Mikrochips implantieren: Was für den einen noch nach Science Fiction klingt, bedeutet für den anderen längst pure Freiheit. Die Freiheit, das Haus zu verlassen, ohne dabei beispielsweise an Geldbeutel und Schlüssel denken zu müssen. Aber auch die Freiheit, sich barrierefreier fortzubewegen, wenn man unter körperlichen Beeinträchtigungen leidet. Alles was man braucht trägt man schließlich am Körper – direkt unter der Haut. Beim sogenannten Biohacking greift man mit biologischen, chemischen oder technischen Hilfsmitteln in den menschlichen oder tierischen Körper ein. Im Teilbereich „Bodyhacking“ wird der Organismus mit Technik aufgerüstet. Diese Vorgehensweise ist auch im Hofer Land längst keine Zukunftsmusik mehr. Wir stellen das Angebot des Bodymodders Danny vom Piercingstudio Eiserner Wille vor und beantworten dabei auch häufig gestellte Fragen.
Uhren, die den Puls messen, Smartphones, die Schritte zählen, Apps, die den Schlaf überwachen: Was vor wenigen Jahren noch nach verrückter Film-Fantasie klang, ist heute bereits im Alltag der Menschen angekommen. Denn im Jahr 2023 gibt es bereits zahlreiche dieser Technologien, die uns das Leben leichter machen sollen. Dabei ist es inzwischen sogar ganz unkompliziert möglich, seinen Körper mit Technik zu verbinden. Auch im Hofer Land.
Doch, wer jetzt nur nerdige IT-Fans vor seinem inneren Auge sieht, täuscht sich. Denn, dass man sich Mikrochips implantieren lässt, ist gerade in der Body Modyfication-Szene längst keine Neuheit mehr. Auch bei Danny Wagner, im Piercingstudio Eiserner Wille in Hof, ist dies möglich. Ich habe heute die Ehre, meinen eigenen Partner und sein im Hofer Land einzigartiges Angebot vorzustellen.
Implantate gibt es im Hofer Land schon lange
Danny ist 42 Jahre alt und seit 2005 als Piercer und Bodymodder (zu deutsch „Körper-Modifizierer“) selbstständig. Sein Studio, Eiserner Wille in der Hofer Marienstraße, hat er 2007 eröffnet. Damals waren Mikrochip-Implantate noch Zukunftsmusik. Modische Silikonimplantate in verschiedenen Formen setzt er jedoch schon seit vielen Jahren ein. Daneben umfasst sein Angebot neben aller Art Piercings auch vielerlei andere Bodymodifications, wie Cuttings, Brandings, aber auch andere Veränderungen des Körpers. „Dass Leute sich Implantate unter die Haut bringen lassen, gibt es schon lange. Formen wie Sterne, Herzen, Spinnen, Schädel oder andere geometrische Figuren setzte ich schon 2012 ein“, erklärt er mir.
Die Vorgehensweise bei Silikonimplantaten klingt allerdings etwas komplizierter, als bei den meisten Mikrochip-Implantaten. „Es wird eine kleine Öffnung in die Haut gemacht. Danach wird mit speziellem Werkzeug eine Tasche gebildet, in die das Implantat eingesetzt wird. Anschließend verschließt und verbindet man die Wunde.“ Der Schnitt selbst verheile innerhalb von ca. 10 Tagen, je nach Narbenheilung der Person. „Das Implantat wird vom Gewebe eingekapselt, deshalb kann es bis zum gewünschten Endergebnis schon mal bis zu einem Jahr dauern. Fixiert und gepflegt werden muss das Implantat aber nur die ersten Wochen. Danach kann man ganz normal im Alltag agieren.“
Mikrochips implantieren: Der Eingriff selbst ist recht unspektakulär
Beim Mikrochips implantieren ist der Prozess aufgrund ihrer geringen Größe inzwischen viel unspektakulärer und auch harmloser. „Am häufigsten lassen sich die Leute NFC-Chips (NFC=Near Field Communication) einsetzen. Diese werden bereits in einer sterilen, geladenen Spritze geliefert. Sie sind nur 1,5 cm lang und 3 Millimeter dick, und werden deshalb ohne Schnitt und per Injektion, eingesetzt. Danach wird ein Pflaster aufgeklebt und man ist schon fertig. Auch bei größeren Implantaten, wie den Payment-Chips ist das einfache Einsetzen mit einer etwas dickeren Kanüle heute möglich. Das ist ähnlich wie bei Haustieren, die man schon lange beim Tierarzt chippen lassen kann, um ihre Gesundheitsdaten zu speichern.“
Doch welche Bedürfnisse bringen die Menschen überhaupt dazu, sich bei Danny Mikrochips implantieren zu lassen? „Am häufigsten habe ich bisher NFC-Chips, oft mit kleineren LED-Lichtern eingesetzt, die beim Lesen des Chips unter der Haut aufleuchten.“ NFC ist die Abkürzung für „Near-Field-Technologie“. Diese ist den meisten bereits durch Handy, Kreditkarte oder Zugangskarten wie zum Beispiel zum Fitnessstudio bekannt. Mit NFC-Implantaten hat man vielerlei Möglichkeiten: Das Speichern von Visitenkarten oder medizinischen Notfalldaten, das Auslösen von Smarthome-Anwendungen, das Entsperren seiner Fahrzeuge oder das Bezahlen an der Supermarktkasse.
Auch das Experimentieren mit „zusätzlichen Sinnen“ gehört zum Biohacking
Danny und ich haben uns beispielsweise zu Beginn der Pandemie ein NFC-Implantat gesetzt, das man über das Smartphone mit seinen Kontaktdaten beschreiben kann. So ist eine papierlose Übergabe unserer Visitenkarte möglich. Dafür hält man einfach sein NFC-fähiges Gerät, wie sein Handy, an den Chip, woraufhin er kurz aufleuchtet, während Telefonnummer, E-Mail Adresse und Website übertragen werden. Diese können wir selbst per Smartphone App immer wieder löschen oder neu überschreiben. „Oft möchten die Leute aber auch einen Payment-Chip, mit dem sie per Handauflegen an der Kasse bezahlen können“, berichtet Danny. „Und manche Kunden lassen sich einfach einen kleinen Magneten einsetzen, um das Magnetfeld in ihrer Umwelt ‚ertasten‘ zu können.“ Denn auch mit „neuen Sinnen“ zu experimentieren gehört zum Biohacking.
NFC-Implantate halten massiven Umwelteinflüssen stand
Und wie sieht es mit gesundheitlichen Risiken aus? Können die Implantate im Körper kaputt gehen? „Nein. Die NFC-Implantate sind in biokompatiblem Glas eingegossen, das bruchsicher ist und unter extremsten Umwelteinflüssen erprobt wird. Selbst im Weltraum wurde getestet, ob sie dem Druck standhalten. Auch starker Hitze werden die Implantate zu Belastungstestzwecken ausgesetzt. Und man hat festgestellt, dass bei Verletzungen eher die Knochen eines Menschen brechen, als das Implantat.“ Die größeren Payment-Chips sind in flexiblen Kunststoff eingegossen und halten somit auch massiven Gewalteinwirkungen stand.
Und was passiert, wenn die Technik fehlerhaft sein sollte oder versagt? „Dann kann man das Implantat mit einem kleinen Schnitt unkompliziert entfernen, es beim Anbieter einschicken und bekommt aufgrund von lebenslanger Garantie ein neues. Die Bezahlchips jedoch müssen unabhängig davon rund alle vier Jahre getauscht werden, weil sich die Technik – wie auch bei einer Bankkarte – stetig weiterentwickelt, um Sicherheit zu gewährleisten. Darum bekommt man ja auch regelmäßig eine neue Karte von seiner Bank.“
Gespräch mit Biohacker Dr. Patrick Kramer
Seine Implantate bezieht Danny von Digiwell – upgraded humans, dem führenden Anbieter von Biohacking- und Human Augmentation-Artikeln in Europa. Dr. Patrick Kramer sitzt in Hamburg und war europaweit der erste Anbieter dieser Art. Der Gründer und Geschäftsführer von Digiwell klärt seit 2015 als Vortragsredner weltweit über Bio- und Bodyhacking auf. Über meine Anfrage zum Thema Datenschutz ist er überrascht. „Nach dem Hype zu Beginn dachte ich eigentlich, das Thema sei längst durch und jeder wisse inzwischen, dass es da nichts gibt, wovor man Angst haben muss.“
Doch viele Gerüchte machen es weiterhin notwendig, über Themen wie diese zu sprechen. Und auch ethische Bedenken möchten die Menschen verständlicherweise nicht einfach beiseite schieben. Ich befrage Patrick Kramer zu den gängigsten Vorurteilen. Eines davon unterstellt, man könne über sein Implantat ausspioniert werden. „Mikrochip-Implantate können nicht getrackt werden, denn sie sind passiv, also ohne eigene Stromversorgung, beziehungsweise Batterie. Das bedeutet, dass ein Mikrochip-Implantat keine (GPS-)Daten von sich aus aussenden kann. Ein Lesegerät muss bis auf Hautkontakt an das Implantat herangeführt werden. Nur das Lesegerät selbst sendet dann ein elektromagnetisches Feld aus, dass dem Implantat genügend Energie übermittelt, um Inhalte zu übertragen.“
Beim Thema Datenschutz gewinnt das Implantat
Bei Implantaten zur Zutrittskontrolle oder Zahlungsübermittlung verspricht Dr. Kramer sogar mehr Sicherheit, als bei den gängigen Zahlungsmethoden. „Unsere Geldbeutel sind voll von den Chips, die in diesen Implantaten sind. Kreditkarten, meine Zugangskarte für den Tesla, Krankenkassenkarten. Und auch da ist es nicht möglich, Daten aus der Ferne auszulesen. Man müsste genau wissen, wo das Implantat liegt, den Arm fixieren und so weiter.“ Weiterhin seien auf diesen Chips keine sensiblen Daten gespeichert. Vielmehr handle es sich um ein Identifikationsmedium, das den Träger nur als Berechtigten für eine bestimmte Handlung identifiziere. Die üblichen Karten könne man im Vergleich zu seinem Arm jedoch jederzeit verlieren, betont Kramer. „Deshalb gewinnt, wenn es um das Thema Sicherheit geht, immer zu 100 Prozent das Mikrochip-Implantat.“
Mit NFC-Implantaten kann man keine Standorte tracken (Dr. Patrick Kramer, Gründer von Digiwell)
Dennoch muss man sich bei der rasanten Entwicklung von Technik auch ethische Fragen stellen, oder wie sieht er das? „Natürlich. Eine besonders gruselige Begegnung, die mir im Kopf geblieben ist, war ein Aufeinandertreffen mit einem Mann aus Saudi Arabien, der sich wünschte, seine Frauen orten zu können. Und dann gibt es auch Eltern, die gerne ihre Kinder chippen lassen würden.“ Wie bei zahlreichen anderen Entwicklungen gibt es eben auch auf diesem Gebiet Menschen, die die Technik gerne für egoistische Zwecke missbrauchen würden. „Doch wie gesagt: Mit NFC-Implantaten kann man ja gar keine Standorte tracken.“
Mikrochips implantieren bei körperlichen Beeinträchtigungen
Solchen Fällen gegenüber stehen außerdem vielerlei Positivbeispiele, bei denen Implantate viel mehr als nur ein Lifestyle-Produkt darstellen. Manchmal sind sie echte Lebens Verbesserer, wenn nicht gar -retter: „Eine Bekannte von mir ist blind und spricht davon, dass ihr das Implantat zum Haustür aufsperren ein Stück Würde zurückgegeben hat. Ein anderer Freund leidet an Parkinson. Er zittert so sehr, dass er seinen Schlüssel eben nicht mehr selbstständig stecken könnte. Was mich besonders berührt hat: Ein 12-jähriges Mädchen, das ohne Arme geboren wurde. Durch Implantate in den Füßen kann sie sich heute wieder freier durch das Haus bewegen“, schwärmt Kramer. Und natürlich zähle bei manchen Krankheiten jede Sekunde, wenn der Notarzt eintrifft. Genau wie ein Chip, der regelmäßig die Körpertemperatur misst, der eigenen Gesundheit zuträglich sein kann.
Das deutschlandweite Interesse an Mikrochip-Implantaten steigt
Heute kommen Menschen deutschlandweit, teils aus dem Ausland, zu uns ins Hofer Land, um sich von Danny Mikrochips implantieren zu lassen. Allzu häufig sei das noch nicht der Fall, aber allmählich sinke die Hemmschwelle, berichtet der Bodymodder. Großes Geld macht der Selbständige mit diesem Angebot nicht, weil das Einsetzen so schnell und unspektakulär geht. Die ersten Implantate sind bei Digiwell inzwischen schon ab 50 Euro erhältlich.
Am Ende ist mir nur wichtig, dass die Leute glücklich mit ihrem neuen Gadget sind (Danny Wagner, Piercingstudio Eiserner Wille)
Bedenken, die über den üblichen kritischen Blick auf neue Technologien hinaus gehen, hat der Inhaber des Piercingstudios nicht. „Zum einen handelt es sich hier um eine Entscheidung, die jeder Mensch frei für sich selbst treffen kann. Zum anderen müsste man Geräte, wie Smartphones oder einfache Navigationssysteme in sämtlichen Autos wesentlich kritischer sehen, da diese tatsächlich in der Lage sind, private Informationen zu übermitteln“, erklärt er. „Am Ende ist mir in meinem Job einfach nur wichtig, dass die Leute glücklich mit ihrem neuen Gadget sind.“ Und das waren bisher alle.
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