Ein besonderes Ausflugsziel im Frankenwald: Der Friedrich-Wilhelm-Stollen ist Teil eines einstigen Bergwerks, das auf Alexander von Humboldt und seinen Patenonkel, den Preußenkönig Friedrich Wilhelm, zurückgeht. Hier können Groß und Klein bei einer Führung tief in die Erdgeschichte und Heimatgeschichte eintauchen.
Auf Stadt.Land.Hof laden wir zum Entdecken unserer Heimat ein. Und diesmal entdecke auch ich selbst einen Ort ganz neu, den ich – das gestehe ich – bisher nur vom Hören und vom Vorbeifahren kannte. Meiner Meinung nach durchaus eine Bildungslücke, die ich gerne schließen möchte. Denn mein Ausflugsziel – das „Besucherbergwerk Friedrich-Wilhelm-Stollen“ bei Lichtenberg – ist eine Besonderheit: Besucherbergwerke gibt es nur zwei im Hofer Land. Und der Friedrich-Wilhelm-Stollen zeugt von der längst vergangenen Epoche intensiven Bergbaus im Frankenwald. Daran erinnert man sich heute kaum noch. Um so verdienstvoller, dass sich ein privater Förderverein gegründet hat, der sich um den Erhalt dieses einzigartigen Ortes kümmert und ihn seit nunmehr 25 Jahren auch für Besucher zugängig macht. Vor Ort habe ich einiges gelernt – und wieder zeigt sich: Stadt.Land.Hof bildet ;-).
Ausflug: Mit einer Führung ins ehemalige Bergwerk
Um die ‚Lichtenberger Unterwelt‘ zu entdecken, nehme ich ganz klassisch an einer Führung teil, die von den Mitgliedern des Fördervereins angeboten wird. Für 4 Euro pro Kopf sind wir dabei. Zunächst wird ein kurzer Film gezeigt. Der informiert über die Geschichte des Bergwerks und erlaubt einen Blick auch in diejenigen Bereiche des Stollensystems, die momentan (noch) nicht für die Öffentlichkeit zugänglich sind. Von 2017 bis 2018 wurde nämlich am Durchbruch eines verschütteten Bereichs gearbeitet, der schließlich gelang. Ziel ist nun, das Besucherbergwerk entsprechend zu erweitern. „Doch das wird noch einiges an Zeit und Geld kosten“, erklärt unser Gästeführer. Denn dafür sind weitere bauliche Maßnahmen, Elektrizität sowie die entsprechende Belüftung nötig. Eines steht für mich nach dem Film allerdings fest: Spätestens sobald auch dieser Teil zugänglich ist, komme ich wieder! Die Farben, die die Mineralien und Erze dort an die Felsenwände zaubert, sind wirklich beeindruckend.
Willkommener Nebeneffekt: Abkühlen im Sommer, Aufwärmen im Winter
Dann dürfen wir hinab in den Stollen. Ich freue mich auch aus meteorologischen Gründen schon riesig darauf, denn wir befinden uns im Hofer Land gerade in einer Phase anhaltender Sommerhitze. Und im Stollen hat es ganzjährig 12 Grad Celsius, sommers wie winters. Das erscheint mir perfekt: Erfrischung im Sommer, ‚frühlingshafte‘ 12 Grad im eisigen Winter. Aber ich schweife ab. Zurück zum Bergwerk. Rund 200 Meter lang ist der Stollenabschnitt, der erschlossen und im Rahmen einer Führung für Gäste geöffnet ist. Unser Stollen-Führer heißt Rudolf Degelmann. Ich halte ihn zunächst für einen pensionierten Bergbauingenieur, so viel Wissen über die Geschichte des Bergbaus, über die Gesteine und Erze in unserer Region hat er sich für sein Hobby angeeignet. Dabei war Herr Degelmann im Berufsleben der Chef einer ortsansässigen Krankenkasse, wie ich später erfahre.
Unter Tage im Frankenwald: Der Friedrich-Wilhelm-Stollen
Im Rahmen der Führung lernen wir viel über den Bergbau im östlichen Frankenwald rund um Naila und Lichtenberg. Über die Gesteinsarten und Erze, die wir zu sehen bekommen, sowie deren erdgeschichtliche Entstehung (Vulkanismus im Frankenwald!). Und über die schwere Arbeit im Bergwerk. Im Gegensatz zum nahen Fichtelgebirge gibt es hier keinen Granit und kaum Gold. Im Frankenwald dominiert ja der Schiefer, und es wurden vor allem Erze sowie stellenweise etwas Silber abgebaut. Hier, in der Gegend um Lichtenberg und im Höllental, ist vorrangig das harte Diabas-Gestein zu finden.
Der Frankenwald als Bergbauregion
Der Friedrich-Wilhelm-Stollen ist Teil eines historischen Erzbergwerks östlichen von Lichtenberg, unterhalb der Lichtenberger Burg. Archäologische Funde aus dem nahen Muschwitz-Tal belegen, dass in der Region bereits im 8. und 9. Jahrhundert Bergbau betrieben wurde. „Auch viele Einheimische wissen nicht, dass wir früher eine massive Bergbauregion waren“, erklärt Rudolf Degelmann. „Im 15. und 16. Jahrhundert ging es hier so richtig los. Über 30 Bergwerke gab es in der Gemarkung Naila.“ Lichtenberg war ein Zentrum für den Abbau und die Verhüttung von Eisen- und Kupfererz. Doch seit dem 30-jährigen Krieg ging es damit es wirtschaftlich bergab. Bis die Region mit dem Fürstentum Bayreuth von 1791 bis 1806 zu Preußen kam, und Preußenkönig Friedrich Wilhelm I., nach dem der Friedrich-Wilhelm-Stollen benannt ist, seinen Patensohn als Oberbergmeister hierher entsandte.
Alexander von Humboldt in Hochfranken
Alexander von Humboldt, der im sächsischen Freiberg Bergbau studiert hatte, wurde von seinem Taufpaten Friedrich Wilhelm I. in die Gegend des heutigen Hochfrankens geschickt, um hier dem Bergbau zu neuer Blüte zu verhelfen. Zunächst wurde er im nahen Fichtelgebirge tätig, was angesichts der dortigen Goldvorkommen etwas lukrativer war. Rudolf Degelmann erzählt, dass durch die Maßnahmen Alexander von Humboldts im Fichtelgebirge damals 20 Mal mehr Gold gefördert wurde als vorher. Dann kam er in den Frankenwald, quartierte sich in Steben (heute Bad Steben) ein und nahm sich des alten Stollensystems von Lichtenberg an.
Geschichte des Bergbaus in Lichtenberg
Der Friedrich-Wilhelm-Stollen selbst diente nicht dem Erzabbau. Er wurde gemäß der Planung Alexander von Humboldts als Entwässerungsstollen für die beiden eigentlichen Bergwerksstollen angelegt, die südöstlich von Lichtenberg verlaufen. Am Entwässerungsstollen wurde jedoch ziemlich lange gebaut. Im Jahre 1783 nahm von Humboldt das Projekt in Angriff. 1831 war der Stollen endlich fertig, und das Bergwerk das modernste in der Region. Doch 1857 war es dann leider auch schon vorbei mit dem Bergbau an dieser Stelle. Das Bergwerk wurde geschlossen und verfiel. Etwa hundert Jahre später wurde der Betrieb noch einmal kurz aufgenommen und rund zehn Jahre lang Flussspat abgebaut.
Östlich von Lichtenberg: Stollensystem nach den Plänen von Alexander von Humboldt
Der Friedrich-Wilhelm-Stollen beginnt am heutigen Gasthaus gleichen Namens, das auf den historischen Mauern des alten Zechenhauses erbaut wurde. Von hier führte er knapp tausend Meter Richtung Lichtenberg bis zum Eingang des Stollens Friedensgrube. Besichtigen kann man die ersten 200 Meter. Das Entwässerungsbächlein aus dem Stollen fließt heute noch unter dem Gasthaus hindurch und wird teils sogar für dessen Toilettenspülung genutzt.
Jede Gästeführung fällt etwas anders aus, erklärt mir später Eva Spörl vom Förderverein. Die Gästeführer erklären jeweils das, was sie selbst interessant finden und womit sie sich beschäftigt haben. Es gibt kein striktes auswendig gelerntes Skript. Sehr authentisch und sympathisch. Dadurch, so denke ich mir, erfährt man bei jedem Besuch wieder neue Aspekte.
Neu entdeckt: Bergbaugeschichte, so weit das Auge reicht
Die Führung, in deren Genuss wir an diesem Sommersonntag kommen, ist wahnsinnig informativ. Ich kann im Rahmen eines bescheidenen kleinen Blog-Beitrags gar nicht jedes Detail erzählen. Allen, die sich für Geschichte und/oder Geologie interessieren, sei deshalb sehr empfohlen, selbst einmal teilzunehmen! Ich sehe den Frankenwald jetzt aus einer neuen Perspektive, nämlich der des Bergbaus. Und ich werde wohl nie mehr etwa an der alten Turnhalle in Naila vorbeifahren können, ohne daran zu denken, dass auch hier unter der Oberfläche seit Jahrhunderten historische Abraumhalten aus der großen Zeit des Bergbaus schlummern, die noch heute Baumaßnahmen erschweren.
Initiative zum Erhalt des historischen Bergwerks
Getragen wird das Besucherbergwerk heute vom Förderverein-Friedrich-Wilhelm-Stollen e.V. Dieser hatte sich 1993 mit Ziel gegründet, die Bausubstanz des Stollens zu erhalten, öffentlich zugänglich zu machen und entsprechend tatkräftig daran zu arbeiten. Im Jahre 1995 wurden die ersten Besucher willkommen geheißen. Nach dem Besuch im Stollen möchte ich gerne mehr über die Arbeit der Ehrenamtlichen für ‚ihr‘ Bergwerk wissen. Da ist Eva Spörl, 1. Vorstand des Vereins, die richtige Ansprechperson. Was sie mir erzählt, beeindruckt mich: Von den 82 Mitgliedern des Fördervereins sind rund 15 aktiv dabei und packen mit an. In den 25 Jahren, in denen nun schon Führungen angeboten werden, konnten sie rund 90.000 Gästen den Bergwerksstollen zeigen. Je nach Verlauf der Saison sind das 3.500 bis 4.000 Besucher pro Jahr.
Idealismus und ehrenamtliche Arbeit tragen dieses Denkmal
Besonders stolz ist Eva Spörl, dass all die Arbeiten am Besucherbergwerk durch Eigenleistung und Spenden finanziert wurden, die größtenteils aus dem Landkreis Hof kommen. Noch nie haben sie öffentliche Fördermittel in Anspruch genommen, erklärt sie. Das finde ich beachtenswert, denn etwa für den Durchbruch des Verschüttkegels wurden sogar professionelle Bergleute aus dem nahen Tschechien eingesetzt. „Ja, der Durchbruch hat uns 20.000 Euro gekostet. Alles selbst bezahlt!“, betont Eva Spörl. „Diese Art Arbeit konnten wir als Laien ja nicht selbst machen.“
Herzliche Einladung, sich die großartige Arbeit des Vereins „Friedrich-Wilhelm-Stollen e.V.“ bei einer Führung selbst einmal anzusehen!
Besonderes Angebot: Kindergeburtstage im Friedrich-Wilhelm-Stollen:
Für Kindergeburtstage hat das Besucherbergwerk ein besonderes Angebot. Die Kinder dürfen unter Tage, also im Stollen, nach Edelsteinen buddeln. Und dann gibt’s über Tage, im Gasthaus, nach echter Bergmannsart ‚Nuggets‘, nämlich Chicken Nuggets.
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Bildquellen: alle Bilder (c) Dagmar Müller, außer Luftaufnahme (Gemeinde Lichtenberg, Fotograf Helmut Welte)