Saaleradweg: Ein Tag am Fluss

Die Saale ist seit jeher Lebensader der Region. Früher wurden mit ihrem Wasser Felder bewirtschaftet, sie war viel genutzer Transport- und Kommunikationsweg. Die Ufer von Flüssen waren auch immer schon begehrte Orte zum Wohnen, früher wie heute. Nicht von ungefähr hat die Stadtgeschichte Hofs am Ufer der Saale ihren Ursprung. Und nicht von ungefähr suchen Menschen noch heute die Nähe zum Wasser. Wer der Saale folgt, lernt Stadt und Landkreis Hof aus einer neuen Perspektive kennen. Wir haben die Saale einen Tag lang per Rad erkundet, von Schwarzenbach bis zum Auensee, und an ihren Ufern viel Idylle, Vielfalt und den ein oder anderen WOW-Effekt erlebt.

Erkunden einen Tag lang die Saale per Rad: Patrick Leitl und Pascal Bächer

Der Saaleradweg: Symbol der Wiedervereinigung

Der Saaleradweg, er gilt als einer der anspruchvollsten Radwege in Deutschland, feiert in diesem Jahr sein 25-jähriges Bestehen. Er verbindet auf mehr als 400 Kilometer Länge, von der Quelle im Fichtelgebirge bis zur Mündung in die Elbe in Sachsen-Anhalt, drei Bundesländer in Ost und West. Früher Grenzfluss am Eisernen Vorhang, ist die Saale und der Weg entlang des Flusses heute ein Symbol der Deutschen Einheit. Entstanden ist der Saaleradweg auf Initiative des früheren Hofer Oberbürgermeisters Dieter Döhla. Gemeinsam mit seinem damaligen Hauptamtsleiter Günter Bauer hatte er alle Kommunen entlang der Saale angeschrieben, um die Vision eines gemeinsamen Radweges vorzustellen. „Die Grenzöffnung bot uns eine völlig neue Situation. Das war eine einmalige Gelegenheit“, erzählt er rückblickend. „Wir haben dazu eine Veranstaltung in der Freiheitshallte gemacht. Die Resonanz war überwältigend. Der Festsaal war gestopft voll“, erinnert sich Döhla. Ab diesem Zeitpunkt war es ein Selbstläufer. Alle wollten diesen Radweg – von Bayern über Thüringen nach Sachsen-Anhalt, drei Bundesländer, verbunden durch die Saale und die Idee, sich nach 40 Jahren Teilung wieder näherzukommen und eine neue Verbindungen zu schaffen. Fünf Jahre nach der Grenzöffnung, 1994, wurde der Saaleradweg zum Start der Landesgartenschau in Hof offiziell eingeweiht.


In diesem Jahr feiert der Saaleradweg sein 25-jähriges Bestehen. Und so ist rund um den Weg allerlei geboten. Neben einer großen Jubiläumstour von der Quelle bis zur Mündung werden mehrtägige, geführte Touren angeboten, bei denen das Erlebnis Saale und die Städte an ihren Ufern im Mittelpunkt stehen.

Seitdem kann man von der Saalequelle am Großen Waldstein im Fichtelgebirge bis nach Barby in Sachsen-Anhalt radeln. Dort mündet der Fluss in die Elbe. Der Saaleradweg ist eine abwechslungsreiche Tour durch hügeliges, landschaftlich sehr reizvolles Gelände und mit einigen Anstiegen und Abfahrten auf asphaltierten, wenig befahrenen Straßen und in kurzen Teilabschnitten auch auf Kieswegen. Ob entspannter Tagesausflug mit der Familie, ausgedehnter Urlaub mit dem Rad oder als sportlicher Ausgleich nach der Arbeit – der Saaleradweg ist vielfältig. Auf der offiziellen Internetseite des Saaleradweges findet man Informationen zu Etappenabschnitten, Sehenswürdigkeiten und Ausflugstipps, zu Unterkünften und zur An- und Abreise sowie zum Radtransfer. www.saaleradweg.de

Etappenabschnitt 1: Von Schwarzenbach a. d. Saale nach Oberkotzau

Dieses Jahr feiert der Saaleradweg sein 25-jähriges Jubiläum mit einem bunten Programm. Wir kennen den Weg bisher nur vom Hörensagen. Es wird also Zeit für den Praxistest. Und so wollen wir den weiß-blau-gestreiften Wegweisern von Schwarzenbach an der Saale bis zum Auensee bei Joditz folgen. Laut Navigation sind das 26,5 Kilometer und rund zwei Stunden Fahrt. Theoretisch. Mit Kind und Kegel wird das freilich länger dauern. Und so haben wir uns vorgenommen, den ersten Teil bis Hof mit der Familie zurückzulegen. Den zweiten Teil bis zur Fattigsmühle, der aufgrund der hügeligen Landschaft etwas beschwerlicher sein soll, werden wir zu zweit erradeln.

WOW-Effekt #1: Schwarzenbachs Altstadt und die Hertelsleite

Wir starten mit unseren Familien am Rathausparkplatz in Schwarzenbach an der Saale. Dort gibt es einen Info-Point mit Informationen zum Streckenverlauf und eine öffentlichte Toilette. Wer die Tour an anderer Stelle beginnt, sollte in Schwarzenbach einen Stopp einplanen, denn hier wartet gleich der erste Wow-Effekt. Die Altstadt von Schwarzenbach begeistert uns mit ihrer romantischen Postkartenidylle. Schwäne gleiten auf dem Wasser, am Rande des Flusses wachsen Pflanzen aller Art. Der Malerwinkel im Herzen der historischen Altstadt macht seinem Namen alle Ehre. In der Nähe befindet sich das Erika-Fuchs-Haus, Deutschlands einziges Museum für Comic und Sprachkunst. Es wurde zu Ehren der Übersetzerin der Donald-Duck-Hefte gebaut, die in Schwarzenbach lebte. Vom letzten Besuch waren unsere Kinder so begeistert, dass wir sie nur mit Mühe davon überzeugen können, heute von einem weiteren Besuch abzusehen. www.erika-fuchs-haus.de

Wir radeln weiter flussabwärts Richtung Oberkotzau. Nach wenigen Minuten kommen wir zum Ökopark Hertelsleite. Den Park gibt es seit über hundert Jahren. Im Jahr 1996 wurde ein Förderverein gegründet, der ihn mit viel Eigenleistung zum Ökopark aufwertete. Im Fokus steht der Erhalt von Pflanzen- und Tierarten an der Saale. Wir begehen den Naturerlebnispfad in diesem wunderbaren Landstrich. Besonders das Insektenhotel hat es unseren Kindern angetan. Neben dem hohen Naherholungs- und Freizeitwert werden Umweltbildungstage, zum Beispiel für Kindergärten, oder Vorträge und Kurse angeboten. www.oekopark-hertelsleite.de

Wir fahren weiter auf dem leicht befahrbaren und ebenen Weg über Fattigau nach Oberkotzau. Dort erwartet uns der nächste Wow-Effekt.

WOW-Effekt #2: Summa- und Fernwehpark in Oberkotzau

Der Summa-Park liegt etwa 500 Meter abseits des Radweges in Oberkotzau. Entstanden ist der Park in fast zehnjähriger Bauzeit auf einer Industriebrache der ehemaligen Färberei Lorenz Summa. An deren Stelle befindet sich seit 2018 ein großzügiges und idyllisches Freizeitgelände mit Wohnmobilstellplatz, Sonneninsel, Beachvolleyball-Feld, Boule-Bahn, Barfußpfad und Spielplatz. Ein besonderes Highlight auf dem weitläufigen Gelände ist der Fernwehpark. Nach dem Vorbild des Sign-Post-Forest in Kanada hat der Hofer Filmemacher Klaus Beer den Park 1999 als deutsches Pendant als Zeichen der Völkerverständigung gegründet. Ursprünglich in Hof entstanden, ist das Friedensprojekt mittlerweile nach Oberkotzau umgezogen. Hier finden sich Ortsschilder aus aller Welt. Außerdem strahlen uns einige bekannte Gesichter aus Funk und Fernsehen an, die mit ihrem Gruß ein Zeichen für den Frieden setzen. Die rund 4.000 Schilder sind an Pfählen befestigt und im Halbkreis in Form eines Amphitheaters angeordnet. www.fernweh-park.de

In ruhiger Lage und trotzdem zentrumsnah wurde 2015 der Wohnmobilstellplatz im Park eröffnet. Er bietet Platz für neun Wohnmobile mit bis zu zwölf Meter Länge. Der Platz ist beleuchtet und bietet an Infrastruktur alles, was man braucht. Das Servicegebäude ist mit Dusche, WC, Waschmaschine und Trockner ausgestattet. Die Kosten liegen bei 12 Euro pro Nacht. Hunde sind erlaubt. www.oberkotzau.de

Etappenabschnitt 2: Von Oberkotzau nach Hof

Wir sind unterwegs in Richtung Hof, vorbei an Moschendorf und dem neuen Kulturzentrum an der alten Filzfabrik. Einen Abstecher zum nahegelegenen Untreusee auf dem Weg nach Hof lassen wir heute aus, obwohl das eine willkommene Abkühlung gewesen wäre. Kurz hinter dem Hofer Freibad kommt man am Naturfreundehaus vorbei. Dort treffen wir Karl Schmalz, die gute Seele des ehemaligen Bootshauses und langjährigen Vorstand der Hofer Naturfreunde. Wenn einer die Saale kennt, dann er. 1950, im Alter von zehn Jahren, ist er dem Umweltverband beigetreten. In den 70ern wollte Schmalz eine Kanugruppe aufbauen. Das hat ihm einiges an Überzeugungsarbeit gekostet. Auf der Saale Kanu fahren war für die Altvorderen des Vereins damals unvorstellbar. Schmalz setzte sich letztlich durch und leitete die neue Gruppe 25 Jahre lang. Er verbrachte seitdem unzählige Stunden auf der Saale. Noch heute, mit bald 80 Jahren, setzt er sich ins Kanu. Die Kanugruppe der Naturfreunde trifft sich jeden Mittwoch um 18.00 Uhr zum Training. Interessierte sind herzlich eingeladen. Die Gruppe macht häufig auch Wochenend- und Urlaubsfahrten mit dem Kanu. Mehr Infos gibt es unter www.naturfreunde-hof.de. Hier finden sich auch genaue Flussbeschreibungen für Kanufahrer zum Download. Neben den Naturfreunden gibt es weitere Anbieter für geführte Touren oder Verleihstationen für Kanus.

Die Saaleauen – Hofs grüne Lunge

Längst vergangen sind die Zeiten, in denen die Saale im Zuge der Industrialisierung als besserer Abwasserkanal dienen musste und die Menschen sich von ihr abwandten. Heute ist die Saale wieder Anziehungspunkt. Das lässt sich am besten in den Saaleauen mitten in Hof erleben. 1994 befand sich hier der Eingang zur Landesgartenschau, in deren Rahmen das Gelände grundlegend umgestaltet wurde. Seitdem rückt die Saale als beliebtes innerstädtisches Naherholungsgebiet und Erlebnisort immer weiter ins Bewusstsein der Hofer Bevölkerung. Hier treffen sich Eltern, Sportler, Kollegen oder einfach nur Ruhesuchende. Seit ein paar Jahren befindet sich ein Studentenwohnheim am Ufer. Direkt daneben hat der Verein awalla Freiraum geschaffen für Kultur, Begegnung und Events. Während wir uns auf einer der zahlreichen Sitzbänke niederlassen, nehmen unsere Kinder derweil den neu gestalteten Spielplatz in Beschlag.

WOW-Effekt #3: Das Saaleauenfest

Ein besonderes Highlight ist das Saaleauenfest, das traditionell Mitte August, dieses Jahr am 10. und 11. August stattfindet. Es lockt tausende Besucher an die Uferpromenade unterhalb der Hofer Altstadt. Strand, Beachbar, Live-Musik, allerlei Spezialitäten und die besondere Illumination machen das mehrtägige Fest zu einem besonderen Event.

Wohnen an der Saale

Viele Hofer haben die Saale nicht nur als Ort der Erholung wieder entdeckt, sondern auch als exklusiven Ort zum Wohnen. Sanierter Wohnraum am Wasser, dazu mitten in der Stadt, ist begehrt. Man ist in kürzester Zeit in der Altstadt, hat aber gleichzeitig Hofs grüne Lunge vor der Haustür und ist mit dem Fahrrad schnell überall. Seit einigen Jahren sind die Saaleauen als Sanierungsgebiet ausgewiesen. Mehrere Neu- und Sanierungsprojekte wurden seither realisiert.

Etappenabschnitt 3: Von Hof zur Fattigsmühle

Unsere anfängliche Entscheidung, den Radweg ab hier zu zweit zurückzulegen, sollte sich als richtig erweisen. Nicht nur, weil unsere Kinder jetzt doch etwas müde sind, sondern auch, weil sich der nun folgende Streckenabschnitt tatsächlich als anspruchsvoller erweisen sollte.

Weiter geht es Richtung Unterkotzau. Beim Verlassen des Hofer Stadtteils erhalten wir einen Panoramablick, der seinesgleichen sucht. Die Saale schlängelt sich durch die Landschaft, die von Wald, Wiesen und Feldern geprägt wird. Innerlich kommen wir sofort zur Ruhe. Natur pur. Das trifft auch auf den Radweg zu. Anders als beim Abschnitt zuvor geht es nun teilweise über Stock und Stein, Berg auf und ab, über Feld- und Waldwege. Bis zur Gaststätte in der Fattigsmühle wird es ein eher sportlicher Ritt.

WOW-Effekt #4: Die Fattigsmühle

Am Ende unserer Tour steht ein Ausflugsziel, das alle Mühen wert ist. Die malerische Mühle aus dem 17. Jahrhundert beherbergt einen der schönsten Biergärten in Oberfranken. Umrahmt von Saale, Fachwerkmühle und majestätisch im Laubwald emporragendem Diabasfelsen, lassen wir uns auf einer der Bänke nieder. Unsere Familien warten bereits auf uns, nachdem sie mit dem Auto ab Hof vorgefahren sind. Unsere Kinder spielen am Mühlenbrunnen und dem dazugehörigen Sautrog. Wir gönnen uns fränkische Spezialitäten und ein kühles Bier. Traumhaft ist es hier im Schatten des großen Sonnensegels über dem Biergarten.

Nach dem ausgedehnten Mittagessen machen wir noch einen Abstecher zum Auensee in der Nähe von Joditz. „Der Fluß ist das Schönste, wenigstens das Längste von Joditz, und läuft um dasselbe an einer Berghöhe vorüber“, schrieb einst Jean Paul über den kleinen Ortsteil der Gemeinde Köditz, wo er einen Großteil seiner Kindheit verbrachte. Heute gibt es hier ein kleines Museum über das Leben des erfolgreichen Autors „mit all seinen Schrullen und seiner Liebe zum Bier“. Neben den Erstausgaben seiner Werke und einiger Zeitgenossen erhalten Besucher Eindrücke des früheren Lebens in Joditz. Geöffnet ist das Museum nach Vereinbarung. www.jean-paul-museum.de

WOW-Effekt #4: Der Auensee

Der See selbst entpuppt sich als perfektes Ausflugsziel für Familien. Das Wasser ist sauber und weil es nicht tief ist, kann man bis auf den Grund sehen. In einer 72-Stunden-Aktion der Landjugend Zedtwitz wurde aus dem früheren kleinen Spielplatz ein Abenteuergelände samt Piratenschiff, Anlegehafen und Floß zur kleinen Insel inmitten des Sees. Außerdem gibt es eine Grillstelle, einen ein Beachvolleyballplatz und eine Gaststätte. Wer möchte, kann direkt am See sein Zelt aufschlagen. Mehr Erholung geht nicht. www.auensee-camping.de

Unsere Fahrräder kommen jetzt ins Auto, die Füße dafür ins kalte Wasser. Für uns der perfekte Ausflugstag. Die Saale ist definitiv eine Reise wert. Gerade dann, wenn sie direkt vor der eigenen Haustür beginnt. Wir sind uns jedenfalls sicher: Den Saaleradweg sind wir heute nicht zum letzten Mal gefahren. Es bleiben ja noch ein paar Kilometer übrig.

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Patrick Leitl und Pascal Bächer