Fliegen, sich wie ein Vogel in die Lüfte zu erheben und die Schöpfung, jenes Meisterwerk Gottes von oben zu betrachten, ist sicher einer der ältesten Träume der Menschheit. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass man stets am meisten nach dem strebt, was man – vermutlich – nie erreichen können wird. Schon immer brachten solche augenscheinlich unmöglichen Ziele die Menschen dazu, sich auf mannigfaltige Weise mit Lösungen zu beschäftigen. Spannend dabei ist, dass vor allem das Fliegen die berühmten großen Denker, wie Leonardo da Vinci, ebenso herumgetrieben hat, wie die (in diesem Falle buchstäblich) bodenständigen Menschen im Hofer Land. Dr. Adrian Roßner wirft einen Blick in die Geschichte der Himmelsstürmer aus der Region!
Georg Hacker – der Himmelsstürmer
Bis vor einigen Jahren war Georg Hacker so gut wie unbekannt. 1870 in Münchberg geboren und anschließend in Rehau aufgewachsen, besuchte er schließlich die Schule in Hof und träumte von einer Karriere als Künstler. Sein Vater, damals Angestellter der königlichen Filialbank zu Hof, hatte jedoch andere Pläne und verschaffte dem jungen Georg über seine guten Verbindungen eine Ausbildungsstelle bei der deutschen Marine. Schnell machte der Begeisterungsfähige dort Karriere und stieg schließlich bis zum Obervermessungssteuermann auf, ehe er sich zu wortwörtlich Höherem berufen fühlte. Nachdem er eine Annonce in der Zeitung entdeckt hatte, demzufolge ein gewisser Ferdinand Graf von Zeppelin wackere Männer suchte, um mit ihnen gemeinsam ein Luftschiff zu bauen, bewarb sich Hacker 1907 kurzerhand und wurde schließlich angestellt. Als einer der „Männer von Manzell“, wie sich die Luftschiffer damals nannten, arbeitete er fortan an der Konstruktion der Giganten der Lüfte mit und wurde sogar einer ihrer ersten Kapitäne.
Die Leistung dieser Menschen muss man sich bildhaft vor Augen führen: In gut 600 Metern Höhe standen sie ohne jeden Schutz in einem einfachen Gondelkonstrukt, in dem lautstark ein Motor röhrte, der über Transmissionen die beidseitig angebrachten Propeller antrieb. Oberhalb der Hüfte gab es keinerlei Schutz gegen Wind und Wetter, während sie mit gut 41 Km/h durch die Wolken zogen. Gab es einen Defekt an der rein mechanischen Technik oder einen Schaden in einer der Traggaszellen, mussten die Männer aus der Gondel klettern, um ihn zu reparieren, da sie sonst womöglich in den Tod gestürzt wären.
Zeppeline: Die Giganten der Lüfte
Um 1900 galten Luftschiffe als Krönung der Ingenieurskunst und begeisterten – nach anfänglicher Skepsis – die Massen im ganzen deutschen Kaiserreich. Um die Tauglichkeit seines Systems zu beweisen, wollte Graf Zeppelin 1909 zu einer Dauerfahrt in Richtung Berlin aufbrechen, bei der Georg Hacker am Steuer stehen sollte. Nachdem die Schulkinder aus dessen alter Heimat davon mitbekommen hatten, schrieben sie einen Brief an den Bodensee, um darum zu bitten, mit dem Luftschiff auch über das Hofer Land zu gleiten – und am 30. Mai 1909 war es schließlich tatsächlich so weit. Über Münchberg und auch über Hof fuhr die glänzende, über 130 Meter lange Konstruktion, und die Menschen, denen bewusst wurde, dass am Steuerrad einer aus ihren Reihen stand, waren komplett aus dem Häuschen.
Nachdem die erste Dauerfahrt nach 37 Stunden in einem Birnbaum bei Göppingen endete (woran Hacker keine Schuld hatte), versuchte man es im August 1909 noch einmal und schaffte es diesmal tatsächlich bis in die deutsche Hauptstadt. Kaiser Wilhelm II. selbst nahm auf dem Balkon des Stadtschlosses den „Knicks“ des Zeppelins entgegen, den Hacker mittels Ballastabwurf ausführte. Danach zählte er, mit Graf von Zeppelin, Ludwig Dürr und anderen, zu den bekanntesten deutschen Tüftlern.
Nach Einsätzen im Ersten Weltkrieg, die Hacker mit Heeresluftschiffen über den Ärmelkanal führten, um in England Städte zu bombardieren, was ihn in eine tiefgehende Depression stürzte, übernahm er schließlich bis zu seiner Pensionierung die Aufsicht über den Luftschiffhafen Potsdam.
Flugpionier Hacker: Ein vergessener Sohn?
Wenngleich heute wenig an Georg Hacker erinnert, der 1947 verstarb, ist sein Einfluss auf die Luftschiff- und die Luftfahrt immens hoch einzuschätzen. Immerhin war er es auch, der nautische Geräte und Skalen einführte, was bis heute zum Standard zählt. Ein besonderes Zeugnis findet sich im kleinen Dorf Reinersreuth am Fuße des Großen Waldsteins: Bei der Überfahrt des Zeppelins pflanzte man dort im Jahre 1909 eine „Zeppelin-Eiche“, die bis heute im Ortskern steht. Und zwischenzeitlich gibt es zudem erste Erinnerungstafeln an den „Mann von Manzell“, dessen Heimat im Hofer Land liegt.
Sehen Sie sich hier „Adrians G’schichtla“ zu Georg Hacker an!
Fliegen auf dem Haidberg bei Zell
Neben solchen für die Aeronautik bedeutenden Personen ist das Hofer Land auch abseits der großen Bühne eine Flieger-Region! Ein Beispiel für hobbymäßiges Himmelsstürmen findet sich am Haidberg bei Zell, wo sich bis heute einer der ältesten Segelflugplätze Bayerns befindet. Bereits 1935 wurde in Münchberg ein „HJ-Fliegerkorps“ gegründet, dessen Mitglieder einen „Schulgleiter“ bauten, mit dem sie vom Haidberg aus erste Flugversuche unternahmen. Der Hintergedanke ist grausam: Man wollte die jungen Leute auf diese Weise auf den Kriegseinsatz vorbereiten und – wenngleich es vordergründig „spaßig“ schien – Kampfpiloten aus ihnen machen. Richtiges Segeln war mit dem Konstrukt nicht möglich: Nur Starten, kurzes Gleiten und Landen konnten geübt werden. Die allgemeine Wehrpflicht und die Einziehung der Jungen zum Kriegsdienst machten dem „Fliegerkorps“ schließlich ein Ende.
Neubeginn nach dem Zweiten Weltkrieg
1951 gründete sich – mit tatkräftiger und finanzieller Unterstützung des Sparnecker Industriellen Karl Flehmig – die Luftsportgruppe Münchberg, die mit dem Sportgleiter „Baby 3“ bei Neuenmarkt-Wirsberg trainierte. 1955 konnte schließlich, gemeinsam mit der Luftsportgruppe Selb, der Flugplatz am Haidberg in Betrieb genommen werden. Fünf Jahre später hob der selbstgebaute, zweisitzige Segler „Meise“ erstmals von der einfachen Startbahn ab.
Motor-Fliegen und „das Geschnurre“
Seit 1983 gibt es am Haidberg auch eine Piste für Motorflugzeuge, was anfangs große Kritik auslöste. Immerhin fürchtete man in Zell, „das Geschnurre“ am Himmel könnte die Gäste stören und so den Fremdenverkehr negativ beeinflussen. Mittlerweile weiß man indes, dass das genaue Gegenteil der Fall ist: In jeder Saison lockt der Haidberg Flugbegeisterte aus Nah und Fern an, um nach dem Start die wunderschöne Landschaft von oben genießen zu können. Und zwischenzeitlich reisen auch immer häufiger Gäste aus Hof an, um einen kleinen Nachmittagsausflug zu machen – natürlich mit dem Flugzeug.
Wer die Landschaft auf stille Weise genießen möchte, wird beim Hot-Air-Balloon-Team fündig!
Vom Verkehrslandeplatz zum Airport – der Flugplatz Hof/Plauen
Auch in der Stadt Hof waren die Menschen in den 1920er Jahren vom Flieger-Virus gepackt! 1920 wurde daher der „Verein für flugtechnische Neukonstruktionen“ aus der Taufe gehoben, der noch im gleichen Jahr mit ersten Flugversuchen auf einem Gelände bei der Hohen Saas begann. Kurze Zeit später wurden erstmals Linienflüge auf der Strecke Fürth-Hof-Leipzig angeboten. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, während dem der Flugplatz als Zwischenlandestation für die Junkers Ju 52/3m (die berühmten Tante Ju) diente, wurde der Betrieb schließlich eingestellt.
Mehr zur Geschichte der Vereine im Hofer Land erfahren Sie hier!
In den 1950er Jahren begann der neue Aero-Club Hof mit Überlegungen, bei Pirk einen neuen, modernen Flugplatz zu errichten, der 1968 in Betrieb gehen konnte. Nach und nach wurde das Gelände um Hallen, Hangars und einen Tower ergänzt, wodurch ein moderner Airport entstand, der zwischen 1972 und 2012 auch Linienflügen beispielsweise nach Frankfurt diente. Mittlerweile ist der Flugplatz vor allem für Charterflüge beliebt.
Egal, ob es nun die „großen Tüftler“ wie Georg Hacker sind, oder die Ehrenamtlichen, wie die Luftsportgruppe Münchberg: Das Hofer Land ist eine Flieger-Region, in der man dem ältesten Menschheitstraum auf ganz unterschiedliche Weise näherkommen kann!
Ausflugstipp: Entdecken ein landschaftliches Highlight mit schöner Aussicht bei Zell, ohne in ein Flugzeug zu steigen: Die Schüssel auf dem Waldstein.
Ein Kommentar
Hallo ich war oft am Haidberg dabei mein Schwager flog dort jeden Sonntag mit dem Münchberger Segelflug-Club wir haben immer das Seil zum Start zurück geholt.Ich war damals 14 Jahre es hat riesig Spaß gemacht.🤗🪂