Kinderbetreuung, Babysittervermittlung, Yoga, PEKip, offene Treffs im eigenen Café, Teilnahme an den Festen der Region: Das Familienzentrum Mütterclub e.V. bietet so viel mehr, als das allseits beliebte Entenrennen auf der Saale. Eltern im Hofer Land können sich hier austauschen, vernetzen und gegenseitig unterstützen. Dabei vereint das niederschwellige, staatlich geförderte Angebot Generationen wie auch Kulturen. Unsere Autorin, Jennifer Müller, hat das große Vereinsgebäude einmal besucht und eine spannende Führung von drei aktiven Müttern erhalten.
Für manch einen ist es schwer vorstellbar, doch gerade frisch gebackene Eltern fühlen sich in der Baby- und Kleinkindzeit oft ziemlich allein. Treue Freundschaften werden vom zahnenden, schimpfenden Neuankömmling auf harte Zerreißproben gestellt, weil es kaum noch möglich ist, sich zu unterhalten. Manche dieser Freundschaften zerbrechen sogar, weil der gemeinsame Barbesuch bereits zum dritten Mal aus Müdigkeit abgesagt wird. Der Raum für intellektuell anregende Gespräche muss, gerade von Müttern, die im traditionellen Familienmodell leben, täglich hart erkämpft werden. Und auch die Unterstützung durch Großeltern ist im Jahr 2021 längst keine Selbstverständlichkeit mehr. Kein Wunder also, dass Eltern in den ersten Jahren mit Kind oft über Einsamkeit klagen.
Ein starkes Netzwerk für Familien
Zum Glück gibt es im Hofer Land eine Anlaufstelle, die Eltern nicht nur geselligen Austausch, sondern auch Raum zur Selbstverwirklichung, spannenden Input und eine Menge gegenseitiger Unterstützung ermöglicht: Das Familienzentrum Mütterclub e.V. Ich treffe mich an einem sonnigen Vormittag mit der zweiten Vorsitzenden, Nadine Brandt, Pressesprecherin, Christina Klüber und dem aktiven Mitglied, Melanie Glücker, in der Layritzstraße in Hof. Von außen könnte man denken, das Gebäude sei ein Kindergarten. Ich bin erstaunt, dass das Vereinsgebäude so groß ist. Hier gibt es eine Menge Freiraum für Kreativität, Geselligkeit und neue Freundschaften.
Bevor ich alles über die angebotenen Veranstaltungen der Einrichtung erfahre, führt mich Nadine durch die vielen Räume. Zuerst betreten wir ein liebevoll eingerichtetes Spielzimmer, in dem es so vertraut riecht, wie schon zu meiner Zeit im Kindergarten. Hier könnten getrost 20 Kinder spielen. Es gibt Regale mit Büchern, ein wunderschönes Puppenhaus aus Holz, Kuschelecken und -höhlen sowie eine großzügig ausgestattete Spielküche. Tische und Sitzplätze gibt es im Groß- und Kleinformat. Hier wurde an alle gedacht. Die 35-jährige Mutter, Melanie schwärmt: “Dort, auf dem Sofa, können Mamas zum Beispiel stillen. Oft legen sich hier auch Kinder dazu und lassen sich ein Buch vorlesen.” Begeisterung liegt auch in ihrer Stimme, als sie berichtet, dass die Einrichtung von Auffahrt bis Toilette barrierefrei gestaltet ist.
Turnhalle, Küche, Garten – im Mütterclub finden alle ihren Platz
Über den Flur, in dem die Kleinsten von einer winzigen Gaderobe willkommen geheißen werden, gelangen wir dann zur riesigen Küche. Ein echter Blickfang ist hier der große Pizzaofen, von dem ich schätze, dass er sich schon mehr als bezahlt gemacht haben dürfte. Nadine bestätigt mir diese Vermutung und berichtet, dass man Spielzimmer und Küche für Feiern, wie Kindergeburtstage, mieten könne. Dieses Angebot gelte aber nicht nur für Mitglieder. “Klar ist es für diese etwas günstiger und man muss eine Kaution hinterlegen, aber bisher haben wir noch nie erlebt, dass die Möbel aus dem Fenster geschmissen werden”, lacht die zweite Vorsitzende. Ein Vertrauensverhältnis von dem alle profitieren können.
Als nächstes betreten wir die Turnhalle, die ausgiebig Raum für sportliche Aktivitäten bietet. Die Stereoanlage verrät, dass hier gerne zu fröhlicher Musik getanzt wird. Es gibt sogar eine Ballettstange. Unzählige Gymnastikbälle lassen kichernd hüpfende Kinder vor meinem inneren Auge erscheinen. Ich weiß aber auch, dass hier Gymnastikkurse für Menschen ab 55 Jahren stattfinden. Öffnet man die zimmerhohen Glastüren, gelangt man nach draußen in den Garten. “Hier haben wir einen extra Platz für Vorführungen der Kinder bei unseren Festen”, schwärmt Nadine. Um die Ecke zeigt sie mir den Spielplatz mit Sandkasten. Ich komme aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Wie geht es da wohl den Kindern, die sich hier austoben dürfen?
Barrierefrei: Im offenen Treffcafé sind alle willkommen
Als wir das Gebäude wieder betreten wartet ein ganz besonderes Highlight auf uns: Das Treffcafé, wo mehrmals wöchentlich offene Kennenlernangebote, wie Frühstücksaktionen, stattfinden. Hier können Eltern an fünf Tischen Platz nehmen. Ihre Kleinsten können sie beim gemeinsamen Essen im abgetrennten Spielbereich beobachten. Es gibt einen riesigen Bildschirm zum Abspielen verschiedener Medien. Ich sehe müde Mütter vor mir, die solidarische Blicke und Tippps austauschen. Der Spielbereich ist kindersicher und bietet so viel spannende Inspiration, dass ich sofort weiß: Hier genießen Kleinkindeltern den Luxus, einen Kaffee auszutrinken, so lange er noch warm ist. Hier ist ein Ort, der viel Raum für gegenseitige Unterstützung bietet. Und von dieser berichten mir meine Gastgeberinnen jetzt, als wir uns wieder im Spielezimmer niederlassen.
Ein zweites Wohnzimmer für Familien
Pressesprecherin, Christina Klüber, hat zum Mütterclub gefunden, als sie 2005 mit Kind und Kegel von Bamberg nach Hof zog. Weil die heute dreifache Mutter damals keinerlei Familie in der Nähe hatte, nahm sie das damalige Betreuungsangebot des Mütterclubs wahr, um arbeiten zu können. “Da wurde ich dann quasi sofort für den Vorstand verhaftet”, schmunzelt die 48-Jährige. “Und es war das Beste, was mir passieren konnte. Für mich war das hier irgendwann meine Familie. Dieses Netzwerk kann man gar nicht mit Worten beschreiben.” Nadine Brandt ergeht es ähnlich, als sie 2009 zum Mütterclub stößt. “Ich fand es irgendwann einfach langweilig, immer nur spazieren oder auf den Spielplatz zu gehen und meine Tochter war an anderen Kindern interessiert. Sie war das einzige Kind in unserem Freundeskreis. Also haben wir begonnen, hier regelmäßig die Krabbelgruppe zu besuchen. Heute ist der Mütterclub wie ein zweites Wohnzimmer für uns.”
Alle drei Frauen eint, dass sie das starke Netzwerk und den wertfreien Austausch der Mitglieder schätzen. Hinzu kommt die Möglichkeit, sich als Individuum selbst zu verwirklichen. Denn die Kursangebote – von Sprachkursen in Russisch, über Lachyoga, bis hin zu Mawiba – können von Eltern selbst gestaltet werden. “Jeder bringt mit, was er kann”, berichtet Nadine. “Manche bleiben, manche nicht.”
Warum Niederschwelligkeit und Flexibilität hier wichtig sind, erklärt mir jetzt Christina: “Als Verein musst du dich immer wieder neu erfinden. Wir schauen, was die Familien gerade brauchen. Früher war das hier nur so ein Familiending von Müttern. Heute finden auch Männer oder ältere Menschen zu uns. Jede soziale Schicht und alle Nationalitäten sind willkommen. Sie können ohne Voranmeldung zu den offenen Treffs kommen, da gibt es keine große Hemmschwelle. Solche Angebote müssen unbedingt bestehen bleiben.”
Ehrenamt im Hofer Land
Zuletzt interessiert mich noch, wie sich der Verein finanziert. Wird so viel Idealismus denn gewürdigt? “Mütterzentren werden vom Land gefördert”, erklärt Christina. “Einige der ehrenamtlichen Stunden, die wir leisten, dürfen wir jedes Jahr abrechnen. Außerdem bekommen wir einen kleinen Mietzuschuss von der Stadt. Und dadurch, dass wir hier die Räume zum Untervermieten haben, bieten sich auch immer wieder andere Möglichkeiten, um unser das Angebot zu verwirklichen.”
Als gemeinnützige Einrichtung muss man eben auch immer wieder selbst kreativ werden, wenn es um die Finanzen geht. Doch an Ideenreichtum mangelt es dem Mütterclub nicht. Das weiß jeder, der schon einmal vom allseits beliebten Entenrennen gehört hat. Die originelle Gewinnspielaktion wird bereits seit 20 Jahren veranstaltet und inzwischen von vielen Familien im Hofer Land geschätzt. Dabei werden unzählige Badeenten als Lose verkauft, die am Tag des Rennens gemeinsam in die Saale geworfen werden. Anschließend müssen die Entchen so schnell wie möglich die Strecke zwischen Lessingbrücke und Krebsbachbrücke überwinden. Die Enten, die zuerst ankommen, bescheren ihren Käufern attraktive Preise. “Wir hatten schon einen Rundflug über Hof oder auch Eintrittskarten für den Playmobilpark”, freut sich Christina. “Aber auch regionale Geschäfte werden jedes Jahr eingebunden.”
Selbst die Fundraising-Aktionen des Mütterclubs bereichern also alle Beteiligten. Nach meinem Besuch bin ich begeistert über diese inklusive Einrichtung. Bei so viel Engagement wundert mich nicht, dass der Verein bereits seit 40 Jahren wächst. Auf dem Heimweg gehe ich gedanklich alle befreundeten Familien durch, die vom Angebot des Mütterclubs profitieren könnten, damit ich diese informieren kann. Und ich wünsche mir, dass es mir die Leserinnen und Leser dieses Beitrags gleichtun.
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Ein Kommentar
Danke für den Blick hinter unsere oft unterschätzten Kulissen! Wahnsinnig toll, wie ihr unseren Verein in Worte voller Wärme gepackt habt. ❤️❤️❤️