Ostern ist mittlerweile – nach Weihnachten – zu einem der wichtigsten Kinderfeste geworden. In früherer Zeit aber war seine Bedeutung auf mehreren Ebenen zutiefst symbolisch: Immerhin setzt es das Erwachen der Natur nach dem kalten Winter mit dem Ritus der Auferstehung Christi gleich. Kein Wunder, dass sich rund um diese Feiertage ein wahrer Brauchtumsschatz etablieren konnte, der sich großteils um die Jugend, die Kraft und den Neubeginn nach dem Sieg über die Dunkelheit dreht. Historiker und Heimatforscher Adrian Roßner zeigt uns auf Stadt Land Hof in zwei Teilen historische Osterbräuche aus dem Hofer Land. Teil 1: Rund um das Osterei
Zu Teil 2: Osterbräuche aus dem Hofer Land (2/2): Wasser, Feuer und Magie – StadtLandHof
Ostern: Auferstehung und Frühlingserwachen
Es ist der ewige Kreislauf aus Geburt, Tod und Auferstehung, der sich an Ostern – ganz gleich, ob auf die Natur, den christlichen Ritus oder auch das individuelle Leben bezogen – in allen Bräuchen widerspiegelt. Das Ei symbolisiert dabei das junge Leben (Eigelb) im Tod (Schale) und steht für die Auferstehung.
Im Aberglauben hielt sich die Mär, man könne die Osterfeiertage auch dazu nutzen, um selbst eine aktive Rolle im Schicksal zu spielen. Die Grenzen zwischen Volksglaube und Magie verschwammen und erlaubten es so, gewisse Regeln zu etablieren, mit deren Hilfe man dem eigenen Glück auf die Sprünge helfen können sollte.
„Gründonnerstagseier“: Magisches Brauchtum im Hofer Land
Eine wichtige Rolle spielten im Brauchtum früherer Tage die „Gründonnerstagseier“: Der Gründonnerstag galt aufgrund des Bezugs zur Farbe von Pflanzen als guter Tag für die Aussaat und verwies damit ebenfalls auf das junge Leben. Eiern, die am Gründonnerstag gelegt worden sind und damit faktisch die doppelte Symbolik vorweisen konnten, wurden daher besonders starke magische Kräfte zugesprochen. Die folgenden Regeln stammen aus einem „Zauberbüchlein“ aus Münchberg, einer Art Rezeptsammlung für Zauberei und Magie:
- Verscharre ein Gründonnerstagsei im Mist. Nach vier Tagen findest du einen Stein, der dich, so du ihn bei trägst, vor Kugeln und Geschossen beschützt.
- Nimm ein Gründonnerstagsei und lege es in das Nest einer alten Henne. Sie wird dir daraufhin eine Wurzel bringen, die, so du sie in deinen Beutel steckst, stetig Geld nachkommen lassen wird.
- Nimm ein Ei und lege es auf einen Ameisenhaufen. Am dritten Tage wirst du an seiner statt einen roten Stein finden, der dich vor allem Leid beschützt.
„Patenware“: Zu Ostern die Zukunft vorhersagen
Glück und Segen symbolisierte auch der Brauch der Patenware: Schon beim ersten Osterfest, das ein Kind erlebt, muss der Pate am Karfreitag ungesehen die Stube betreten und zwölf Eier (auch hierbei kommt die christliche Symbolik zum Tragen) auf den Tisch legen. Einige davon gekocht und gefärbt, andere weiß und roh. Sobald das Kind erwacht ist, wird es an den Tisch getragen und man beobachtet, nach welchem Ei es greift. Berührt es ein rotes zuerst, bedeutet es Glück, ein blaues bringt Reichtum. Ein weißes Ei aber steht dafür, dass das Kind in jungen Jahren sterben und seine eigene Konfirmation nicht erleben wird.
Glücklicherweise kann der Pate einem solchen Orakel durch entsprechende Anordnung der Eier entgegenwirken, sodass das Kind in den allermeisten Fällen einen Segen zu Ostern erhält. Fortan wird dieser in jedem Jahr erneuert, indem der Pate dem Kind immer die exakt gleiche Anzahl an Eiern – diesmal allerdings allesamt gekocht und gefärbt – zum Geschenk macht. Im Jahr der Konfirmation wird diese „Patenware“ durch Klamotten und Schmuck abgelöst, ehe das Kind fortan selbst für sein Seelenheil verantwortlich zeichnet und der Pate von seiner Pflicht entbunden ist.
„Eierspiele“: Fast vergessenes Osterbrauchtum im Raum Hof
Nachdem die Eier somit keinerlei Bedeutung mehr für die Jugendlichen hatten, nahmen sie sie gerne für „Eierspiele“ her. Davon berichtet der Hofer Sagenforscher Andreas Reichold. Es gab derer zwei, die heute so gut wie unbekannt sind:
Beim „Härteln“ werden die Eier durch ein Wasserbad auf Schadstellen in der Schale hin untersucht, ehe durch ein Klopfen an die Zähne festgestellt wird, wo sie am dicksten ist. Daraufhin ziehen die Kinder los und fordern sich gegenseitig zum Wettkampf heraus. Zu Beginn sagt jeder Teilnehmer an, welche Stelle des Eis die festeste sei: Der „Orsch“ oder der „Kubf“! Daraufhin werden die Eier an exakt jenen Punkten gegeneinander geschlagen. Es gewinnt derjenige, dessen Ei die Prozedur überlebt hat.
Beim „Petzen“ greift man auf Eier zurück, die eine für das Härteln zu schwache Schale aufweisen. Man stellt sie auf und wirft mit Münzen darauf. Bleibt die Münze im Ei stecken, muss der Besitzer des Eis den gleichen Beitrag an den Gewinner auszahlen. Prallt sie vom Ei ab, muss der Münzwerfer das Geldstück an den Eierbesitzer abgeben.
Der Schatz des Osterfestes
Ostern ist vieles: Ein Fest der Wiederauferstehung im christlichen Glauben, eine Feier zur Überwindung des Winters und zugleich Gelegenheit, Lebensfreude und Jugend zu zelebrieren. Obschon viele dieser Bräuche heute nicht mehr praktiziert werden, zeigen sie dennoch eine einst tiefe Verbundenheit der Menschen zur Schöpfung der Natur. Deren Gaben verschwendete man keineswegs leichtfertig, sondern zeigte sich an jenem Tag besonders dafür. Insbesondere darin liegt in Zeiten einer beinah überbordenden Selbstverständlichkeit hinsichtlich der Versorgung mit Nahrungsmitteln der große Schatz des Osterfestes verborgen.
Autor: Adrian Roßner
Redaktion: Dagmar Müller
Bildquelle: Pixabay
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Ein Kommentar
Vielen Dank für diesen schönen Artikel über Osterbräuche .Super interessant Freue mich immer Über ihre G’schichtle .Einige kannte ich von meiner Kindheit
Nochmals vielen Dank für posten ?❤️
Grüße aus Venice Florida