Man weiß nie, wann es passiert. Meist fährt man gerade gedankenversunken durch die Straßen des Hofer Landes. Erledigungen schwirren durch den Kopf, Verpflichtungen peitschen voran. In seinem Tunnel nimmt man die vorweihnachtliche Beleuchtung in der Stadt kaum wahr. Besinnlichkeit? Fehlanzeige. Doch dann kommt plötzlich ein erleuchtetes Fahrzeug um die Ecke geknattert. Es glitzert, strahlt bunt, ist von wunderschönen Weihnachtsklängen umgeben. Und das ist der Anblick, bei dem die Menschen im Hofer Land kurz einmal all den Stress vergessen, während vorweihnachtliche Freude in ihnen aufsteigt. Wenn unser Motorrad-Nikolaus seine Runden durch die Straßen dreht, beschert er uns damit jenes friedliche Gefühl der Freude, das wir uns zur Weihnachtszeit so sehnlichst herbeiwünschen. Jennifer Müller hat Werner Schmidt zu Hause besucht und durfte erfahren, was ihn motiviert, welche Erlebnisse ihm im Gedächtnis geblieben sind und was die Hofer Polizei zu seinen Touren sagt.
Wie wohnt eigentlich der Nikolaus? Diese Frage geistert mir durch den Kopf, als ich mich auf dem Weg zu Werner Schmidt befinde. Dass sich der Wohnsitz des Motorrad-Nikolaus in der Nähe des Hofer Hallenbades befindet, ist alles, was ich bisher weiß. Ich fühle mich, als wäre ich in ein vorweihnachtliches Geheimnis eingeweiht. Dürfte etwas sehen, das anderen verborgen bleibt. Doch ich hoffe auch, ich werde nicht entzaubert. Es könnte ja sein, dass der Nikolaus auf dem Motorrad nur ein begeisterter Biker und weniger ein Weihnachtsfan ist.
Das ist das Haus vom Motorrad-Nikolaus
Als ich auf den Hof des Motorrad-Nikolaus fahre, atme ich ein wenig durch. Ich kann weihnachtliche Beleuchtung erkennen. Lichterketten, schneeüberzogene Christbäumchen, leuchtende Sterne. Das gepflegte, einladende Haus von Werner und Elenore Schmidt ist liebevoll geschmückt. Durch das Fenster fällt Licht.
Als ich vor der Tür stehe und klingle, kommt mir die Zeit des Wartens ewig vor. Ist das ein ungeschriebenes Gesetz? Dieses vorfreudige, neugierige, zähe Warten in der Weihnachtszeit? Ich kann mir ein Schmunzeln nicht verkneifen. Und dann öffnet mir Werner Schmidt seine Haustür. Steht vor mir, mit seinem milden Lächeln, dem grauen Bart und einer Brille auf der Nase.
Na gut, der Bart befindet sich nur auf der Oberlippe. Doch das ist nicht wichtig, denn sein Gesicht sieht genauso aus, wie sich Kinder einen Nikolaus vorstellen: Warmherzig, mit weisen Falten und freundlichen Augen. Habe ich mir bis vor wenigen Minuten noch gewünscht, endlich in Weihnachtsstimmung zu kommen, so befinde ich mich plötzlich mittendrin.
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Werner Schmidt ist der Nikolaus auf dem Motorrad
Werner Schmidt und seine Frau Eleonore heißen mich herzlich in ihrem gemütlichen Zuhause willkommen. Hier wurde liebevoll dekoriert. Leuchtende Zweige, glitzernde Figuren – allerlei Weihnachtliches wurde mit Bedacht in die Einrichtung eingefügt. Ich bekomme Hausschuhe und werde ins Esszimmer gebeten.
Wie ich erfahre, ist unser Motorrad-Nikolaus 66 Jahre alt und gerade frisch in Rente. Fast 40 Jahre lang hat er für das Sozialamt, im Jobcenter gearbeitet und Hausbesuche durchgeführt. Nebenbei steuert er Abschleppwagen oder auch mal einen Bus. Mit seinem leuchtenden Bike fährt er seit rund 12 Jahren durch das Hofer Land.
„Zuerst ohne Anhänger, der kam drei-vier Jahre später erst dazu“, berichtet er. Die Idee entstand durch seine Leidenschaft für das Biken. Denn er und seine Frau teilen sich ein Hobby: Regelmäßig machen sie gemeinsam auf der Honda Gold Wing Touren, Ausflüge oder fahren zu Motorrad-Treffen. Er am Steuer, sie hinter ihm. Vor meinem inneren Auge entsteht ein herzerwärmendes Bild wundervoller Paarzeit.
Die Idee des Motorrad-Nikolaus entsteht bei einem Bikertreffen
Bei der alljährlichen Zusammenkunft in Seiffen wird Werner dann inspiriert. „Abends wird da immer eine gemeinsame Lichterfahrt gemacht. Das sieht besonders schön in der Dunkelheit aus, weil die Maschinen meist viele Zusatzlichter verbaut haben. Zwei, drei Kollegen sind da immer mit Nikolauskostüm gefahren. Da dachte ich mir, das könnte man doch eigentlich auch in der Weihnachtszeit machen.“ Dann geht das Basteln los. „Ich musste überlegen, was ich wo ranmachen kann, so dass die Sachen auch halten. 60-70 km/H sollte die Deko ja schon aushalten, damit sie nicht davonfliegt“, lacht der Motorrad-Nikolaus.
„Die ersten Teile waren Päckchen für den Rücksitz, so dass es aussieht, wie wenn ich gerade Geschenke ausliefere. Und dann war da noch die Frage nach einem passenden Kostüm. Meine Motorradkombi sowie der Helm mussten ja drunter passen. Bei der Mütze dachte ich, müsste meine Frau vielleicht zwei Stück zusammennähen. Aber ich habe dann ein Kostüm im Internet bestellt und da waren überraschenderweise eine kleine und eine riesengroße Mütze dabei. Das stand so gar nicht in der Beschreibung. Es war ein riesen Zufall, dass die Mütze mich gefunden hat“, schmunzelt er.
Eine zauberhafte Weihnachtstradition für das Hofer Land
Das Projekt Motorrad-Nikolaus wird zur wunderschönen Tradition, die jährlich wächst. 16-18 Stunden dekoriert Werner Schmidt mittlerweile jedes Jahr auf’s Neue. Inzwischen tönen sogar fröhliche Weihnachtslieder aus seiner Maschine. Seine Frau Elenore, die ihn während unseres Interviews die ganze Zeit liebevoll anlächelt, findet das Hobby toll. Dass er dafür so viel Zeit in der Garage verbringt, stört sie keinesfalls, im Gegenteil. Mit Freude verfolgt sie die begeisterten Reaktionen der Bevölkerung, die sie vor allem durch Facebook mitbekommt.
Eine zauberhafte Weihnachtstradition ist auch der alljährliche Christbaumverkauf der Hospitalstiftung
Also lohnt sich all der Aufwand? Geht sein Plan auf, den Menschen die Adventszeit zu versüßen? „Die Leute freuen sich, die Kinder winken, manche springen aus den Autos, um schnell ein Foto zu machen“, schwärmt Werner. Ablehnende Gesichter begegnen ihm bei seinen Touren keine. „Manche Menschen sind höchstens total vertieft und bekommen einfach nichts mit, aber die meisten Leute lächeln oder zeigen mit den Daumen nach oben.“ Gerade in den letzten, oft betrüblichen Jahren, scheinen sie dankbar für den kurzen Moment der Freude zu sein.
Wer ist der Motorrad-Nikolaus aus Hof?
Die Mehrzahl der Einwohner weiß dabei – trotz vereinzelter Medienberichte, beispielsweise durch TV Oberfranken – nicht, wer der geheimnisvolle Motorrad-Nikolaus ist. Durchaus kämen so auch einmal Begegnungen zustande, bei denen Werner Schmidt vom Motorrad-Nikolaus vorgeschwärmt werde. „Hey, hast du den Nikolaus auf dem Motorrad durch Hof fahren sehen?“, berichtet ihm dann manch einer begeistert. Wenn Werner aufklärt, aus welcher Perspektive er die Situationen erlebt hat, gibt es dann oft ein großes Staunen. „Ich binde das den Leuten über das Jahr ja nicht auf die Nase“, lacht er.
Dankbare Gesten – selbst von der Polizei
Fast 12 Jahre lang pflegt Werner Schmidt die Tradition des Motorrad-Nikolaus nun schon. Welche Geschichten sind ihm das besonders im Gedächtnis geblieben? Neben den großen Kinderaugen, die jedes Jahr wieder sein Herz erwärmen, wäre da zum einen dieser Zettel, den ihm jemand einmal in den Briefkasten geworfen hat. Werner schiebt mir einen laminierten Brief über den Tisch. Ich lese wunderschöne Worte: „Durch Zufall haben wir Sie auf Ihrem Weihnachtsmobil nach Hause fahren gesehen. Wir wollten uns bedanken, da Menschen wie Sie Freude in die Herzen der Menschen bringen mit solchen Ideen. Danke für alles.“
Ein anderes Erlebnis hat der Nikolaus auf dem Motorrad, als er eines Tages am Q-Bogen Richtung Marienstraße fahren will. „Da habe ich im Rückspiegel gesehen, dass sich die Polizei recht schnell von hinten nähert.“ Der Motorrad-Nikolaus wappnet sich für eine ungemütliche Begegnung. Doch es kommt ganz anders: „Die Polizisten haben mich eingeholt, an der Ampel neben mich gestellt, gelacht und gebeten, ein Foto schießen zu dürfen.“ Das spricht für unsere Beamten, die sich vermutlich selbst freuen, wenn sie ihm begegnen.
Wunsch-Upgrade für das Hofer Nikolaus Motorrad
Zum Schluss frage ich den Motorrad-Nikolaus noch nach seinen Zukunftsplänen. Sind weitere Upgrades für seinen „Schlitten“ geplant? Wird man den Frischrentner nun öfter durch die Straßen fahren sehen? „Ich würde gerne viel öfter fahren“, erklärt er mir, „aber das Ganze ist absolut wetterabhängig. Bei Graden unter null kann ich leider nicht fahren. Fahrten bei Eis, Schnee oder Regen sind leider zu gefährlich.“ Außerdem müsse er natürlich auch aufpassen, dass er nicht krank werde, weil man nach 2-3 Stunden Tour durch den Landkreis Hof schon erheblich auskühle.
Über das nächste Upgrade für sein Motorrad denkt der Nikolaus natürlich auch schon nach. Und dabei geht es weniger um das Mobil, als vielmehr um die Kinder im Hofer Land. „Ich würde ihnen eigentlich so gerne Süßigkeiten schenken. Ich hätte in meinem Koffer sogar welche dabei! Aber ich kann an den Ampeln ja schlecht absteigen. Also müsste ich mir da was einfallen lassen, eine Kiste, in die ich mit den Motorradhandschuhen reinfassen kann, um ihnen was zuzuwerfen. Vielleicht kommt das noch.“, lächelt unser Motorrad-Nikolaus geheimnisvoll.
(Alle Bilder: Jennifer Müller)
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Ein Kommentar
Das ist sehr schön zu erfahren, wer auf dem Weihnachtsmotorrad sitzt. Vielen Dank…
Leider seh ich ihn immer zu spät..
Frohe Weihnachten ..