Früher ein Nischenmarkt, heute bereits ein Milliardengeschäft: Die Gaming-Branche ist zu einem beachtlichen Wirtschaftssektor herangewachsen. Und wo gestern noch kleine Jungs von der Karriere als Fußballprofi träumten, wollen sich Kinder und Jugendliche heute im Bereich des E-Sports professionalisieren, um damit beeindruckende Preisgelder zu gewinnen. Florian Tinter, Christian Grollmann und Chrystian Poborczyk haben die Chancen dieses Marktes erkannt und ihre E-Sport Talentschmiede MINKZ gegründet. Unterstützt wurden sie dabei vom Digitalen Gründerzentrum Einstein 1, wo das Startup sein Büro hat. Dabei ist das Nachwuchskonzept von MINKZ deutschland- und europaweit einzigartig. Wir stellen das Unternehmen vor und bekommen auch eine mögliche Antwort auf die Frage: Wieviel sollte mein Kind zocken?
Die Branche um das virtuelle Zocken boomt unaufhörlich. Dabei geht es beim Gaming längst nicht mehr nur um entspannenden Zeitvertreib zwischendurch. Professionelle E-Sportler sind mittlerweile vergleichbar mit Fußballprofis oder anderen Profisportlern, die durch ihr Talent Karriere machen. Deshalb bietet die Gaming-Industrie enormes Potential für Unternehmen, die durch ihre Präsenz in dieser Branche eine Zielgruppe erreichen können, die bei Werbenden eigentlich als unerreichbar gilt: Jung, meist männlich, gebildet und finanzstark. Und obwohl das längst noch nicht jeder erkannt hat, fließen auf dem Markt bereits Summen in schwindelerregenden Höhen.
MINKZ – die professionelle E-Sport Talentschmiede aus dem Hofer Land
Florian Tinter allerdings weiß genau um die Chancen der Branche. Der 37-jährige Geschäftsführer aus Bad Steben gründet sein Startup MINKZ im Jahr 2019 und hat sein Büro im Digitalen Gründerzentrum Einstein 1. Er leitet gemeinsam mit Christian Grollmann und Chrystian Poborczyk ein Team von rund 100 Mitgliedern. Nebenberuflich. Dennoch ist MINKZ zu einer erfolgreichen, hochgradig professionellen E-Sport Talentschmiede herangewachsen, die hervorragende Kontakte in den Profisport und die Bundesliga (Fußball, Handball, Basketball) pflegt. Das Konzept ist europaweit einzigartig und an das erfolgreichste Nachwuchskonzept der Welt angelehnt: An das der Berliner Füchse – die Profihandball-Abteilung des Berliner Vereins Füchse Berlin.
Eine gesamtheitliche Ausbildung für E-Sportler
Eigentlich ist Tinter Luftwaffenoffizier. Als Oberstleutnant arbeitet er hauptberuflich für die Bundeswehr. Auf den ersten Blick eine völlig andere Welt. Doch die Arbeit für das Militär inspiriert ihn bei der Entstehung seiner Talentschmiede. „Ich wollte einen gesamtheitlichen Ansatz und eine facettenreiche Ausbildung haben, wie man es auch bei der Bundeswehr vorfindet. Nicht nur militärische sondern auch zivile, nichtstaatliche Organisationen arbeiten oft zusammen, um gemeinsam Sicherheit herzustellen.“
Auf sein Gebiet übertragen bedeutet das: Bei den MINKZ Fortbildungen und Coachings geht es längst nicht nur um das reine Zocken. Durch die Zusammenarbeit mit Experten aus Bereichen wie Medizin, Pädagogik, Ernährung, Grafikdesign, Programmierung, Kommunikation und mehr, genießen die Mitglieder der Organisation vollumfängliche Unterstützung auf ihrem Weg zum Profisportler. Teamplay, Zielstrebigkeit, mentale Gesundheit, Selbstreflexion oder Frustrationstoleranz sind bei den Wettkämpfen für die Spieler schließlich genauso wichtig, wie bei Fußballern, die um die Weltmeisterschaft spielen. Der messbare Adrenalin- und Stresspegel jedenfalls ist bei den jeweiligen Teilnehmern gleich hoch.
Manager die gern gamen: E-Sport als seriöses Geschäftsmodell
Doch wie kommt man überhaupt zu der Idee, Menschen zu professionellen E-Sportlern auszubilden? Haben sich hier obsessive Gamer zusammengetan, die das, was sie ohnehin 15 Stunden täglich tun, zu ihrem Beruf gemacht haben? Schon auf der Website der Organisation liest man heraus, dass es bei MINKZ nicht um maßloses Spielverhalten sondern durchdachte Strukturen geht: „Woanders krönen sich Gamer zu Managern. Wir sind Manager, die gern gamen.“
Klar zockt Florian gerne in seiner Kindheit und Jugend. Bis 2017 wendet er sich allerdings erst einmal seiner Karriere zu. Dann entdeckt er das kompetitive Spielen wieder für sich, nimmt zwar nie selbst an Wettbewerben teil, erkennt aber die Chancen der Gamingwelt. So wächst in ihm der Wunsch heran, E-Sportler vollumfänglich auszubilden. „Mein Kollege Christian Grollmann war damals Pressesprecher der Berliner Füchse und früher selbst Jugendnationalspieler. Er kam auf die Idee, das Nachwuchskonzept des Handballbundesligisten mit dem E-Sport zu verheiraten. Also haben wir unser Nachwuchskonzept 2019 ausgearbeitet.“
2020 stellen sie dann ihr erstes dreiköpfiges Spielerteam zusammen, um an den Rocket League AMD Masters bei der ISPO in München teilzunehmen. Rocket League ist ein Spiel, bei dem bis zu drei Teilnehmer gegeneinander antreten und dabei mit ihren Autos einen Fußball ins gegnerische Tor befördern müssen. Als E-Sport Organisation coachen MINKZ damals ihre drei Teamspieler im Digitalen Gründerzentrum innerhalb eines Boot-Camps, um sie optimal auf die Finalspiele der Meisterschaft vorzubereiten. „Dabei ging es auch um mentalen Druck, Essen vor dem Spiel und Sport und Bewegung, um fit und ausdauernd zu werden.“ Die Rechnung geht auf: Ihr Team schafft es auf den zweiten Platz. „Quasi von null auf hundert. Und auch nur, weil das andere Team schon auf Weltmeisterniveau gespielt hat“, berichtet Florian stolz.
Übernahme der Nitro League
Rocket League ist heute das Steckenpferd der Organisation. Im August 2020 übernimmt MINKZ dann die Nitro League, die größte Rocket League Liga im D-A-CH Bereich (Deutschland, Österreich, Schweiz). Diese Übernahme führt auch dazu, dass die Organisation eine gigantische Reichweite zu einer Zielgruppe aufbaut, die für Unternehmen beim Employer Branding, also der Arbeitgebermarkenbildung, nicht nur beliebt, sondern auch schwer zu erreichen ist. In der Gamingwelt tummeln sich attraktive Arbeitskräfte von heute und morgen. Florian und seine Kollegen müssen sich deshalb fortan mit Sponsorensuche beschäftigen. „Das Kernkonzept ist aber geblieben und später kam unser Coach the Coach Programm dazu.“
Gemeinsam die Digitalisierung voranbringen
Begleitet auf diesen Wegen werden die gamingbegeisterten Manager damals vom Digitalen Gründerzentrum am Campus der Hochschule Hof. „Wenn eine Vereinigung zu einer gewissen Größe heranwächst, muss man sich irgendwann Gedanken über Dinge, wie die passende Unternehmensform machen.“ Deshalb nimmt Florian während dieser turbulenten Zeiten Kontakt zu dem damaligen Netzwerkmanager Niko Emran auf. „Ihn kannte ich noch aus meiner Schulzeit und wusste, dass er dort arbeitet. Wir trafen uns am Campus, als das Gründerzentrum noch im Aufbau war. Er hat auf den Rohbau gezeigt und meinte ‚Und hier wäre dann euer Büro‘. Das waren eigentlich Witzeleien, aber so kam es dazu, dass wir dann wirklich eingezogen sind.“
Das Gründerzentrum und MINKZ verfolgen ein gemeinsames Ziel: Die Digitalisierung voranbringen. „Zunächst haben wir die Gründungsberatung in Anspruch genommen, dann ging es auch darum, wie wir uns aufstellen wollen. Die Frage war, welches skalierbare Geschäftsmodell sich eignet, weg von dem normalen Coaching. Wir wurden unterstützt bei der Monetarisierung unserer Angebote und natürlich entsprechend vernetzt.“ Außerdem bietet das Gründerzentrum die Räumlichkeiten für die verschiedenen Events des Startups. „Das Team hat unseren Laden damals mit seiner Unterstützung und den Veranstaltungen richtig mit nach vorne gebracht“, erinnert sich der Gründer. Und so scouten Florian und sein Team heute vom Hofer Land aus vielzählige E-Sport Talente in einem Umfang, der weltweit einzigartig ist.
E-Sport als Karrierechance
Was das Erkennen und Nutzen neuer Karrierechancen in der Welt des Zockens betrifft, scheiden sich gesellschaftlich trotz boomender Branche nach wie vor die Geister. Während beispielsweise ein paar Eltern schon bewusst in das professionelle Spiel ihres Nachwuchses investieren, zerbrechen sich die meisten noch den Kopf darüber, wieviel Medienzeit in Ordnung ist. Gibt es eine Altersgrenze für die Coachings der Talentschmiede? „Wir hatten schon alles dabei, vom 9-Jährigen bis zum 45-Jährigen. Dem Neunjährigen habe ich dann auch schon mal eine Stunde geschenkt, weil es mir dabei eher darum geht, den Geist weiterzutragen.“
Mit dem „Geist“ meint Florian die obersten Ziele von MINKZ: Die Digitalisierung in Deutschland vorantreiben, Klischees und gesellschaftliche Vorurteile abschaffen. „Indem wir auf essentielle Dinge Wert legen: gute Schul- und Studiennoten, geregelte Onlinezeiten, professionelles Verhalten, Athletik, Zuverlässigkeit und Respekt.“ Dafür gibt es das von Chrystian Poborczyk ausgearbeitete Elternkonzept. Der staatlich anerkannte Erzieher leitet die pädagogische Konzeption von MINZK.
Wieviel sollte mein Kind täglich zocken?
Weil Flo in einer viel jüngeren Ära des Videospiels aufwächst, kommt er manchmal nicht umhin, sich zu fragen, wie es gewesen wäre, hätte ihn jemand an die Hand genommen, um seine digitalen Interessen zu fördern. Damals war das noch undenkbar, eher das Gegenteil war der Fall. „Damit ihre Kids E-Sport-Profis werden, nehmen Eltern sie mittlerweile sogar von der Schule – mich hätte man damals zum Psychiater geschickt“, sagt er in einem früheren Interview für den Blog des Einstein 1. Und auch heute noch sehen die meisten Eltern nicht, dass die Freude ihrer Sprösslinge am Zocken – gezielt gefördert – zu beruflichem Erfolg in zukunftsträchtigen Bereichen führen kann. Sie haben Angst, etwas falsch zu machen, wollen pauschale Antworten auf die Frage danach, wieviel Medienzeit täglich gesund ist.
Nicht verbieten, sondern lenken ist die Devise (Florian Tinter, MINKZ)
Spannend sind hier die Ansätze von MINKZ. „Erst mal sollte man diese ganzen klugen Ratschläge zu Zeiten über Bord werfen. Nicht verbieten, sondern lenken ist die Devise. Dann kannst du die Leute auch ihr Potential entfalten lassen.“ Dazu gehöre, sich mit den Inhalten der Spiele zu beschäftigen, die das Kind mag. „So kann ich erkennen, welchen Charakter mein Kind hat, wofür es sich interessiert. Kinder, die gerne zocken, können wirken, als verlieren sie sich in der digitalen Welt. Dabei sind viele sehr kommunikativ. Dort liegen eben ihre Gemeinsamkeiten mit anderen. Deshalb sollte ich fragen: Wo will mein Kind hin? So kann ich Chancen aufzeigen. Vielleicht interessiert es sich für das Programmieren? Auch wir haben lauter gute Leute hier, die sich von klein auf, durch ihre Freude am Spiel, hier her entwickelt haben. E-Sport ist ja nur das Endprodukt verschiedener Bereiche: Programmierung, Marketing, Design, Videoaufbereitung und so weiter.“
Und so ist der Luftwaffenoffizier das beste Beispiel für einen Menschen, der Karriere mit der virtuellen Welt der Videospiele macht, ohne sich darin zu verlieren. Im Gegenteil: Der Familienvater schätzt die Dorfgemeinschaften im Hofer Land, den Zusammenhalt in den Orten, liebt Ausflüge in den Frankenwald. „Ich war schon viel unterwegs in meinem Leben. In Asien, Amerika, Europa – aber hier ist es schon besonders schön“, sagt er.
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