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#meinstadtlandhof: 10 Fragen an Wärschtlamo Marcus Traub

Für die einen ist es das Essen, für andere die Landschaft, für andere wiederum sind es Traditionen, Familie, die Art zu leben. Was verkörpert diese Region, warum kehren so viele Ausgewanderte zurück, warum waren manche nie weg? Und was macht diesen Flecken Erde so besonders? Wir haben Antworten gefunden. In einer 12-teiligen Serie erzählen uns spannende Persönlichkeiten aus stadtlandhof, was sie mit ihrer (neuen) Heimat verbinden. #meinstadtlandhof – Teil 5 mit Wärschtlamo Marcus Traub aus Hof.

#1

stadtlandhof: Marcus, wo bist Du geboren, wo wohnst Du?

Marcus Traub: Ich bin ein echter Hofer, geboren in Hof und ich wohne auch – wieder – in Hof. Zwischenzeitlich bin ich etwas herumgekommen. Ich war Ende der Achtziger, Anfang der Neunziger bei der Bundeswehr, erst in Essen, dann in der Nähe von Hamburg und in Kaiserslautern. Danach habe ich in Regensburg mein Fachabi nachgeholt und wollte eigentlich in die Beamtenlaufbahn einsteigen. Daraus wurde aber nichts. Ich bin dann zurück nach Hof und in die Firma meines Schwiegervaters eingestiegen. Nach zwei Jahren wollte ich was anderes machen und hab von heute auf morgen ein Wirtshaus aufgemacht. Ich habe Hof aber immer die Treue gehalten und hatte auch während der Bundeswehrzeit immer meine Wohnung in Hof. Mit 35, 2004, habe ich meine Berufung gefunden. Seitdem bin ich Wärschtlamo. Ich bin als Kind mit dem Wärschtlamo aufgewachsen und jetzt bin ich selber einer. Der Kreis hat sich geschlossen.

#2

stadtlandhof: Was sollte man in stadtlandhof auf jeden Fall gemacht oder gesehen haben?

Marcus Traub: Ich laufe relativ viel. Meine Stammstrecken sind der Untreusee und der Theresienstein. Der See in unmittelbarer Nähe zur Stadt ist schon etwas besonderes, das ich sehr schätze. Und so ein großer Park wie der Theresienstein mit Botanischem Garten und Zoo ist für eine Stadt in der Größe von Hof sicherlich auch nicht üblich. In dieser Hinsicht sind wir Hofer priveligiert. Diese beiden Orte sollte man auf jeden Fall gesehen haben.

Naja, und Hof ohne na Wärschtlamo? Undenkbar.

#3

stadtlandhof: Marcus, Du triffst als Wärschtlamo Gott und die Welt. Du kennst die Hofer. Mit welchen Schlagworten würdest Du die Menschen in stadtlandhof beschreiben?

Marcus Traub: Hart aber herzlich. Das ist das gängige Klischee, stimmt aber auch. Es dauert eine Zeit, bis man den Hofer erreicht, aber wenn man ihn hat, dann hat man ihn für lange. Während andere Landsmannschaften auf den Tisch hauen, schaut der Hofer erst einmal und wartet ab. Die Leute sind zurückhaltend und preschen nicht so vor.

Und die Hofer sind sehr kritisch, vor allem sich selbst und ihrer Stadt gegenüber. Insgeheim sind sie aber alle sehr stolz auf ihre Region. Ich bekomme ich ja viel mit den ganzen Tag. Sie müssen einmal einen echten Hofer erleben, der Gäste durch die Stadt führt. Der preist alles an, als ob es seins wäre.

 

Ich bin als Kind mit dem Wärschtlamo aufgewachsen. Jetzt bin ich selber einer. Der Kreis hat sich geschlossen.

Marcus Traub

 

#4

stadtlandhof: Jede Region hat ihre Eigenheiten. In welcher Hinsicht ist stadtlandhof einzigartig für Dich?

Marcus Traub: Klimatisch. Die Jahreszeiten sind bei uns sehr ausgeprägt. Ich stehe das ganze Jahr hier draußen und bekomme das Wetter ja hautnah mit. Die wiederkehrenden Jahreszeiten kann man hier sehr intensiv erleben.

Und kulinarisch. Dafür sind wir ja mittlerweile überregional bekannt. Die Wurst, das Bier, die Brotvielfalt. Darin sind wir weltmeisterlich.

#5

stadtlandhof: Was vermisst Du am meisten, wenn Du länger nicht zu Hause bist?

Marcus Traub: Das Brot und die Wurst. Auch ein Klischee, aber es ist so. Wir sind kulinarisch verwöhnt hier, das muss man sich auch immer wieder bewusst machen. Es gibt Wurst- und Brotsorten, die es nirgendwo sonst gibt, in handwerklicher Qualität und zu vergleichsweise günstigen Preisen. Das hat Heimwehpotenzial. Ich bin ja als Wärschtlamo auch immer mal wieder überregional unterwegs, zum Beispiel bei privaten Events, als Caterer für hiesige Firmen bei Messen oder als kulinarischer Botschafter bei Veranstaltungen in München, Berlin oder auch im Ausland. Meine Brötchen kaufe ich immer frisch direkt vor Ort ein. Und dann geht´s halt immer los, die Suche nach den passenden Brötchen. Da ist von der Aufbackware bis zum Bäckerbrötchen alles dabei. Aber die Auswahl und die Qualität, die wir hier haben, das ist unerreicht.

Der Wärschtlamo ist ein Stück Kulturgut in Hof und aus dem Stadtbild nicht wegzudenken. Die Tradition der Würstchenverkäufer in der Hofer Altstadt mit ihren heißen Kesseln und dem Breedlakorb ist mehr als 150 Jahre alt. Im Sommer 2013 haben Tim Tauwald und Andi Rödel alias deeroctopus aus Oberkotzau das Netz mit „Call me Wärschtlamo“ erobert, einer humorvollen Hommage an den Wärschtlamo.

#6

stadtlandhof: Was zeigst Du Freunden, die bei Dir zu Besuch sind?

Marcus Traub:  Mödlareuth. Was dort gezeigt und erlebbar gemacht wird ist Weltgeschichte und es tut gut, wenn man sich immer mal wieder erdet. Ich bin 51, zur Grenzöffnung war ich bei der Bundeswehr. Ich habe das hautnah miterlebt. Auch als Kind habe ich die Grenze hautnah miterlebt. Als ich mein erstes Fahrrad hatte, bin ich rausgefahren an die Ullitz, mit meinem Moped bin ich zur Grenze an die Ullitz und als ich Autofahren durfte, sind wir auch rausgefahren. Die Grenze übte eine schauderhafte Faszination auf mich aus und keiner dachte damals, dass sich diese Grenze jemals öffnen würde. Die Selbstschussanlagen, der Todesstreifen, das muss man heute mal jemandem vermitteln. Es war absurd. Und die besondere Situation in Mödlareuth, die Grenze durch das kleine Dorf, das ist sicherlich einzigartig in Deutschland. In diesem Jahr feiert das Deutsch-Deutsche Museum 30 Jahre friedliche Revolution in der DDR. Ich denke, es lohnt sich, sich das anzuschauen.

#7

stadtlandhof: Welche Veranstaltung in stadtlandhof sollte man besucht haben, und warum?

Marcus Traub: Die Hofer Filmtage, den Schlappentag und das Hofer Volksfest. Der Schlappentag ist einfach ein Fest, dass es so nur in Hof gibt auf das auf eine lange Tradition zurückgeht. Das Bier ist stark und legendär. Jeder will nur eines trinken, meistens werden es mehr.

Bei der Organisation des Volksfestes bin ich selbst seit Jahren dabei, seit einiger Zeit als Geschäftsführer der Volksfestwirte. Es wird von Hofern für Hof organisiert, mit viel Herzblut und Engagement aus allen Bereichen der Stadt. Es ist schön zu sehen, wie dieses neue Konzept angenommen wird, wie die Hofer mitgehen und wie das Volksfest wieder zu einem festen Termin im Kalender vieler Hofer, Ehemaliger und Gäste geworden ist. Am Volksfest, do triffst fei alla.

Und die Hofer Filmtage sprechen für sich. Dieses Ereignis verwandelt die Stadt eine Woche lange in ein Filmzentrum. Seit jeher sind die Hofer Filmtage Sprungbrett für den jungen deutschen Film, seit langem aber auch Bühne für internationale junge Filmemacher. Heutige Stars und Größen wie Werner Fassbinder, Wim Wenders, Werner Herzog oder auch Peter Jackson, der Regisseur der Herr-der-Ringe-Trilogie, hatten ihre Anfänge in Hof. Dieses Filmfestival schafft eine besondere Atmosphäre in der Stadt und ist für alle Filmbegeisterten ein tolle Gelegenheit, Filme zu sehen, die nie mehr im Kino laufen werden oder lange bevor sie in die Kinos kommen. Und die Partys sind legendär.

Ich bin ja seit Jahren in der Gästebetreuung bei den Filmtagen als Fahrer dabei. Das ist ein spannender Job, weil man die Stars ganz privat erlebt. Seit zwei Jahren bin ich außerdem Vorstand im Förderverein der Hofer Filmtage und dadurch mit dem Festival eng verwachsen.

Neben seinem Beruf als Wärschtlamo engagiert sich Marcus Traub als Gästebetreuer bei den Hofer Filmtagen und im Förderverein der Hofer Filmtage. Außerdem ist er Geschäftsführer der Volksfestwirte, dem Organisationsteam des größten Volksfestes der Region. (Foto: Jochen Bake)

#8

stadtlandhof: Bitte vervollständige den Satz: stadtlandhof ist lebenswert, weil…

Marcus Traub: …die Region ursprünglich und echt ist, und das zu moderaten Preisen. Hier kann man sich ein gutes Leben leisten.

#9

stadtlandhof: Wir leben in einer Genussregion. Welches Gericht repräsentiert die Region aus Deiner Sicht am besten und welches ist Dein Lieblingsgericht?

Marcus Traub: Ich komme immer wieder darauf zurück: Oberfranken ist der Landstrich mit den meisten Bäckereien, Metzgereien und Brauereien. Und durch diese Vielfalt an verschiedenen Sorten und Rezepturen, kleinen aber feinen Unterschieden, haben sich auch verschiedene Geschmäcker und Vorlieben entwickelt. Die Leute haben ihren Stammmetzger für Weißwürste, gehen zum Fleischkaufen aber zu einem anderen. Die Leute sind sehr wählerisch in dieser Hinsicht und die Region geht schon durch den Magen. Insofern finde ich nicht, dass es ein typisches Gericht gibt, dass die Region repräsentiert. Es ist die Vielfalt, die Oberfranken auszeichnet. Ein bekanntes Anhängeschild und eine Spezialität ist aber sicherlich die Hofer Rindfleischwurst. Ich selbst esse gerne Kreenfleisch oder Rouladen.

Feinkost ist bei uns der Normalfall.

Marcus Traub

 

#10

stadtlandhof: Was möchtest Du sonst noch loswerden?

Marcus Traub: Leute, schaut über den Tellerrand, haltet Hof aber die Treue. Eine Stadt lebt von ihren Einwohnern.

wärschlamo

Die Hofer Wärschtlamänner

Der Wärschtlamo ist aus dem Hofer Stadtbild nicht wegzudenken. Seit über 150 Jahren gibt es diese Art des Straßenverkaufs und den Beruf des Wärschtlamo nur in der Saalestadt. In manchen Familien vererbte sich die Ausübung dieses Berufes von Generation zu Generation.

Ein findiger Hofer Metzger war es, der 1871 den Anstoß gab. Um seinen Würstchenabsatz anzukurbeln, lief er marktschreierisch durch die Straßen und pries mit den Worten „Haaß sensa – kalt wernsa“ („Heiß sind sie – kalt werden sie“) seine heißen Würstchen an. Ein eigens dafür entwickelter, mit Holzkohle befeuerter Messingkessel, in dem die Wärschtla im heißen Dampf bzw. im Wasserbad erhitzt werden und ein Breedlakorb (Brotkorb) sind noch heute die Grundausstattung eines jeden Wärschtlamo.

Die Wärschtlamänner – nur ganz selten sieht man mal eine Wärschtlafraa – haben angestammte Standorte in der Hofer Altstadt. Dort stehen sie bei jedem Wetter und zu jeder Jahreszeit und versorgen Bürger und Gäste mit heißer Ware. Zum Sortiment gehören Wiener, Debrecziner, Knacker, Weißwürste, Krakauer und Bauern. Zum Verzehr werden die Wärschtla ins Breedla (auch Laabla) geglubbt (geklemmt) und mit Senf bestrichen. Der Senf heißt in Hof Semft – das einzige Wort, das Franken mit hartem T sprechen.

Das typische „Wärschtlamo-Oziezeich“ (die Berufskleidung des Wärschtlamo) ist seit jeher eine wetterfeste, meist „lederna Jubbm“ (eine Lederjacke), darunter die „weisa Scherzn“ (weiße Schürze) und eine Kappe auf dem Kopf.

1887 gab es in Hof vier Wärschtlamänner. Die Zahl stieg auf zehn im Jahr 1896. Hochkonjunktur hatte dieser Beruf im Jahr 1929, als es 34 Wärschtlamänner gab. Heute ist es ein halbes Duzend.

Die Wärschtlamänner sind längst zum Anhängeschild der Stadt und zum Genussbotschafter der ganzen Region geworden. Ihnen zur Ehre wurde am Sonnenplatz ein Denkmal gesetzt.

4 Kommentare

  • Das war schön zu lesen, die hofer richtig beschrieben. Und ja wir haben viel gutes in und um hof gruss Regine

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  • Marcus hat alles trefflich beschrieben und auf die Besonderheiten unserer Region und Stadt hingewiesen.
    Auch wir haben aus beruflichen Gründen 35 Jahre in NRW gelebt und viel gesehen. Trotzdem sind wir vor 9 Jahren in unsere Heimat zurück gekommen. Wir wohnen jetzt in Wölbattendorf und genießen, wie von Marcus beschrieben, unser außergewöhnliches Zuhause.
    Ich kann auch immer wieder die Kritiker nur aufrufen, schaut euch unserer Stadt um. Ja, übt Kritik und macht Vorschläge was zu verbessern ist.
    Wir fühlen uns hier sauwohl und geben dieses Gefühl auch gerne an unsere Gäste und auch an Hofer weiter.

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  • Scheiß auf denn Kaufhof oder die Galerie, haubdsach´es gibt nuch ner Wärschdla-Moo !!!

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  • Iech kumm aus Hof, und wenn iech under der Wochng widder dord hiekumm, iss es einfach ein Muss, a poor Wiener vom Werschtlamo zer hulln

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Jörg Raithel

Jörg Raithel

Jörg Raithel, Jahrgang 1982, ist Elektrotechniker, Diplom-Sozialpadägoge, Marketingmanager (MBA) und Landwirt. Bis 2015 war er Geschäftsführer des Regionalmarketingvereins Wirtschaftsregion Hochfranken in Hof. Er lebt nach Stationen im In- und Ausland in seiner Heimatstadt Münchberg und schreibt freiberuflich für verschiedene Print- und Onlinemedien über die Themen regionale Wirtschaft, Tourismus und Regionalmarketing. info@6sensemedia.de