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Weihnachtsmenü mal anders : Interview mit Norbert Heimbeck, Geschäftsführer der Genussregion Oberfranken

Norbert Heimbeck hat sein Hobby zum Beruf gemacht: Als Geschäftsführer der Genussregion Oberfranken taucht er jeden Tag tief in die Welt der heimischen Kulinarik ein. Als Convivienleiter der Regionalgruppe des Slow Food e.V.  Oberfranken interessieren ihn aber nicht nur Geschmack und Herkunft unserer Speisen, sondern auch, dass sie nachhaltig, sauber und unter fairen Bedingungen hergestellt wurden. Man kann also getrost behaupten, dass man ein perfektes Menü vorgeschlagen bekommt, wenn man den Fachmann danach fragt. Jennifer Müller hat mit ihm gesprochen und das Rezept für ein ganz besonderes Weihnachtsessen erhalten.

Kochen nach Gefühl

Fragt man eine oberfränkische Großmutter nach dem Rezept seiner Leibspeise bekommt man nur schwerlich genaue Angaben. Der Grund dafür dürfte ihre lebenslange Erfahrung bei der Zubereitung schmackhafter Seelenwärmer sein. Gekocht wird in der Küche solcher Menschen längst nicht mehr nach Plan, sondern nach Gefühl. Viel Gefühl.

Ähnlich geht es mir mit Norbert Heimbeck, als ich ihn nach dem Rezept für ein besonderes Weihnachtsmenü frage. Am Telefon erklärt er mir zunächst, er “köchele eben drauf los”. Später erhalte ich ein schriftliches Dokument, das sich weniger wie eine Kochanleitung, sondern vielmehr, wie eine Liebeserklärung an unsere Lebensmittel liest (siehe Beitragsende). Schön, frisch, geschmeidig, sanft – das sind die Worte, mit denen der leidenschaftliche Koch seine Arbeitsschritte in der Küche beschreibt.

Ich bin ein großer Fan unserer Wochenmärkte! (Norbert Heimbeck)

Seine regelmäßigen Besuche unserer heimischen Wochenmärkte dürften mit ähnlich viel Hingabe ablaufen. “Ich bin ein großer Fan unserer Wochenmärkte. Egal, ob Hof, Kulmbach, Bayreuth – das sind Schätze!”, schwärmt er am Telefon. Dabei genieße er vor allem das Einkaufserlebnis. “Ich bin immer mindestens eine Stunde dort. Mit drei, vier Ideen und dann muss man halt schauen, was man kriegt”, lacht der Franke.

Die Nähe zu den Anbietern, dass man ihnen auf Augenhöhe begegne, sei dabei Garant dafür, dass man stets mit herrlichen Kostbarkeiten nach Hause kommt. “Da weiß dann der Bauer, dass du gerne grillst und bietet dir seine neue Zucchini an. Kürzlich hatte ich Lust auf ein lang geschmortes Wildschweingulasch und kam dann mit einem superzarten Wildschweinrücken vom Jäger nach Hause, das ich kurz gebraten habe. Auf dem Markt legt dir die Kartoffelbäuerin außerdem auch gerne noch zwei, drei Kartoffeln obendrauf. Das gibt es beim Discounter nicht.”

Wenn ein Hobby zum Beruf wird

Norbert Heimbeck ist seit 2018 hauptamtlicher Geschäftsführer der Genussregion Oberfranken. Der vierfache Vater und Ehemann ist zudem als Convivienleiter der Regionalgruppe des Slow Food e.V. Oberfranken tätig. Davor arbeitete er über dreißig Jahre lang für die Zeitung. Themenbereich: Kulinarik. Heimbecks Leidenschaft für gutes Essen zieht sich also schon lange durch all seine Lebensbereiche. Privat wie beruflich. Das muss wahre Liebe sein. Und die geht ja bekanntlich durch den Magen.

Beruflich konzentriert er sich allerdings weniger auf das Kochen. Vor allem erledigt er eine Menge Netzwerk- und Öffentlichkeitsarbeit, Werbung und Verbraucheraufklärung. Die 352 Mitgliedsbetriebe der Genussregion Oberfranken e.V. können auf ihn zukommen, wenn sie Fachkräfte suchen. Oder eine halbe Kuh. Aber auch bei juristischen Fragen konnte Heimbeck schon helfen. Dazu kommen die Vorträge, die er regelmäßig hält. Von ihm kann man etwas über die historische Entwicklung der Küchenherde lernen, aber auch über die Porzellanmalerei. Er referiert über Themen, wie die Vermeidung von Lebensmittelverschwendung aber auch über kulinarischen Tourismus. Und wenn die Redaktion der Zeitung anruft und Heimbeck nach Fußballstars fragt, die goldene Steaks verdrücken, bekommt auch die eine Antwort. Dank jahrzehntelanger Erfahrung ist er so etwas, wie ein wandelndes Lebensmittel-Lexikon für die Region geworden.

100 Prozent Oberfranken

Eines seiner neuesten Ziele ist die Zertifizierung regionaler Gaststätten und Restaurants. “Die Betriebe kreieren bei diesem Verfahren ein Gericht, das zu 100 Prozent aus Oberfranken ist. Wir haben hier eine großartige Produktvielfalt in hoher Qualität. Fleisch vom Strohschwein, Wild, Forelle, Obst, Gemüse – all das ist hervorragend und wird nachhaltig produziert.” Neben Klassikern, wie Rouladen oder Schäufele ließen sich die Betriebe aber auch neue, kreative Ideen bei dem Zertifizierungsverfahren einfallen. Das funktioniere erstaunlich gut und sei gute Werbung. “Ein Betrieb hat sich dafür entschieden, eine fränkische Brotsuppe anzubieten. Da entstehen tolle Gerichte!”, schwärmt der Genießer.

Eine Sammlung von über 300 Rezeptideen

Apropos Gerichte. Über die Website der Genussregion Oberfranken kann man auf unzählige fränkische Spezialitäten zugreifen. Anisbrezeln, Bumberskraut, Aschkloß, Würste in all ihren leckeren Variationen oder fränkische Forelle – um die 300 regionale Rezepte, von süß bis herzhaft, werden hier zur Verfügung gestellt. Beim Durchscrollen dürften sogar Einheimische über die beachtliche Menge an Gerichten staunen, die die Genussregion Oberfranken zu bieten hat.

Unerwartet ist dabei vor allem, dass über 100 aller gesammelten Rezepte fleischlos sind. Und die möchte Heimbeck gerne mehr in den Fokus rücken. “Ich esse unglaublich gerne Schäufele oder ein paar gute Bratwürste. Aber ich muss jetzt mal eine Lanze für meine Gemüsebauern brechen. Wir haben hier nämlich eine unglaubliche Artenvielfalt.” Wenn man die ernst nehmen wolle, dürfe man sich in der Genussregion eben nicht nur auf Braten und Co. konzentrieren. Deshalb hat sich Norbert Heimbeck für unser Weihnachtsmenü auch drei außergewöhnliche Gänge überlegt: Walnuss-Ravioli mit Pilz-Consommé, Knuspersellerie mit Kürbissoße und zum Nachtisch Waffeln mit Kürbisschokolade.

“Ravioli machen wir zu Hause recht häufig”, erläutert der Familienvater. “Meine Jüngste war schon immer die weltbeste Nudelausrollerin. Und die Walnüsse für dieses Rezept bekommen wir von Verwandten. Die haben einen riesigen Walnussbaum im Garten stehen.” Das Sellerieschnitzel habe er gewählt, weil Sellerie in der Nachkriegszeit als Fleischersatz genutzt wurde. “Bereitet man Sellerie richtig zu, ist das von der Aromatik und der Konsitenz her eine super Geschichte.” Vor allem aber gehe es bei Gemüsegerichten um’s gute Würzen. “Du musst halt kochen können”, schmunzelt Norbert Heimbeck. Und das kann er auf jeden Fall.

Vorspeise: Walnuss-Ravioli mit Pilz-Consommé

Zunächst bereiten wir den Nudelteig: jeweils 80 Gramm Mehl und Hartweizengrieß mischen, mit einem Ei, einer Prise Salz und zwei Esslöffeln Olivenöl zu einem geschmeidigen Teig verkneten – am besten per Hand. So lange kneten, bis man keine Grießkörnchen mehr fühlen kann.  Eventuell noch ein wenig kaltes Wasser zugeben, damit die Konsistenz passt. In Folie einschlagen und eine gute halbe Stunde ruhen lassen.

Für die Gemüsesuppe sammle ich beim Kochen allerlei Reste (Endstücke von Zwiebeln, Abschnitte von Karotten, die dicken Blätter vom Lauch, Sellerie-Endstücke und die äußeren Blätter von Wirsing) und bewahre diese im Tiefkühler auf. Diese Stücke gebe ich bei Bedarf mit Lorbeer, Nelken, Senfkörnern und ein wenig Olivenöl in einen Topf, gieße Wasser dazu und lasse das etwa eine Stunde lang sanft köcheln. Wer keine Gemüsereste übrig hat, kann zwei Bund Suppengrün verwenden und das mit ca. 1,5 Litern Wasser aufgießen.

Eine Hand voll Walnüsse mittelfein hacken. Frischen Rosmarin nach Gusto sehr fein hacken, einen Becher Frischkäse und geriebenen Parmesan mit den Nüssen verrühren, mit Muskat und Pfeffer abschmecken. Kalt stellen.

Für die Pilzfüllung verwenden wir, was im Vorrat ist oder kaufen frische Pilze. Ich habe selbst gesammelte getrocknete Steinpilze zuerst in heißer Gemüsebrühe eingeweicht, zusätzlich hatte ich ein paar Kräuterseitlinge. Pilze und Frühlingszwiebeln fein hacken, Seitlinge braun braten, Frühlingszwiebeln zugeben und kurz dünsten.

Während die Pilzmasse abkühlt, bereiten wir den Ravioliteig vor. In vier Portionen teilen, kurz durchkneten und dann durch die Nudelmaschine drehen. Mit der dicksten Einstellung starten, dann bei jedem Durchgang die Walzen enger stellen. Meine Maschine hat acht verschiedene Stärken, bei Ravioli gehe ich bis Stufe sieben – dann hält der Teig auch schweren Füllungen Stand und ist trotzdem schön dünn.

Anschließend mit einem Ausstecher Kreise von zehn Zentimetern ausstechen (oder mit einem Teigrädchen entsprechend ausrollern). Darauf wird jeweils ein Teelöffel der Füllung gesetzt, die Nudelränder mit Wasser bepinselt und dann zu Halbkreisen zusammengeklappt. Mit einer Gabel den Rand schön fest andrücken, damit beim Kochen nichts ausläuft. Aus der genannten Teigmenge habe ich 30 Ravioli herstellen können.

Die Ravioli auf einem bemehlten Tuch zwischenlagern. Steinpilze samt Gemüsesud (es sollte insgesamt etwa 800 ml sein) zu den übrigen Pilzen gießen und bis kurz vor den Siedepunkt erwärmen. Dann die Ravioli hinzufügen und drei bis vier Minuten garen. Zum Servieren frische Petersilie oder Schnittlauch fein schneiden und darübergeben.

Tipp: Die Ravioli können gut vorbereitet und eingefroren werden. Entweder ihr friert die ungegarten Nudeln ein oder Ihr kocht sie knapp gar, dann abtrocken und einzeln nebeneinander auf ein Blech legen, damit sie nicht zu einem großen Klumpen zusammenfrieren. In beiden Fällen braucht man sie am Feiertag nur gefroren ins heiße Wasser zu geben.

Tipp 2: Die Gemüsebrühe kann ebenfalls gut vorbereitet werden. Noch kochend in saubere Schraubgläser abgefüllt, hält sie sich gut im dunklen und kühlen Keller.

Hauptgericht: Knuspersellerie mit Kürbissoße

Sellerie ist ein wunderbares Gemüse: Besonders die Knollen lassen sich vielseitig verwenden. Kräftig geschmort, sanft gebraten, fluffig püriert – Sellerie schmeckt einfach toll. In diesem Menü verwenden wir die Knolle mit dem erdig-süßen Geschmack als Fleischersatz nach einem Rezept von Oma. Panierter Sellerie wurde in der „schlechten Zeit“ nach dem zweiten Weltkrieg statt Schnitzel aufgetischt.

Ich habe ca. 400 Gramm Hokkaidokürbis gewürfelt und mit einer kleinen Zwiebel angebraten, dann knapp mit Wasser bedeckt und weich gegart. Je einen Schuss Sahne und Sherry zugefügt und mit Pfeffer und ein wenig Salz abschmecken. Nachdem das einmal aufkochen durfte, fein pürieren und warm halten.

Eine Sellerieknolle wird geschält und in Scheiben von etwa drei Millimeter Dicke geschnitten. Das klappt sehr gut mit einem elektrischen Allesschneider (aka Brotschneidemaschine). Für die Panade habe ich zwei Eier mit Schnittlauch, Petersilie und einem Spritzer Zitronensaft verrührt. In einem zweiten Teller habe ich Paniermehl mit Sesamkörnern und Mohn vermischt und mit Pfeffer gewürzt. Die Selleriescheiben zuerst in Mehl, dann im Kräuterei und zuletzt im Paniermehl wenden,  das Paniermehl gut andrücken. Die Scheiben bei milder Hitze in wenig Öl goldgelb braten.

Für die Gemüsebeilage waschen wir einige Wirsingblätter, entfernen die dicke Rippe und schneiden die Blätter in kleine Quadrate oder feine Streifen. Fünf Minuten in wenig Gemüsebrühe weich dünsten.

Zum Servieren zunächst einen Klecks Kürbissoße auf den Teller geben, dann den Wirsing dazulegen und die panierten Selleriescheiben oben drauf – fertig ist ein wunderbares Herbst- oder Wintergericht. Die Süße des Kürbis und der erdige Sellerie ergänzen sich geschmacklich, die knusprige Panade, die weichen Schnitzel und der Wirsing, der noch gut Biss hat, ergeben in Sachen Textur ein abwechslungsreiches Gericht. Und farblich ist es ebenfalls schön: oranger Kürbis, grüner Kohl und gebräunter Sellerie leuchten im Teller wie die Herbstsonne im Park.

Dessert: Waffeln mit Kürbis-Schokolade

Wir benötigen insgesamt 500 Gramm Kürbispüree. Dazu schneiden wir einen gut gesäuberten und geputzten Hokkaidokürbis in grobe Stücke, geben die mit ein wenig neutralem Öl auf ein Backblech und garen sie im Ofen bei ca. 200 Grad ca. 40 Minuten. Wenn der Kürbis weich ist, fein pürieren.

Für die Waffeln rühren wir 4 Eier mit je 100 Gramm Butter und Zucker und einer Prise Salz schaumig. Jeweils 100 ml Sahne und Mineralwasser zugeben und weiter rühren. 250 Gramm Mehl und einen halben Teelöffel Backpulver dazusieben und alles zu einem glatten Teig verarbeiten. Zuletzt 250 Gramm Kürbispüree unterheben.

Das Waffeleisen vorheizen, leicht fetten und aus dem Teig knusprige Waffeln backen. Warm halten.

Für die Schokosoße benötigen wir den Rest des Kürbispürees. Ich habe 500 ml Milch mit Zimt und Ingwerpulver gewürzt und erhitzt. Einen Löffel Stärkemehl in kaltem Wasser auflösen und unter die heiße Milch geben. Ganz kurz aufkochen und das Kürbispüree dazugeben. Topf vom Herd nehmen und 200 Gramm grob geraspelte Vollmilchschokolade einrühren und schmelzen lassen.

Schokosoße noch warm über die Waffeln geben. Mit Puderzucker bestäuben und servieren.

 

Guten Appetit!

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Hof Bloggerin Jennifer Müller

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