Die Klangmanufaktur der Hofer Symphoniker macht aus der Hofer Kulturmeile mit Freiheitshalle und Theater Hof nun ein Kulturdreieck. Das Gebäude fristete lange ein Schattendasein, verfiel fast zur Ruine. Nach Sanierung und Teilneubau erstrahlt es heute in neuem Glanz. Für die Leser von Stadt.Land.Hof öffnet Symphoniker-Intendantin Ingrid Schrader die Türen und führt uns hinter die Kulissen.
Da ist den Hofer Symphonikern ein Geniestreich gelungen: Ein historisches Gebäude an prominenter Stelle wurde vor dem weiteren Verfall bewahrt. Die Stadt Hof vor einem Schandfleck. Die Symphoniker selbst haben endlich neue Räume zum Proben und Musizieren – und das strategisch perfekt in unmittelbarer Nachbarschaft ihrer Wirkungsstätten Theater Hof und Freiheitshalle Hof. Das ist eine Win-Win-Win-Situation. Entsprechend groß ist die Freude der Hausherrin Ingrid Schrader.
Ein Haus, das jeder kennt. Und keiner.
Viele kennen das Gebäude. Allerdings nur vom Vorbeifahren. Es liegt städtebaulich markant an der Kulmbacherstraße, einer Haupteinfahrtsroute in Hof/Saale, und mitten im vielbesuchten Kulturareal.
Diese Nachbarschaft kann sich sehen lassen: Der Neubau des Theaters Hof (Kulmbacher Str. 5) gilt seit der Eröffnung 1994 als einer der schönsten Theater-Neubauten Deutschlands. 1995 erhielt er den Deutschen Architekturpreis. Der 2012 eröffnete Teilneubau der Hofer Freiheitshalle (Kulmbacher Str. 4), strotzt ebenfalls vor Selbstbewusstsein. Die geometrische Fassade strahlt in Tönen von Orange und Terrakotta. Das illuminierte blaue Dach leuchtet jeden Abend meilenweit und ruft: „Da bin ich!“
Und das Anwesen Kulmbacher Straße Nummer 1? Verfiel. Am Ende unrenovierbar. Um 1900 war es für die Eisenbahn gebaut worden. In den 1950er Jahren diente es als Polizeistation. Bis in die 90er nutzte die Israelitische Kultusgemeinde Hofs dann das Erdgeschoss. Die obere Etage war bis etwa 2005 noch bewohnt. Danach stand das Haus leer und verfiel zusehends, wie Ingrid Schrader berichtet.
Der Altbau: Wer will schon so ein Gebäude?
Wer will schon so ein Gebäude? Eingeklemmt zwischen den Eisenbahngleisen und der vielbefahrenen Straße, kein nennenswertes eigenes Grundstück drumherum. Ausgerechnet die Symphoniker wollten es! Intendantin Ingrid Schrader ist begeistert: „Die Lage ist genial! Wir haben hier jetzt eine Kultur-Trilogie. Der Orchestersaal des Theaters ist zwei Minuten weg. Unser Konzertsaal, also der Festsaal der Freiheitshalle, ist gegenüber. Wir haben Parkplätze um uns herum, den Bus vor der Tür und sogar einen Bahnhof. Alles ist fußläufig erreichbar. Hier können die vielfältigsten Synergien für die Orchester- und Jugendarbeit entstehen.“ So gesehen … Besser geht’s ja gar nicht!
„Wir brauchten Platz für alles, was laut ist.“ Ingrid Schrader, Intendantin Hofer Symphoniker.
Die Klangmanufaktur hat keine Nachbarn in Rufweite.
Die Hofer Symphoniker – immerhin das einzige Profiorchester Deutschlands mit eigener Musikschule – waren dringend auf der Suche nach neuen Räumen. „Die Klangmanufaktur hat eine Riesenbedeutung für uns. Es herrschte absolute Platznot. Wir brauchten Proberäume für Teile des Orchesters, für die Musikschule – und für die Kammermusik hatten wir noch gar keinen Ort“, erzählt die Intendantin.
Das neue Haus soll auch der soziale Mittelpunkt des Orchesterlebens werden. Bereits heute haben die Schlagzeuger, die Harfen- und Saxophon-Klassen sowie das Jugendsymphonieorchester Hof hier eine neue Heimat gefunden. Auch Registerproben, also Proben einzelner Instrumentengruppen des Sinfonieorchesters, und kleinere öffentliche Konzerte finden statt.
Der Rundgang zeigt den neuen Glanz nach Sanierung und Teilneubau
Für das Publikum zugänglich sind in erster Linie das Foyer und der kleine Konzertsaal. Barrierefrei ebenerdig gelegen, sind beide für eine Kapazität von 100 Besuchern ausgelegt. Doch das Erdgeschoss bietet auch eine Teeküche, Haustechnikraum, Behindertentoilette, Sanitärräume, Lager und einen Probenraum für 20 Musiker. Alles ist puristisch, hell und freundlich gestaltet. Die Farbgebung ist zurückhaltend mit viel Weiß, dem warmen Holzton des Konzertsaals, dem Hellgrau des Sichtbetons und dem dunklen Betonwerksteinboden der Flure. Viel Tageslicht fällt durch die Fenster, die in Foyer und Saal raumhoch sind.
Die Räume sind klimatisiert und für den Musikbetrieb akustisch ausgestattet. Selbst im Foyer könnte musiziert werden. Für die Akustik des Saals wurde ein Kompromiss geschlossen zwischen den Anforderungen des Probenbetriebs, bei dem es auf Schallschutz ankommt, und denen des Konzertbetriebs, bei dem Nachhall und klares Klangbild bis in die letzte Reihe wichtig sind. Im ersten Stock befinden sich zwei Räume für die Schlagzeuger. Unter dem Dach liegt ein charmanter Besprechungsraum. Frau Schrader zeigt Stadt.Land.Hof alles. Von der schallgedämmten Haustechnik bis zur Dachspitze.
Bauen für die Musik: Man mache aus einer Ruine eine Heimat für die Hofer Symphoniker
Doch aus diesem Anwesen einen Ort des Wohlklangs zu machen, das war durchaus eine Herausforderung. Das alte Bestandsgebäude konnten die Symphoniker der Stadt Hof abkaufen. Die Stadt half auch, umliegende Grundstückchen zu einer sinnvollen überbaubaren Fläche bis hin zum Bahngleis zusammenzufügen. Dies war nötig, damit um den Altbau herum ein Anbau für den Konzertsaal mit Foyer und Wirtschafträumen entstehen konnte.
„Der Entwurf ist genial konzipiert.“
Ingrid Schrader über die Arbeit der Architekten
Dann ging es an die Neugestaltung der Fläche. Besondere Herausforderungen ergaben sich durch Lage und Zuschnitt des Areals, durch die Vorgaben der Städtebauförderung und nicht zuletzt durch den Wunsch nach einer multifunktionalen Nutzung. Den Architekten-Wettbewerb konnte ein Team aus der Stadt Hof für sich entscheiden. Die Kreativen von DIE HALLE Architekten hatten einen Arbeitsweg von immerhin 250 Metern bis zur Baustelle. Die Intendantin ist nach wie vor begeistert vom Konzept, von der Nutzbarkeit der Räume und dem optimalen Einsatz der Mittel.
Kreative Kompetenz und Herzblut
Wie war es für die Hoferin Ingrid Schrader, dass ein Architekturbüro aus der Stadt Hof den überregionalen Wettbewerb gewonnen hat? „Ich habe mich sehr gefreut, mit Hofer Architekten zu arbeiten! Die Zusammenarbeit mit Herrn Böttig und Frau Buchta-Kost war dann auch durchgehend hervorragend. Nicht nur, was die Effizienz angeht. Auch in Geschmacksfragen hat es wunderbar gepasst.“
„Hier steckt viel Zeit und Herzblut drin. Aber für so eine großartige Chance ist keine Mühe zu viel.“
Ingrid Schrader hatte Spaß bei der Arbeit am Bauprojekt. Die Branche wechseln möchte sie dennoch nicht.
Die Orchester-Intendantin hat sich wie eine echte Häuslebauerin in die Materie eingearbeitet. Vier Jahre lang hat sie alle Schritte des Projekts vorangetrieben und mitgestaltet. Von der ersten Idee und Planung, über die Suche nach Partnern, die Abnahme aller Submissionen beim Architekten bis hin zur Auswahl des speziellen Akustikstoffs für die Vorhänge.
Architektur und Kultur: Ein durchdachtes Konzept
Ein persönliches Highlight am Bau kann Ingrid Schrader gar nicht nennen. Sie findet die durchdachte Gesamtgestaltung fabelhaft. Besonders pfiffig ist etwa der Kniff, der es ermöglichte, das kleine und etwas eigentümlich geschnittene Grundstück möglichst effizient für den Anbau zu nutzen: Die Architekten passten einen gerundeten Baukörper auf diese Fläche an, der einem Instrumentenkasten nachempfunden ist.
Die Kulmbacher Straße und die Bahngleise der Linie Hof-Bad Steben sind nah. Durch Schalldämmung und geschickte Raumaufteilung ist es gelungen, Außengeräusche im Inneren weitestgehend auszuschließen. Der multifunktionale Konzertsaal ist durch eine Trennwand mit einer Isolierung von 60 Dezibel unterteilbar. Das historische Bestandsgebäude sollte erhalten bleiben. Doch es wurde völlig entkernt und neugestaltet. Selbst die Treppe wurde in einen anderen, der Straße zugewandten Gebäudeteil verlegt. Mögliche Straßengeräusche stören im Treppenhaus schließlich am wenigsten.
Sanierungsprojekt: Ein Erfolg für die Stadtentwicklung
Voller Dankbarkeit ist Ingrid Schrader auch für alle, die beigetragen haben, dieses Projekt zu verwirklichen: Förderer, Mitarbeiter, regionale Stiftungen und Spender, Partner bei der Stadt, der Regierung von Oberfranken und anderen Behörden. Frau Schrader vergisst niemanden. Entscheidend allerdings war die Anschubfinanzierung durch die Hermann und Bertl Müller Stiftung aus Hof/Saale in der Frühphase des Projekts. Ausgestattet mit diesen 120.000 Euro Eigenkapital konnten die Symphoniker erst auf weitere Unterstützer zugehen und Förderungen beantragen.
„Es freut mich auch aus städtebaulicher Sicht, was hier gelungen ist.“
Ingrid Schrader – Intendantin, Stadträtin, Hoferin.
Ingrid Schrader kann nur Positives berichten: „Hier haben alle an einem Strang gezogen. Das war eine Freude!“ Nicht nur für sie als Intendantin, wie sie betont: „Auch als Hoferin und Stadträtin freut mich aus städtebaulicher Sicht, was hier gelungen ist.“
NEUGIERIG GEWORDEN?
Wer selbst einen Blick in die Klangmanufaktur werfen möchte, hat bei den öffentlichen Konzerten dazu Gelegenheit. „Die Termine stehen immer in der Zeitung“, rät Ingrid Schrader.
Zur Hofer Kulturnacht 2019 am 01. Juni präsentieren die Hofer Symphoniker ihr Digitalisierungsprojekt ‚Symotiv‘ in der Klangmanufaktur.
Am 29. und 30. Juni ist die Klangmanufaktur Teil der Architektouren 2019, der Architekturführungen der Bayerischen Architektenkammer.
Kulturareal mit Großstadtflair: Die Kulturmeile von Hof/Saale
Klangmanufaktur der Hofer Symphoniker
- Probenräume & Veranstaltungsraum (kleiner Konzertsaal)
- Eröffnung: Oktober 2018
- Architekten: DIE HALLE Architekten (Hof/Saale)
Freiheitshalle Hof
- Multifunktionales Veranstaltungsareal, bekannt durch Musikshows und TV-Produktionen wie „Wetten, dass…?“ mit Thomas Gottschalk
- Wiedereröffnung nach Umbau & Teilneubau: 2012
- Architekten: Architektengemeinschaft Seemüller, Stiefler, Seiler (Bamberg, Bayreuth)
- Eventräume: Großes Haus (6.100 Plätze), Festsaal (800 Plätze), Konferenzräume (bis 300 Plätze)
Theater Hof
- Viersparten-Landestheater (Musiktheater, Schauspiel, Ballett, Junges Theater)
- Eröffnung des Neubaus: 1994 (Deutscher Architekturpreis 1995)
- Architekten: Carlo Weber, Fritz Auer (Stuttgart, München)
- Zuschauerräume: Großes Haus (567 Plätze), Studio (99 Plätze), Kulturkantine
Alle Fotos Klangmanufaktur & Kulturmeile: Dagmar Müller, Hof, Frau Müllers Sicht der Dinge
Autorenbild: Dagmar Köhler, München