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Helden im Ehrenamt: Die Bergwacht in Schwarzenbach am Wald

Heute lernen wir auf Stadt.Land.Hof die Arbeit der Bergwacht von Schwarzenbach im Frankenwald kennen und schauen hinter die Kulissen dieses verantwortungsvollen Ehrenamtes. Ein neuer Teil unserer „Waldhauptstadt-Serie“.

Für die Menschen in der „Waldhauptstadt“ Schwarzenbach am Wald ist der Wald Beruf und Berufung, aber auch Ort für Erholung, Inspiration und sportliche Betätigung, wie wir durch unsere Waldhauptstadt-Serie erfahren. Doch manchmal birgt die Natur auch Gefahren. Wie gut, dass es dann Menschen gibt, die sich ehrenamtlich einsetzen und sich auf die Bergrettung spezialisiert haben.

Alle Teile der Waldhauptstadt-Serie auf Stadt.Land.Hof gibt es hier: Waldhauptstadt Serie Archive – StadtLandHof

Bergrettung, Lawinen, Umweltschutz? Wir entdecken die Arbeit der Bergwacht im Frankenwald

Bei dem Wort Bergwacht habe ich immer an spektakuläre Einsätze in irgendwelchen Gebirgsschluchten gedacht. Hubschrauberrettungen aus Gletschern oder auch gefährliche Rettungsaktionen nach Lawinenabgängen. Auf Natur- und Umweltschutz kommt man erst im zweiten Moment. Die Bergwacht Schwarzenbach gibt es seit 1962. Eigentlich wurden die Bergwachten als so genannte „Pflanzen- und Sittenwachten“ gegründet. Heute gehört zum Aufgabenbereich viel mehr. Die Ausbildung ist lang und strapaziös, aber als Dank gibt es spannende Einsätze in einer wahnsinnig schönen Umgebung – dem Frankenwald im Hofer Land.

Gelebtes Ehrenamt: Herbert Friedrich von der Schwarzenbacher Bergwacht

Herbert Friedrich ist seit über 30 Jahren bei der Bergwacht im Frankenwald. Der 49-jährige gelernte technische Zeichner hat schon früh die Bergwacht für sich entdeckt. Heute ist er Bereitschaftsleiter und nimmt sich Zeit für mich, um mir seine Welt zu zeigen. Wir treffen uns Vormittags auf einem Parkplatz. Dort holt mich der sympathische Endvierziger ab und wir laufen erstmal zur Garage, die die Bergwacht von der Stadt Schwarzenbach zur Verfügung gestellt bekommen hat. „Die Stadt unterstützt uns sehr viel, das ist nicht selbstverständlich!“ – sagt der Bereitschaftsleiter. Zuerst schauen wir uns die Einsatzfahrzeuge an. „Wir retten alle, die fernab der üblichen Straßen verunglücken, also auf Wanderwegen, Skipisten oder auch im Wald“. Auch bei Suchaktionen von verschollenen Personen hilft die Bergwacht mit. „Das sind oft sehr lange Einsätze. Es ist auch nicht selbstverständlich, dass da die Arbeitgeber einfach so mitmachen. Ich habe Glück, mein Arbeitgeber unterstützt mich und stellt mich im Falle eines Einsatzes frei“

Ein Leben für die Bergwacht Schwarzenbach am Wald

Man merkt in der ersten Minute, dass dieser Mann für sein Ehrenamt lebt. Als wir dann mit dem Einsatzfahrzeug zur Hütte fahren, in der die Bergwachtler ihren Bereitschaftsdienst verbringen, lerne ich auch den Stellvertreter Steffen und Herberts Sohn Jonah kennen. Dort verbringen sie alle viel Zeit. „Als Bereitschaftsleiter sind das gut und gerne zehn Stunden pro Woche.“ – und wenn einer der Schützlinge gerade in der Vorbereitung auf eine Prüfung ist, auch schon mal mehr. Kein Wunder, dass Jonah quasi von klein auf dabei war. Er befindet sich gerade in den letzten Zügen der Bergwacht-Grundausbildung und muss nur noch wenige Prüfungen bestehen, um dann voll dabei sein zu dürfen. Die Ausbildung selbst dauert drei Jahre und wird von den Freiwilligen in ihrer Freizeit absolviert. Doch allen dreien merkt man an, dass sie ihr Ehrenamt gerne ausführen und mit sehr viel Herzblut dabei sind.

 

„Die Stadt unterstützt uns sehr viel, das ist nicht selbstverständlich!“ – sagt der Bereitschaftsleiter.

 

Die Bergwacht Bayern als Naturschützer

Ja! Sie lesen richtig! Zur Bergwachts-Arbeit gehört auch die so genannte „Grundausbildung Naturschutz“. Dabei müssen die Ehrenamtlichen eine Prüfung zum Thema Naturschutz ablegen. Gerhard Rank von der Bergwacht Schwarzenbach kennt sich super mit der hiesigen Pflanzenwelt aus und lernt auch die jüngeren Bergwachtmitglieder an. Denn es ist wichtig zu wissen, wie seltene Pflanzen geschützt werden können und wo diese zu finden sind. Dazu gehört auch, in manchen Tälern die Jungbäume zu entfernen, da diese sonst den Lebensraum von seltenen Orchideenarten überwuchern würden.

Jede Woche gehen einige Mitglieder der Bergwacht auf die so genannte „Naturschutzstreife“. Dort werden die Standorte geschützter Pflanzen überprüft, sowie das Gebiet nach illegalen Müllablagerungen oder nach so genannten Wildaufforstungen durchsucht und der Unrat dann auch entfernt.

Darf es noch mehr Vereinsleben sein? Dann lohnt es sich die folgenden drei Geschichten aus dem Hofer Land zu lesen:

Hofer Land: Land der Vereine und des Ehrenamts

Guerilla-Verein Helmbrechts: Hausbesetzung für den guten Zweck

Retten, Katastrophenhilfe, Naturschutz: Schwerpunkte der Arbeit bei der Bergwacht

Der Einsatzbereich der Bergwacht ist riesig. Hauptsächlich geht es darum, Rettungseinsätze durchzuführen, wo der Krankenwagen nicht einfach mal eben hin kommt. Dazu zählen beispielsweise Bergrettungen, Höhlenrettungen oder auch generell Einsätze auf unwegsamen Gelände. Aber es gehört auch dazu, bei Katastrophen den Rettungskräften vor Ort zu helfen, so zum Beispiel auch 2019 als in Bad Reichenhall die Dächer abgeschippt werden mussten, nachdem es in kurzer Zeit so sehr geschneit hatte, dass sich auf den Dächern der Kliniken vor Ort massive Schneemengen befanden und man befürchten musste, dass die Dächer einstürzen könnten. Oder 2013 bei der Flutkatastrophe in Deggendorf, bei der die Menschen aus den Wassermassen gerettet werden mussten.

Um für die Einsätze aller Art gut gerüstet zu sein, gehören Übungen dazu, eine der spektakuläreren ist da sicherlich die Windenrettung.

Herbert Friedrichs erster Einsatz im Frankenwald

1989 wurde Herbert Friedrich zu seinem allerersten Einsatz – damals noch als Anwärter – gerufen. Früher fanden noch Abfahrtsrennen auf dem Döbraberg statt. Dort gab es regelmäßige Einsätze, da sich öfter jemand verletzt hatte. In dem Fall ist einer der Skifahrer im unteren Drittel der Piste in einen Baum gerast und erlitt einen schweren Sturz.

Das führt unser Gespräch zu den Voraussetzungen für die Tätigkeit in der Bergwacht. „Also man sollte schon Skifahren können“ – erläutert Herbert Friedrich. „Es gehört zur Grundausstattung mit Skiern umgehen zu können und so auch Rettungen durchzuführen. Einige Prüfungen finden ja auch deshalb extra in den Alpen statt.“

Die Einsätze sind aber vielschichtig. Herbert Friedrichs letzter Einsatz war zum Beispiel ein verunglückter E-Biker, der im Höllental abgestürzt ist und mit einer Seilwinde gerettet werden musste. Sowas dauert gut und gerne schon einmal zwei bis drei Stunden.

Und der spannendste Einsatz?

„Definitiv ein Einsatz in einem Bergwerk bei Lehesten 2015“ – Er erzählt mir von zwei Personen auf einer Lost-Place-Tour, die im Bergwerk unterwegs waren. Einer der beiden stürzte dann in einen Schacht ab und brach sich das Bein. Die Rettung dauerte mehrere Stunden, bis der Patient dann endlich erstversorgt und aus dem Schacht gerettet war. „Das war ein ganz schöner Akt, den Verletzten da wieder raus zu bekommen! Aber wir haben es dann doch noch geschafft!“ – sagt der Einsatzleiter.

Welche Voraussetzungen muss man erfüllen, wenn man zur Bergwacht möchte?

Wichtig ist vor allem, sich gerne im Team zu bewegen und Spaß an Outdoor-Aktivitäten zu haben, sowie Freude am Lernen neuer Dinge. Sicher Skifahren ist ein Vorteil, denn die Teams lernen mit speziellen Skiern umzugehen, mit denen man sowohl die Piste abfahren kann, als auch mithilfe von Fellen die unter die Ski geklemmt werden wieder hochzusteigen. „Da ist es besser, wenn man schon sicher den Berg herunterfahren kann.“ – erzählt mir Herbert Friedrich.

 

In dem Gespräch merke ich, wie viel Herzblut Herbert Friedrich in sein Ehrenamt steckt. Jede freie Minute verbringt er auf seiner Wache. Als ich seinen Sohn Frage, wie viele Stunden sein Vater so im Schnitt hier verbringt, bekomme ich zur Antwort: „Da musst du schon die Mama fragen, die weiß wie viel Zeit er hier tatsächlich verbringt“ – alle lachen. Die Stimmung im Team wirkt ausgelassen, die Teammitglieder vertrauen sich. „Ein gutes Team ist das A und O“, verrät mir der Leiter „da muss jeder Handgriff sitzen! Deshalb ist es auch wichtig, immer gut in Übung zu sein, um im Eifer des Gefechts schnell und sicher helfen zu können.“

Dann fährt mich Herbert wieder mit dem Einsatzwagen zu meinem Parkplatz – was für ein spannender Vormittag!

 

Fotos: Claudia Schmidt und Bergwacht Schwarzenbach am Wald

Video: Bergwacht Schwarzenbach am Wald

 

Mehr Geschichten aus Schwarzenbach am Wald finden Sie hier:

Mountainbiken: Fühl den Flow im Frankenwald!

Holzwerke Ströhla: Tradition und Moderne im Hofer Land 

 

Bergwacht Schwarzenbach am Wald

Wer Lust hat, jetzt auch bei der Bergwacht mitzumachen, kann sich über Facebook weiter -auch zu den aktuellen Einsätzen- informieren:

Link: Die Bergwacht Schwarzenbach am Wald auf Facebook

2 Kommentare

  • Das alles kann ich vollinhaltlich bestätigen! Unser Herbert ist ein ganz besonderer Kamerad und Bereitschaftsleiter. Nicht zu vergessen ist auch, dass er auch lange als Jugendleiter viele Jugendliche an die Bergwacht heranführte und in die Bereitschaft integrierte.
    Wir sind ihm zu großen Dank verpflichtet.

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Claudia Schmidt Autorenbild

Claudia Schmidt

Ich bin eine Zugezogene aus dem Fichtelgebirge und einfach hier geblieben, weil ich mich verliebt habe – in die Region und auch ein bisschen in den Mann, den ich dann später geheiratet habe. Ich habe zwei Kinder, einige Hühner und fühle mich hier auf dem Dorf pudelwohl. Meine Herzensthemen sind Umwelt, Nachhaltigkeit, Handmade und spannende Menschen. Davon gibt es hier zum Glück ja jede Menge!