen legt der gebürtige Münchberger, André Puchta, eine steile Karriere im PR-Bereich hin. Und zwar ohne Abitur oder Studium. Als Pressesprecher am Friedrichstadt-Palast in Berlin verantwortet er die Kommunikation für die größte Theaterbühne der Welt und spricht für den Kulturmanager und Intendanten Dr. Berndt Schmidt. Als Vorsitzender des Tourismusfördervereins Zell initiiert er die namentliche Umbenennung seines Heimatortes. André Puchta führt ein erfolgreiches Leben in den Metropolen Deutschlands. Doch hört er dabei nie auf, sich für seine oberfränkische Heimat zu engagieren. In seinem ersten Buch findet man neben allerlei interessanten Anekdoten über sein Leben und die Arbeit in der Medienbranche vor allem große Wertschätzung für seine Wurzeln im Hofer Land.

“So sind wir Franken halt – organisiert und zuverlässig”, ist der zweite Satz, den ich von André Puchta höre, als ich mich dafür bedanke, dass er sich Zeit für unser Online-Meeting nimmt. Während er mit mir spricht, erhasche ich auf dem Bildschirm einen Blick auf sein helles, modernes Wohnzimmer in Berlin.

Seit zwei Jahrzehnten wohnt der 38-Jährige bereits in Großstädten, macht Karriere, pflegt Verbindungen zu spannenden Menschen, erlebt ein Abenteuer nach dem anderen. Doch all das hat nichts daran geändert, dass er sich nach wie vor stolz als Franke identifiziert. Als einen Ort, “wo andere Urlaub machen”, beschreibt er seine Geburtsstadt Münchberg im Buch “Halbzeitstory”.

André Puchta ist Netzwerker, Kommunikator, Mutmacher, Autor und Vollgasgeber. Der Lebenslauf des Machers reicht für drei. Engagement und Leidenschaft ziehen sich wie ein roter Faden durch seine Biografie. Ohne Abitur und Studium legt er eine steile Karriere in den Metropolen Deutschlands hin: Er macht sich im PR-Bereich selbständig, arbeitet mit großem Erfolg als Pressesprecher für den Friedrichstadt-Palast – das größte Show-Theater in Europa, kommuniziert für die Sana Kliniken in Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern, sitzt im Stiftungsvorstand der weltweit tätigen Auma Obama Foundation „Sauti Kuu“ und schafft es mit der Konzeption des “größten Kaffeekränzchens der Welt” bis ins US-Wirtschaftsmagazin Forbes (um nur ein paar seiner zahlreichen Erfolge zu nennen). Doch auf den ersten Seiten seines Buches prangt das Familienwappen aus Zell. Nur das Wort “Servus” steht darunter.

In Zell im Fichtelgebirge beginnt die Heimatliebe

Woher kommt die tiefe Verbundenheit zu der Heimat, in der der Erfolgsmensch aufgewachsen ist? “Ich habe die ersten 18 Jahre meines Lebens hier verbracht”, beginnt Puchta seinen Werdegang zu beschreiben. “In der Grundschule war ich zu Beginn ziemlich zurückhaltend. Ich konnte das ‘R’ nicht richtig aussprechen und wenn die Achtklässler es auf die Drittklässler abgesehen hatten, bin ich auch schon mal im Mülleimer gelandet”, lacht er. Lange hält die Zurückhaltung allerdings nicht an und sein Drang, sich aktiv für seine Anliegen einzusetzen, kommt zum Vorschein. “Ich wurde Klassensprecher, bin mutiger geworden und habe auch mal einen Verweis riskiert.”

Mit elf Jahren marschiert er ins Zeller Rathaus, weil er findet, es sei an der Zeit, sich den Themen Umweltverschmutzung, Abholzung der Wälder und Walfang in Norwegen zu widmen. Beim damaligen Bürgermeister, Albrecht Dietel, findet der engagierte Halbstarke echte Wertschätzung und Gehör. „Na, da hast du ja viel vor“, antwortet dieser damals. Ab da wird der Kommunalpolitiker zu einer Schlüsselfigur in André Puchtas Leben. Er unterstützt ihn bei jedem noch so scheinbar verrückten Anliegen.

Ich frage, wie es dazu kam, dass er in so jungen Jahren bereits das Selbstbewusstsein aufbrachte, seine Ziele so wichtig zu nehmen, dass er sich traute, diese beim Bürgermeister vorzutragen. „In so einer kleinen Gemeinde ist das ja eigentlich ganz üblich, deshalb habe ich da gar nicht drüber nachgedacht“, erklärt er. „Es ist ja die Aufgabe des Bürgermeisters, sich solche Anliegen anzuhören. Und bei Albrecht gab es nie Distanz, er war ein gutmütiger Kerl.“ Die dörflichen Strukturen, die Nahbarkeit sorgen also schon damals dafür, dass der junge Wilde eine gewisse Selbstwirksamkeit erfahren darf. „Solche Strukturen können halt Vor- und Nachteil sein. Der Vorteil ist, man kennt jeden. Der Nachteil ist, man kennt jeden“, schmunzelt er augenzwinkernd.

„Als Hauptschüler schienen meine Möglichkeiten sehr begrenzt.“ (André Puchta)

Als er 12 Jahre alt ist, müssen drei Bankräuber ebendiesen Nachteil der fehlenden Anonymität erfahren, weil der Jugendliche das Gespann in einem Münchberger Supermarkt erkennt und mit Mutter Monika der Polizei überführt. Neue Gesichter fallen einem auf dem Land eben auch gleich auf. “Ab diesem Moment war es vorbei mit meinem Wunsch, später Tierarzt zu werden”, schreibt Puchta in seinem Buch. “Ich hatte richtig Lust auf Blaulicht und Verbrecherjagd, doch als Hauptschüler schienen meine Möglichkeiten sehr begrenzt.” Doch sein unermüdliches Engagement, wenn er für eine Sache brennt, bringt ihn eigentlich schon damals immer an seine Ziele. Mal rettet er gemeinsam mit anderen Tierschützern allerlei verwahrlostes Vieh aus einem verlassenen Haus, mal setzt er durch, dass Drag Queens auf dem Zeller Wiesenfest auftreten dürfen, mal ergattert der kommunikative Kerl durch einen selbstbewussten Anruf ein exklusives Interview mit der Mutter von Thomas Gottschalk. Sein Leben ist eine einzige Aneinanderreihung unterschiedlichster Anekdoten.

Im Baumarkt in Münchberg erkennt man sein Kommunikationstalent

Und er ist schon damals gut darin, überzeugende Geschichten zu erzählen. Von seinem ersten Gehalt als Lehrling im Hagebaumarkt kauft er deshalb seine erste Spiegelreflexkamera, um regelmäßig Berichte zu verfassen. “Eigentlich wollte ich damals Journalist werden”, erzählt er mir. Dennoch durchläuft er zunächst eine Ausbildung im Hagebaumarkt in Münchberg. “Dort merkte man zwar schnell, dass ich keine Ahnung von der Handwerker-Welt hatte, allerdings fiel spätestens bei meiner mündlichen Abschlussprüfung auf, dass ich gut darin war, Dinge zu verkaufen.” Als Puchta vor seinen Prüfern eine Bohrmaschine erklären soll, redet er sich um Kopf und Kragen. Seine Prüfer sind davon beeindruckt: “Herr Puchta, auch wenn Sie offensichtlich nicht wissen, wie diese Bohrmaschine funktioniert, ich würde Ihnen noch eine zweite abkaufen, für meine Mutter.” Noch während der Ausbildung rät man dem jungen Mann deshalb, sich beruflich weiterzuentwickeln, Größeres anzustreben, etwas mit Menschen zu machen. “Mit meinem Ausbilder Gerd Döring habe ich noch heute Kontakt”, sagt Puchta dankbar.

Der engagierte Freigeist leistet Zivildienst und arbeitet zugleich als Jugendreporter bei der Frankenpost. Dieser Job führt ihn letztlich auch zu seinem ersten prominenten Chef: Oliver Petszokat – kurz Oli P.  Den Schauspieler und Sänger lernt er damals durch ein Interview für die Lokalzeitung kennen. Und bekommt schließlich das Angebot, in dessen Management ein Praktikum zu machen. Ab da zieht er los, in die große, weite Welt. Er spezialisiert sich in Sachen PR-Arbeit, arbeitet in der Potsdamer Redaktion von Moderatorin Vera Int-Veen, konzipiert die HTWWWM als offizielle Weltmeisterschaft im Handtaschen-Weitwurf, knüpft Kontakte in Medienbranche und Politik. Dabei setzt er sich stets weiterhin aktiv für seine Heimat ein.

Umbenennung der Heimat: Aus Zell wird Zell im Fichtelgebirge

Ein besonderes Highlight bei seinem Engagement für das Hofer Land ist die von ihm initiierte Umbenennung von Zell in “Zell im Fichtelgebirge”. Als Vorsitzender des Tourismusfördervereins in Zell fällt André Puchta damals wiederholt auf, dass der Ortsname für Verwirrung sorgt. “In den Telefonbüchern gab es den Ort Zell um die 25 Mal. Ich habe von Treffen gehört, die nicht stattgefunden haben, da die Leute in das falsche Zell gefahren sind.” Dass seine Heimatgemeinde bei der Selbstvermarktung dringend ein Alleinstellungsmerkmal braucht, merkt er spätestens, als dann ein Radiomoderator, den er in den wunderschönen Ort einlädt, bei seinem Bericht irrtümlicherweise wiederholt von “Zell am See” spricht. “Die wussten selbst nicht, wo sie sind”, lacht er. Deshalb setzt er sich aktiv und mit viel Gegenwind für eine Umbenennung des Ortes ein. “Ich habe dann beim Gemeinderat einen Antrag auf ein förmliches Namensergänzungsverfahren gestellt, einige bayerische Bürgermeister, Landräte und Ministerien abtelefoniert und hatte letztendlich einen großen Katalog mit Fakten, den ich dem Gemeinderat vorstellen durfte.” Bei der Sitzung geht es heiß her. So manch einer wird emotional. “Ich habe gedanklich schon einiges an Popcorn gegessen dort”, schmunzelt Puchta. Am 15. Juli 2007 wird der Ort dann allen Zweiflern zum Trotz offiziell in “Zell am Fichtelgebirge” umbenannt. “Heute ist das ganz normal und keiner meckert mehr.”

Pressesprecher für den Friedrichstadt-Palast in Berlin

Gleichzeitig treibt Puchta seine eigene Karriere voran. Ende 2012 setzt er sich gegen über 150 Bewerber durch, als der Friedrichstadt-Palast in Berlin einen Pressesprecher sucht. Als einziger Anwärter ohne Abitur. Der tägliche Kontakt mit in der Öffentlichkeit stehenden Persönlichkeiten gehört spätestens ab da zum Alltag des engagierten Mannes. Neben der Zusammenarbeit mit Designern wie Jean Paul Gaultier, Thierry Mugler oder Philip Treacy begleitet er maßgeblich die kommunikative Positionierung des Hauses als Bühne für Vielfalt, Freiheit und Demokratie. Berührungsängste bleiben jedoch weiterhin aus. “Für mich waren das schon immer ganz normale Menschen, wie jeder andere auch.” Im Dezember 2014 begegnet André Puchta in Berlin der Schwester des ehemaligen Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika. Es entwickelt sich eine auf gegenseitiger Wertschätzung aufbauende Freundschaft. Schließlich wird er 2019 von Dr. Auma Obama in den Vorstand ihrer weltweit tätigen Stiftung “Sauti Kuu” berufen. Bereits im Sommer 2018 trifft André Puchta auch Barack Obama in Kenia persönlich; später erneut in München. Man könnte meinen, die bayerische Provinz sei spätestens in dieser Zeit in weite Ferne gerückt. Doch das Gegenteil ist der Fall. Im Stiftungsvorstand begleitet er die strategische und nachhaltige Ausrichtung der Foundation, welche Kindern und Jugendlichen Perspektiven für ein selbstständiges Leben eröffnet – durch Nachhilfe, Schulsponsoring, Ausbildungsprojekte und Berufsberatung.

„Ich mache gerne Werbung für meine Gemeinde.“ (André Puchta)

Puchta erklärt, dass er gerade am Anfang seiner Karriere häufig nach seiner Herkunft und seinem Schulabschluss gefragt worden sei. “Es kam auch schon vor, dass Franken als das Armenhaus Bayerns bezeichnet wurde. Das ging mir ziemlich auf den Sack”, erinnert er sich. Die Botschaft, die er unter anderem mit seinem Buch vermitteln möchte, ist deshalb klar: “Das Leben steckt voller kleiner und großer Überraschungen. Ich möchte den Menschen mitgeben, dass weder Schulabschluss noch Herkunft über dein Leben entscheiden.” Puchta ist stolz auf seine Wurzeln und hat deshalb nie aufgehört, sich für die Heimat einzusetzen. Egal, ob im Portrait für die Berliner Morgenpost, im Interview beim bundesweiten Hörfunksender ‚Schlager Radio‘ oder in seinem Buch. “Ich mache gerne Werbung für meine Heimatgemeinde.”

Inzwischen kommuniziert der Pressesprecher für die drittgrößte private Klinikgruppe Deutschlands: Für die Sana Kliniken in der Region Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Ins Hofer Land kehrt er vor allem zurück, um seine Mutter und seinen Stiefvater zu besuchen, zuletzt an Weihnachten. Hier erledigt er dann gerne seine Besorgungen, um die Region zu unterstützen. “Jetzt gerade habe ich einen Wintermantel gebraucht, den habe ich mir dann in Hof gekauft. Das ist für mich selbstverständlich.” Dabei falle ihm stets positiv auf, dass man bei uns besser mit den Leuten in Kontakt komme. “Hier kommst du halt mit den Verkäuferinnen durch ihre freundliche, fränkische Art ins Gespräch. Das gehört in Berlin jetzt nicht unbedingt zum Tagesvorsatz.” Außerdem genieße er jedes Mal wieder ganz bewusst die gute Luft im Hofer Land. “Wenn ich in Zell oder am Waldstein bin, ist das wie Reha vom Feinsten! Außerdem kann man nachts den Sternenhimmel sehen. Das hat man in der Großstadt auch nicht.” Und nicht zuletzt schätze der Wahlberliner in der Genussregion natürlich auch ein paar gute Hofer Bratwürste oder einen schönen Sonntagsbraten mit Klößen.

Mehr Mut statt Miesmacherei im Hofer Land

Nach einer Stunde voller interessanter Anekdoten möchte ich zuletzt noch wissen, ob es bei all der Heimatliebe auch etwas gibt, das Puchta im Hofer Land gerne ändern würde. „Auch wenn ich sehr mit der Region verbunden bin, steht es mir nicht zu, große Tipps zu geben“, antwortet er diplomatisch. „Was mir aber immer wieder auffällt, ist dieses ständige Gemeckere und der Drang mancher Bürger, immer einen Grund zu finden, warum etwas nicht klappen könnte. Statt den Leuten, die hier was versuchen, zur Seite zu stehen und zu sagen ‚Wenn’s schief läuft, machen wir es das nächste Mal besser‘, glaubt man lieber von vornherein an nichts. Ich will jetzt nicht behaupten, dass das in anderen Städten anders ist, aber ich habe es auch schon anders erlebt. Da würde uns etwas mehr Optimismus schon gut tun!“ Vor allem für junge Leute und deren frische Ideen wünsche er sich hier ausreichend Gehör. „Grundsätzlich bin ich für mehr Mut statt Miesmacherei.“

 

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