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Eine Lobby für Frauen im Hofer Land: Das Netzwerk Frauen.Stärken.Hof.

Die Doppelbelastung durch Erwerbs- und Sorgearbeit raubt Frauen häufig die Zeit, die sie bräuchten, um aktiv und sichtbar für die Durchsetzung ihrer Interessen zu kämpfen. Wie gut ist es da, dass man seine Lobby als Frau im Hofer Land quasi auf dem Silbertablett serivert bekommt?
Weil ich wissen wollte, wie genau das Netzwerk Frauen.Stärken.Hof. seinen Teilnehmerinnen im Hofer Land unter die Arme greift, habe ich die drei Stammtisch-Gründerinnen zum Interview getroffen. Dabei haben mir Dr. Katharina Bunzmann, Anne-Christine Habbel und Susanne Oppermann interessante Einblicke in ihre wertvolle, regionale Arbeit gegeben. Und nicht zuletzt kostbare Tipps.

Stärke. Damit assoziieren die meisten Menschen vermutlich: Kraft, Dominanz, Macht.
Worte, die man vor nicht allzu langer Zeit automatisch den Männern zugeschrieben hätte. Ach, wem mache ich was vor. Worte, die man heute noch vorrangig Männern zuschreibt. Doch stark zu sein bedeutet so viel mehr als das grobe Durchsetzen eigener Interessen. Sich sichtbar zu machen ist stark. Flexibel zu reagieren ist stark. Offen durch’s Leben zu gehen ist stark. Sich gut um sich zu kümmern – verdammt stark.

Innovativ und inspirierend: Besprechungsort Hochschule Hof

Als ich das Besprechungszimmer an der Hochschule Hof betrete, in dem das Interview stattfinden soll, gibt allein der Konferenztisch in dem technisch vollausgestatteten Raum einen Hinweis darauf, dass sich hier Frauen zum Meeting treffen. Warum? Weil es Frühstück gibt. Jemand hat belegte Brötchen und Kuchen mitgebracht, wozu ich nun herzlich eingeladen werde. Sich um andere kümmern. Auch sowas Starkes. Nichts, womit man reich wird, aber das ist ein anderes Thema.
Wobei. Eigentlich sind wir hier schon mitten drin in der Problematik, die berufliche Netzwerke, wie Frauen.Stärken.Hof. nötig macht. Aber lasst uns von vorne anfangen.

Erfolgreiche Netzwerkarbeit seit sieben Jahren

Sieben Jahre ist es schon her, dass Dr. Katharina Bunzmann (Beauftragte für Demografie, Senioren und Gleichstellung der Stadt Hof), Anne-Christine Habbel (Leiterin der Stabstelle Forschungsmarketing an der Hochschule Hof) und Susanne Oppermann (Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt der Agentur für Arbeit Bayreuth – Hof) beschlossen haben, dass es Zeit sei, ein Netzwerk, eine Lobby, für Frauen im Hofer Land zu schaffen.

„Ausgangspunkt war die Frage: Wie geben wir diesen Menschen, die schließlich die Hälfte der Bevölkerung ausmachen, eine Stimme?“, erinnert sich Susanne Oppermann. „Dabei war uns wichtig, alle Generationen, Nationalitäten, Professorinnen, Ungelernte – eben die ganze Bandbreite zu berücksichtigen. Jede ist ja anders gefordert.“ Und Habbel ergänzt: „Außerdem sollte es unabhängig sein. Nicht politisch, kein Verein, überkonfessionell. Einfach eine Initiative von Frauen mit Verantwortung, die gemeinsam an einen Tisch kommen und den Rückhalt ihrer Organisationen mitbringen.“

Also nutzen die drei Damen ihre Kontakte und berufen im Juli 2014 ein erstes Treffen ein. „Wir haben einfach gesagt, wir sehen mal, ob jemand kommt“, erinnert sich Dr. Bunzmann. Alle drei Damen sind damals noch unsicher, welche Resonanz die Einladung erzeugen wird. Doch die Rechnung geht auf: Insgesamt 31 Teilnehmerinnen finden sich an diesem ersten Abend zusammen.

Gigantische Sammlung beruflicher Kontakte, dank flexibler Stammtischtreffen

„Heute haben wir einen Verteiler mit rund 400 verschiedensten Frauen“, freut sich die Frauenbeauftragte der Stadt Hof. Bei den rund 30 Teilnehmerinnen pro Treffen ist es allerdings geblieben, denn der Stammtisch wird bewusst flexibel gestaltet:

„Es gibt keinen festen Wochentag, keine feste Uhrzeit. So wechselt sich das Publikum durch und ist immer bunt gemischt, weil jeder mal Zeit hat.“

Oh, mittwochs hat mein Sohn leider immer Fußball. Mist, um 18 Uhr arbeite ich noch. Ach schade, samstags ist Großeinkauf für die Familie angesagt. All diese Hürden wurden bei der Initiative im Vorfeld nicht nur mitgedacht, sondern auch ausgeräumt. Dass die drei Gründerinnen allesamt selbst auch Mütter sind und das komplette Vereinbarkeits-Game schon durchgespielt haben, merkt man an genau solchen Lösungen.

Am Ende geht es darum, dass die Teilnehmerin weiß, wen sie bei welchen Anliegen anrufen kann (Anne-Christine Habbel)

Die unverbindlichen, kostenlosen Treffen sind locker aber professionell. Das Vernetzen steht im Vordergrund, doch auch Freundschaften sind schon entstanden. Wie das eben in der männlichen Geschäftswelt auch ist, wenn man nach Feierabend noch ein Bierchen zusammen zischt. „Am Ende geht es darum, dass die Teilnehmerin weiß, wen sie bei welchen Anliegen anrufen kann“, erklärt Habbel und ihre Kollegin Bunzmann ergänzt: „Das Schöne ist ja, dass sich hier Berufliches mit Privatem vermischt. Da ergeben sich die Kontakte ganz von selbst.“

Thematisch gleicht kein Stammtischtreffen dem anderen. Mal gibt es einen spannenden Vortrag, mal ein Smalltalkseminar, mal nimmt man schnell einen Mittagssnack zusammen ein und bringt sich auf Stand. „Auch Betriebsbesichtigungen haben wir schon zusammen gemacht“, erzählt mir Susanne Oppermann. „Um Verständnis für verschiedene Berufsfelder zu erhalten, aber auch, um Bewusstsein für den Alltag von Unternehmerinnen zu schaffen.“

Bewusstsein schaffen. Auch das ist Ziel der Initiative. Eines, bei dem man weder Anfang noch Ende festmachen kann, denn es betrifft nicht nur alle Geschlechter, sondern auch jede Altersgruppe, Bildungsschicht, Arbeitgeberinnen wie Arbeitnehmer. Doch, wo setzt man da an? Hier kommen natürlich die beruflichen Positionen der Frauen ins Spiel. Und da bringt jede ihre eigene wertvolle Sichtweise mit.

Bundesagentur für Arbeit, Hochschule und Stadt Hof: Drei Frauen, drei Perspektiven

Dr. Katharina Bunzmann, Beauftragte für Demografie, Senioren und Gleichstellung, kennt die Struktur der Bevölkerung im Hofer Land und weiß damit auch über die Probleme der einzelnen Personengruppen Bescheid. Dass Frauen sich nach wie vor hauptsächlich um die Pflege der alternden Eltern kümmern, ist eines davon. „Gerade wenn ich mir den steigenden Seniorenanteil ansehe, kann ich sagen, dass da auch noch was auf uns zukommt“, erklärt sie. Hier seien Angebote für Senioren aber auch für pflegende Angehörige wichtig. Bildung, Beratung, Entlastung. Doch auch junge Mädchen bräuchten Rückenstärkung, um beruflich voran zu kommen. „Hier sehe ich den persönlichen Kontakt als besonders wirkungsvoll“, sagt sie und verweist auch auf das Angebot des internationalen Mädchen- und Frauenzentrum EJSA in Hof.

Anne-Christine Habbel arbeitet als Leiterin des Forschungsmarketings täglich auf dem Campus der Hochschule Hof. Sie hat nicht nur Einblicke in wichtige Studien, sondern nimmt auch aktiv Einfluss darauf, wie vielfältig die Führungskräfte von morgen sind. „Hochschulen sind Innovationstreiber“, sagt sie. Das sei bei der Wissenschaft genauso der Fall wie bei Frauenthemen. „Man weiß ja inzwischen auch, dass diverse Teams in ihren Ergebnissen besser sind, als reine Männer- oder Frauenteams. Das kann man zum Beispiel bei den DAX-Unternehmen sehen, dazu gibt es genug Zahlen.“ Mit dem Mentoring-Programm für Studentinnen oder als Jury-Mitglied bei der Verleihung des Unternehmerinnen-Awards Oberfranken seien nur zwei Beispiele genannt, bei denen die sie im Namen der Hochschule aktiv für weibliche Vorbilder sorgt.

Susanne Oppermann von der Agentur für Arbeit kennt sich nicht nur bestens mit der Vielfältigkeit von Lebensläufen aus, sondern hat auch die Führungskräfte von heute auf dem Schirm. Sie nennt ein paar Stichworte: „Gläserne Decke, Beförderungsauslese, Unterbrechungszeiten – ich finde es immens wichtig, auch im Personalbereich anzusetzen. Die Führungskräfte geht das Thema ja direkt an.“ Dem viel beklagten Fachkräftemangel könne man mit entsprechender Offenheit für alternative Arbeitsmodelle und Digitalisierung damit schließlich ebenfalls entgegenwirken. „Für eine Teilzeitausbildung braucht man inzwischen beispielsweise keine besonderen Voraussetzungen mehr. Das kann prinzipiell jeder machen. Für die Mutter, die mit 40 nicht mehr in ihren Beruf als Bäckereifachverkäuferin zurückkehren möchte, ist sowas eine Möglichkeit.“ Doch dazu gehöre eben auch ein entsprechendes Bewusstsein auf beiden Seiten des Arbeitsmarktes.
Und: Auch selbst zu gründen sei immer eine Alternative. Eine Sache, bei der Frauen immer noch vergleichsweise zögerlich seien.

Ohne die Männer geht es nicht

Apropos beide Seiten. Frauen zu stärken, damit diese sich trauen, in sich zu investieren, ist die eine Sache. Doch, wohin mit der Care-Arbeit, die sie früher in Vollzeit erledigt haben und nun für ihre eigene finanzielle Unabhängigkeit abgeben müssen? Wer könnte diese Verantwortung entgegennehmen? Welche Rolle spielen Männer bei Frauen.Stärken.Hof.?

„Frauenthemen sind immer auch Männerthemen“, stellt Susanne Oppermann fest. „Wenn wir etwas wollen, betrifft das automatisch auch die Männer. Wenn wir etwas verweigern, betrifft das auch die Männer. Wenn wir uns verbessern, verbessern sich die Männer automatisch mit.“ Und Dr. Bunzmann ergänzt: „Deshalb kann man ‚Frauen.Stärken.Hof.‘ ja auch doppeldeutig lesen. Zum einen stärkt das Netzwerk natürlich die Frauen in Hof. Zum anderen wird aber auch das Hofer Land durch uns Frauen gestärkt.“

(Ihr seid neugierig geworden und würdet auch gerne Teil des Netzwerks werden? Dann meldet Euch unverbindlich bei anne-christine.habbel@hof-university.de)

Was die Zukunft betrifft, sind sich die Damen deshalb in einer Sache einig: „Wir haben das jetzt sieben Jahre lang nur mit Frauenrunden gemacht und haben nun beschlossen, dass wir das etwas aufbrechen wollen, um uns auch in der Männerwelt sichtbarer zu machen. Das gehört schließlich auch dazu“, gibt Habbel einen Vorausblick. Regelmäßig Einladungen von Männern seien deshalb geplant.

Mut zur Veränderung

Strukturen aufbrechen, Mut machen, Alternativen bieten und Vorbilder sichtbar machen. All das und noch viel mehr will Frauen.Stärken.Hof. Wie die drei Damen hier mit mir an dem Konferenztisch sitzen, haben sie vor allem das letzte Ziel bei mir zu hundert Prozent erreicht. Zum Abschluss brennt mir deshalb noch eine letzte Frage unter den Nägeln: Welchen individuellen, alltagsnahen Tipp haben diese inspirierenden Macherinnen für ihre Mitstreiterinnen?

Frau Habbel antwortet mit einem Motto zuerst: „Trotzdem machen“, grinst sie. „Es gibt so viele Situationen, in denen man sich denkt, ‚Och nö, lieber nicht. Och nö, das könnte blöd rüberkommen‘. In solchen Situationen habe ich mir immer gedacht: Trotzdem machen.“

Oppermann empfiehlt einen optimistischen Blick auf das, was da kommt. „Neugierig zu sein ist wichtig. Denn Leben bedeutet Veränderung und ohne Neugier kommt man da nicht voran. Deshalb denke ich, man sollte aus der Vergangenheit lernen, aber immer wieder in seine Neugier investieren.“

Dr. Bunzmanns Tipp lässt sich als Fundament für das zuvor Gesagte interpretieren: „Frauen sollten mehr an sich glauben. Ich denke, die meisten Frauen wissen nämlich schon, dass sie intelligent sind. Nur geringschätzen sie die eigenen Fähigkeiten gern, vor allem im Vergleich zu anderen.“

Definitiv kein Kaffeeklatsch

Letzten Endes gefällt mir an dem Netzwerk am besten, dass es trotz entspannter Atmosphäre definitiv kein Kaffeeklatsch ist. Klar kann es hilfreich sein, sich über Kinder und Partnerschaft auszutauschen. Und sicher kommt das bei den Treffen genauso mal vor.
Doch steht dieses Sorgen um andere bei Frauen.Stärken.Hof nicht im Vordergrund. Bei Frauen.Stärken.Hof. ist es ausdrücklich erwünscht, dass Frauen an sich selbst denken. Der Mut dafür wird ihnen am Stammtisch zum Feierabendbier serviert.

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Frauen.Stärken.Hof - Hier geht's zur unverbindlichen Anmeldung:

Dr. Katharina Bunzmann
E-Mail: dr.katharina.bunzmann@stadt-hof.de
Telefon: 09281/815-179

Susanne Oppermann
E-Mail: susanne.oppermann@arbeitsagentur.de
Telefon: 09281/785-220

Anne-Christine Habbel
E-Mail: anne-christine.habbel@hof-university.de
Telefon: 09281/409-615

Ein Kommentar

  • Wieder echt gelungen der Beitrag! So wichtig und richtig. Tolles Netzwerk mit noch tolleren Mitgliedern.

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