Wenn’s Frühling wird, gibt’s im Hofer Land eine Woche lang besonderen Filmgenuss: Das Central Kino in Hof präsentiert seine Selektion „SEHquenz – Woche des deutschen Films“. Hier zeigt sich wieder, dass Jessica Popp und Stefan Schmalfuß ihr Kino als Kulturauftrag verstehen. Stadt.Land.Hof-Autorin Dagmar Müller hat anlässlich der SEHquenz mit den beiden Kinomachern über ihr preisgekröntes Kinoprogramm zwischen Mainstream und Arthouse gesprochen und sich bei dieser Gelegenheit auch über die aktuelle Neugestaltung des Kinos informiert. Hereinspaziert und Vorhang auf für ein Kino, das sich immer wieder neu erfindet!
Eine Woche lang das Beste vom deutschen Film
„Seit Jahren ist die Woche der SEHquenz immer die erste schöne Frühlingswoche im Jahr.“ Jessica Popp
Der Frühling wird den Kinofreunden im Hofer Land immer durch eine ganz besondere Filmreihe eingeläutet: die „SEHquenz – Woche des deutschen Films“ im Hofer Central-Kino. Für diese erlesene Auswahl beobachtet Kino-Geschäftsführer Stefan Schmalfuß kontinuierlich das aktuelle Angebot an anspruchsvollen deutschsprachigen Arthouse-Filmen und stellt damit das Programm für eine Woche zusammen. Mit Wiederholungsterminen, wie bei einem Festival, und seit einiger Zeit – in Kooperation mit den Hofer Filmtagen – auch mit einigen Regisseuren vor Ort. Rund 15 bis 20 Filme laufen in der SEHquenz in Hof, die teils noch lange nicht regulär im Kino zu sehen sind. Der Oscar-Gewinner „Die Fälscher“ war so in Hof zu sehen und Doris Dörries Meisterwerk „Hanami“, ebenso wie im Jahr 2020 „Undine“ von Christian Petzold, wofür Paula Beer gerade erst den Silbernen Bären auf der Berlinale gewonnen hat, und viele cineastische Highlights mehr.
Filmreihe SEHquenz: Entstanden aus Liebe zum deutschen Film
„Seit ich meine Liebe zum deutschen Film entdeckt habe, möchte ich, dass auch Andere diese Filme sehen. Sonst versäumen sie doch etwas Wunderbares!“ Stefan Schmalfuß
Wie kam Stefan Schmalfuß auf die Idee zu dieser Filmreihe? „Ich habe da einen gewissen Missionierungsdrang“, gesteht der Kinochef, halb im Spaß, halb im Ernst. „Seit ich meine Liebe zum deutschen Film entdeckt habe, etwa bei der Berlinale, denke ich, dass auch Andere diese Filme sehen müssen. Sonst versäumen sie doch etwas Wunderbares.“ Zunächst sei dies gar nicht als dauerhafte Reihe gedacht gewesen, erzählt er. Doch inzwischen sind es rund 20 Jahre und es hat sich ein Stammpublikum entwickelt. Was die Qualität seiner ausgewählten Filme angeht, sieht sich Stefan Schmalfuß quasi von höherer Stelle bestätigt: „Oft ist es so, dass Filme, die im März bei uns in der SEHquenz zu sehen sind, kurz darauf auch den Deutschen Filmpreis erhalten.“ Irgendwas muss er bei seiner Auswahl also richtig machen.
Kino in Hof: Zwischen Business und Kulturauftrag
Doch Filmreihen wie die SEHquenz bleiben Liebhaberprojekte. Stefan Schmalfuß und seine Kollegin Jessica Popp, die das Kino in der Hofer Altstadt zusammen leiten, verschweigen nicht, dass eine gehörige Portion Idealismus zu so einer Programmgestaltung gehört: „Das Geld verdienen wir mit Mainstream und Family Entertainment. Das ist so.“ So eine Reihe anzubieten und zu bewerben, verursacht Kosten und blockiert Kinosäle für umsatzkräftigere Streifen. Dennoch empfinden die beiden, dass sie als Kinobetreiber auch einen Kulturauftrag haben, den sie mit einer geschickten Mischung aus Umsatzbringern und Nischen-Angeboten für Liebhaber realisieren. Sie sehen sich damit als Teil der vielfältigen Kulturszene des Hofer Landes. Dabei ist zu bedenken, dass sie hier nun einmal kein millionenstarkes Einzugsbiet haben wie die Programmkinos in großen Metropolen.
Filme für alle: Von Arthouse bis Mainstream
„Wir brauchen den Mainstream, um wirtschaftlich arbeiten zu können. Wenn ich könnte, würde ich am liebsten nur Arthouse zeigen.“ Kinomacher Stefan Schmalfuß
Ein reines Programmkino zu sein, das rechnet sich zu Stefan Schmalfuß‘ Bedauern für das Central Kino nicht. Doch er hat seinen Weg gefunden, dennoch ganzjährig ein anspruchsvolles Programm jenseits des Kassenschlager-Mainstreams anzubieten: Die SEHquenz ist nicht die einzige besondere Filmreihe, die im Central-Kino stattfindet. Es gibt zum Beispiel ganzjährig die Filmauslese mit Programmkino-Filmen sowie regelmäßige Vorführungen in englischer und französischer Originalsprache. Es gibt das Kinderfilmfest und – in Kooperation mit den Städten Hof und Plauen – auch die Deutsch-Deutschen Filmtage. Und natürlich ist ‚das Central‘ auch eines von zwei Hofer Kinos, die jährlich im Oktober die renommierten Internationalen Hofer Filmtage beherbergen. „In Hof findet das ganze Jahr anspruchvolles Kino statt, nicht nur während der einen Filmtage-Woche“, resümiert Stefan Schmalfuß. Im Moment tüfteln die beiden Kinomacher an Ideen für das junge und ganz junge Publikum, verraten sie.
Qualität aus dem Hofer Land: Preisgekröntes Kinoprogramm
„In Hof findet das ganze Jahr über anspruchsvolles Kino statt.“ Stefan Schmalfuß
Was für ein anspruchvolles und abwechslungsreiches Kinoprogramm in Hof geboten wird, fällt auch in der Branche auf. Seit vielen Jahren ist das Central-Kino ein Favorit für den Programm-Preis des Filmförderfonds Bayern. Kriterien wie Gesamtkonzept, Programmanteil deutscher Filme, europäischer Filme sowie Kinder- und Jugendfilme fließen in die Bewertung für diesen Preis ebenso ein wie die Einwohnerzahl der Ortes. Doch, dass das Central Kino aufgrund seiner kontinuierlichen Programmarbeit diese besondere Auszeichnung fast jedes Jahr erhält, ist im Hofer Land kaum bekannt. Stefan Schmalfuß ist zu bescheiden, um die Aufkleber mit dem offiziellen Qualitätssiegel an die Kinotür zu kleben: „Dass wir gut sind, sollen die Leute selbst entdecken. Das klebe ich mir nicht an die Tür.“
Am Puls der Zeit: Alles für das Publikum
Jessica Popp und Stefan Schmalfuß überlegen sich ständig etwas Neues, um nicht nur ihr Programm sondern auch das Kinoerlebnis für die Zuschauer weiterzuentwickeln. Bereits zur großen Digitalisierungswelle der Kinos waren sie ihrer Zeit voraus. „Wir haben damals so früh auf digitale Projektion gesetzt, dass die Filme noch nicht mal digital vorlagen. Doch dadurch waren wir unter den ersten 20 Leinwänden in Deutschland, die „Avatar“ in der digitalen 3D-Version zeigen konnten“, erinnert sich Stefan Schmalfuß. „Damals kamen die Gäste aus 100 Kilometer Umkreis, um bei uns ‚Avatar‘ zu sehen.“ Bei Bully Herbigs Film „Ballon“ ist das Central übrigens das Kino, das den deutschlandweiten Zuschauerrekord hält.
Vorbild Zoopalast: Auf dem Weg zur besonderen Kinoatmosphäre
Momentan laufen Schritt für Schritt Renovierungsarbeiten, die etwa im größten Saal und im oberen Foyer schon abgeschlossen sind. Am Ende soll die Erneuerung das gesamte Kino umfassen. Inspirierendes Vorbild ist dabei der legendäre Zoopalast in Berlin, der seit Kurzem in neuem Glanz erstrahlt. „Der Zoopalast ist für uns das Kino. Immer, wenn einer oder eine von uns in Berlin ist, gehen wir in den Zoopalast. Egal, welcher Film läuft! Einfach, weil man diese Atmosphäre erleben möchte. Kino muss wieder ein besonderes Erlebnis werden, um die Menschen anzulocken“, schwärmen die beiden.
„Kino soll wieder ein besonderes Erlebnis werden.“ Jessica Popp
Ein ähnliches Ziel verfolgen sie auch mit ihrem Kino in Hof. Das Leitbild der Modernisierungstätigkeiten: Weg vom bisherigen 90er-Jahre-Charme, hin zu einer besonderen, attraktiven Atmosphäre, die das Publikum zu Hause im Heimkino nicht findet. Dabei steht der Komfort für den Gast im Vordergrund. Konsequent wurde zum Beispiel im größten Saal, dem Kino 1, die Anzahl der Sitzplätze reduziert, Beinfreiheit und Abstand zum Nachbarn hingegen vergrößert. Es wurde darauf geachtet, dass kein Vordermann den Blick zur Leinwand stört, und sogar Relax-Sessel wurden eingebaut. Auch in Richtung Premium-Kinoerlebnis mit größerem Serviceangebot, wie es in den Metropolen Trend ist, möchte Stefan Schmalfuß das Central-Kino weiterentwickeln.
Ein schickes Kino für Hof
Die Bereiche, die bereits renoviert sind, sehen wirklich vielversprechend aus und verströmen bereits eine hochwertige, attraktive Lounge-Atmosphäre. Im Kino 1 können mithilfe eines neuen Beleuchtungssystems durch wechselnde Lichtfarben nun verschiedene Atmosphären und Raumwirkungen in den Saal gezaubert werden. Das obere Foyer wirkt mit seinem neuen Farblook in Goldbronze und Dunkelblau sehr edel und fast exklusiv. Jessica Popp hofft, dass das neue Design auch beim Publikum gut ankommt. Denn damit sich die Besucher in ihrem Kino wohlfühlen, wird das ja alles überhaupt erst gemacht. Stefan Schmalfuß ist sich bewusst: „Die Hofer sehen das Kino absolut als ihr Kino und identifizieren sich damit. Das ist schön zu sehen.“
Kino-Highlights im Central Kino Hof im Überblick*:
Ganzjährige Reihen:
- Filmauslese: Besondere Filme für Cineasten mit Anspruch. Jeden Sonntag und Montag.
- Cinéma Français: Französische Film-Reihe in Zusammenarbeit mit der Deutsch-Französischen Gesellschaft Hof e.V. (DFG-Hof). Vor dem Film lädt die DFG Hof zum Cidre-Empfang ein. (OmU = Originalfassung mit Untertitel)
- Originalfassungen: Eine Auswahl der Filme wird regelmäßig auch in der Originalfassung gezeigt, meist Filme in englischer Sprache.
- Ladies Kino: Ein Kinoabend nur für Damen, mit Prosecco und guter Laune. In Kooperation mit der Frankenpost.
- HoF-Filmtage-Rendezvous: Die Internationalen Hofer Filmtage zeigen ganzjährig alle 4-6 Wochen aktuelle Filmtage-Filme nochmals im Central Kino, mit Regisseuren und Festivalleiter vor Ort. Danach geht’s zusammen in die Kneipe, wie zu den Filmtagen.
Jährliche Festivals und Filmreihen:
- SEHquenz Woche des deutschen Films: Das Beste vom aktuellen deutschen Film. Jährlich im März. (Link zum Programm-Flyer 2020)
- Internationale Hofer Filmtage: Internationales Filmfestival mit Deutschlandpremieren. Seit 1967. Veranstaltet vom Verein Cine Center Hof e.V., durchgeführt in den Hofer Kinos Scala (Wörthstraße) und Central (Altstadt). Ende Oktober.
- Deutsch-Deutsche Filmtage: Filmfestival der Partnerstädte Hof und Plauen zu Themen der jüngsten deutschen Geschichte – deutsche Teilung, Mauerbau, Kalter Krieg, Friedliche Revolution, Grenzöffnung, Wiedervereinigung. Seit 2009. Immer im historischen Monat November.
- Kinderfilmfest: Großes Filmfest für die Kleinen. In Kooperation mit der kommunalen Jugendarbeit von Stadt Hof und Landkreis Hof. Seit 1990. Im Februar.
(*Durchgeführt zum Teil mit Kooperationspartnern.)
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