Einmal Narhalla, immer Narhalla. Bei Präsidentin, Beate Stock und ihrer Tochter, Julia Stock, herrscht spürbar ganzjährig Fasching im Herzen. Wie bei unzähligen anderen Vereinsmitgliedern geht ihr Engagement für das Hofer Land nämlich weit über das Wirken beim 1. Hofer KG Narhalla e.V. hinaus. Die große Frage, die in diesem Beitrag beantwortet wird, lautet deshalb: Was treibt man bei der Narhalla Hof eigentlich das ganze Jahr?
Ihre Katze heißt Freddy, obwohl sie ein Mädchen ist. Benannt wurde der Stubentiger von Julia Stocks 7-jähriger Tochter, die eine Zeit lang der größte Fan des Hofer Volksfestwirts, Freddy Lonke, war. „Weil unser Tierarzt zunächst davon ausging, dass wir ein Männchen haben, als man es noch nicht so gut sehen konnte“, erklärt Julia Stock schmunzelnd, als ich mich am großen Küchentisch der Familie Stock in Hof niederlasse. „Eigentlich wäre es eine Gisi geworden“, fügt ihre Mutter Beate lachend hinzu. Noch bevor ich mich richtig gesetzt habe, wird klar: Die Menschen, die hier im Drei-Generationen-Haushalt leben, sind tief mit ihrer Heimat, den regionalen Festen und dem Hofer Brauchtum verwurzelt. Auch außerhalb der Faschingszeit.
Vereinstätigkeit in der dritten Generation
Beate, 59 Jahre alt, die ihr Vorstandsamt bei der Karnevalsgesellschaft bereits seit 20 Jahren innehat, kann man getrost als gute Seele des Vereins bezeichnen. Eine tatkräftige Frau, die über allem schwebt. Sich in jeder Ecke auskennt, wirbt, kommuniziert, organisiert. Und das alles neben unzähligen Büttenreden, Tänzen als „Schneggla“ und angesehenen Ämtern, wie dem des Prinzenpaares, das sie mit ihrem Mann Roland bereits übernommen hat. Oder sollte man sagen, dass sie all das noch neben ihrem Beruf leistet? „Bis vor ein paar Monaten habe ich auch noch meine Mutter gepflegt, da waren wir sogar ein 4-Generationen-Haushalt“, berichtet die Präsidentin. „Irgendwie ging es immer!“ Gestresst wirkt sie dabei kein bisschen. Dafür überglücklich, ihrem Leben einen solchen Sinn gegeben zu haben.
Tochter Julia, meine frühere Tanzkameradin, tritt ganz offensichtlich in ihre Fußstapfen. Seit 30 Jahren ist die 35-Jährige bereits begeistert dabei. Brachte sich als Tänzerin ein, schulte als Gardetrainerin, sorgte für Lacher als Büttenrednerin, macht ebenfalls Stimmung als Narhalla „Schneggla“. Und auch ihre siebenjährige Tochter erobert schon jetzt Bühnen wie auch Herzen. Im Hofer Land, aber auch über die Region hinaus. Das sind eben die lebenslangen Fähigkeiten, die man als Kind bei der Narhalla Hof ganz nebenbei lernt: Selbstbewusstsein, Bühnenpräsenz und Teamgeist. „Die Vereinstätigkeit bereichert dein Sozialleben“, schwärmt Julia. „Schon allein für meinen Beruf hat sie mir so viel gebracht.“ Das finge da an, wo man vor Menschen sprechen soll und höre beim Kontakt zu Personen des öffentlichen Lebens auf.
Vereinsliebe durch alle Gesellschaftsschichten
Nicht zu unterschätzen ist nämlich das große Netzwerk, mit dem die Karnevalsgesellschaft verflochten ist. Und das besteht auch außerhalb der fünften Jahreszeit. Der Verein ist eng befreundet mit Menschen aus Politik und Geschäftswelt. Auf diese trifft man ganzjährig, mit ihnen arbeitet man zusammen. Diese Treffen, egal ob mit Bundestagsabgeordneten, Polizeibeamten oder Führungskräften, finden auf einer nicht vergleichbaren, exklusiven Ebene statt. Hier herrscht Verbindlichkeit in entspannter Atmosphäre. „Ich kann mich noch gut erinnern, als Barbara Stamm bei winterlichem Wetter 2010 unsere Prunksitzung besuchte und bibbernd als erstes nach der Toilette fragte“, erinnert sich Beate. Die damalige Präsidentin des Bayerischen Landtags habe man noch am selben Abend spontan zum „Ehrenschneggla“ gemacht.
Seit 1958 gibt es den 1. Hofer KG Narhalla e.V. schon. Damals war es noch ungewöhnlich, einer Karnevalsgesellschaft anzugehören. Die Gründer und ersten Amtsinhaber waren alle männlich, während der Kopf des Vereins heute aus gebündelter weiblicher Kraft besteht: Beate Stock, als Präsidentin, unterstützt von der zweiten Vorstandsvorsitzenden, Elisabeth Bode. Hinzu kommen Schatzmeisterin, Jutta Jahn, sowie Protokollchefin, Heike Plötner und Jugendleiterin, Tanja Gebhardt. „Das hätten sich die Herren bei der Gründung vermutlich nicht vorstellen können“, grinst die Präsidentin.
Gefeiert wird ganzjährig
Hinter der Organisation der Veranstaltungen steht allerdings eine riesiges Team an freiwilligen Helfern und Helferinnen. Da wären Elferrat und Elfenrat sowie fleißige Eltern, die ganzjährig bei den Festen mitwirken. Aktiv ist der Helferkreis nämlich auch bei Veranstaltungen außerhalb des Faschings, wo man unter anderem bei der Bewirtung anpackt. Julia Stock schwärmt vom Hofer Bürgerfest, Beate vom Absolvinatoranstich in der Meinels Tenne. Beide sind sich einig: Die Zusammenarbeit mit regionalen Institutionen und Personen, wie der Max Metzgerei, den Meinel Schwestern, den Volksfestwirten, Heimatforscher Adrian Roßner oder dem awalla e.V. ist unbezahlbar.
Ich möchte wissen, wie es um die Bereitschaft der Menschen steht, so ein teils zeitaufwändiges Ehrenamt zu übernehmen. Viele Vereine klagen über abnehmende Aktivität. In einer Zeit, in der weniger Frauen Vollzeit arbeiteten, dürfte all das einfacher gewesen sein. „Klar ist es nicht immer leicht, den Nachwuchs heranzuziehen, wenn das Engagement abnimmt“, gibt Julia zu. „Manchmal verstehen Eltern den Verein zunächst als eine Art Kinderbetreuung.“ Doch Beate ergänzt: „Allerdings, wenn sie nur einmal aktiv bei einem schönen Fest mitgewirkt haben, wenn du sie begeistern konntest, dann bleiben sie meistens auch treu.“ Einmal Narhalla, immer Narhalla eben.
Gegenseitige Inspiration statt Konkurrenz
Die Treue zum eigenen Karnevalsvereine bedeutet jedoch nicht, dass man die Nachbarvereine nicht wertschätze. Trotz Konkurrenz auf den jährlichen Turnieren initiiert Beate kurz nach Amtsamtritt regelmäßige Treffen zum Austausch und gegenseitige Besuche auf den Prunksitzungen. „Wir haben inzwischen sogar ein regelmäßiges Präsidentinnentreffen“, freut sie sich.
Einige Highlights stehen hier sogar in direktem Zusammenhang mit der Wiedervereinigung. „Kurz nach der Grenzöffnung fingen wir an, nach Glauchau auf die Prunksitzung zu fahren. Die Stimmung dort war unglaublich“, erinnert sich Beate. Auch Julia durfte schon mehrmals als Gast auf der sächsischen Bühne stehen. „Das Publikum ist komplett ausgerastet, wenn wir eingelaufen sind“, erzählt sie mit leuchtenden Augen. „Und spätestens, wenn wir Sprungspagat gemacht haben, war es ganz vorbei.“ Daran kann auch ich mich noch gut erinnern. Dass im Osten besonders ausgelassen gefeiert wurde war unter den Vereinsmitgliedern allgemein bekannt. Ähnlich verhält es sich mit dem Faschingsumzug in Plauen, wie Beate berichtet. „Das war so imposant, als wir dort zum ersten Mal waren und es ist heute noch so. Dort sind tausende, feiernde Menschen! Und als Partnerstadt ist da einfach eine große Verbundenheit da.“
Kritik, aber stilvoll
Bei so viel Nächstenliebe und Zusammenhalt muss ich es jetzt aber doch noch wissen: Versteht sich das hoferische Narrentum überhaupt noch als Opposition zu den herrschenden Obrigkeiten? Wie wichtig ist Kritik? „Sehr wichtig“, sagt Julia, „es ist schließlich die Möglichkeit, auch einmal etwas loszuwerden.“ Jedoch solle dies nicht das Hauptthema sein. „Eine politische Bütt muss mit einem gewissen Niveau vorgetragen werden und man muss das schon können, sonst wird es schnell lächerlich. Adrian Roßner hat das zum Beispiel drauf.“ Und ihre Mutter erläutert: „Kritisiert wird vor allem bei der Inthronisation, wo aktuelle Themen aufgegriffen und dazu passende Spiele für die Obrigkeiten entwickelt werden.“
Bissig ist man bei den Veranstaltungen jedenfalls nicht. Stattdessen werden die Menschen mit Humor und Fröhlichkeit aus ihrem Alltagstrott herausgeholt. Und das weiß jeder, der schon einmal eine Veranstaltung der Narhalla Hof erleben durfte oder die leuchtenden Augen von begeisterten Aktiven, wie Beate und Julia Stock, sehen konnte.
In diesem Sinne: Hof Helau!